Lindach bekomm vorerst keine Datenautobahn

Das wäre technisch bereits früh möglich, ist aber politisch und vor allem finanziell ein Problem.

16.01.2017 UPDATE: 17.01.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 15 Sekunden

Östlich der Grenze zum Neckar-Odenwald-Kreis erhalten Neckargerach und Zwingenberg 2017 derartige Glasfaser- (sowie noch Kupferkabel-)anschlüsse. Westlich davon muss Lindach warten, bis fibernet.rnk irgendwann den bisherigen LTE-Funk ablösen kommt. Foto: pa

Von Felix Hüll

Eberbach-Lindach. Das Dorf liegt schön. Das dachte sich auch eine Familie aus Heidelberg. Sie erwarb in Lindach ein Haus und zog her. Zu den Standortfaktoren gehören neben Neckar und Natur aber auch der Anschluss an die Datenautobahn - derzeit läuft die Datenübertragung mittels Vodafone über LTE-Funk. Der steht nicht erst seit gestern in der Kritik, vergleichbar leistungsschwach zu sein. Von letzten Mittwoch bis gestern gab’s wieder mal einen andauernden Ausfall.

Hintergrund

Bedarf an "schnellem Internet": Wer hohe Datenübertragungskapazitäten benötigt, spielt nicht etwa nur ausgefallene Online-Spiele. Ohne DSL ist HomeOffice, ein moderner Heimarbeitsplatz, nicht möglich. Ein Selbstständiger etwa, der von seinem Büro Wirtschaftsunternehmen

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Bedarf an "schnellem Internet": Wer hohe Datenübertragungskapazitäten benötigt, spielt nicht etwa nur ausgefallene Online-Spiele. Ohne DSL ist HomeOffice, ein moderner Heimarbeitsplatz, nicht möglich. Ein Selbstständiger etwa, der von seinem Büro Wirtschaftsunternehmen unterstützt und komplexe Vorgänge von zu Hause aus mit seinem Rechner steuert, kann mit Vodafone LTE in Lindach derzeit nur schlecht bis gar nicht arbeiten. Im Download seien da 21,6 MBits/sec und bis zu 5,7 Mbits/s im Upload Erfahrungswerte, vorausgesetzt, dass nur wenige Nachbarn gleichzeitig die Datenautobahn beanspruchen wollen. In diesem Falle sinken die Werte rapide. Das zur Verfügung stehende Datenvolumen betrage 15 GB. Ist dieses verbraucht, sinkt die maximale Geschwindigkeit jedoch ab auf 384 kbits/s. Es sei zwar möglich, Volumen dazu zu buchen. Das koste aber nach Angaben eines Nutzers für zusätzliche 10 GB 14,99 Euro extra. Neben beruflichem Nutzen sind aber auch im privaten Bereich Dinge nicht möglich, die andernorts kein Problem darstellen wie etwa Cloud Services. Da kann man Musik und Filme im Internet kaufen und nach Bedarf anhören/ansehen, ohne sie auf einem eigenen Gerät speichern zu müssen. Um etwa ein Video in HD-Qualität zu betrachten, setzt das fünf GB voraus. So etwas sei derzeit in Lindach nicht möglich. (fhs)

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Mit dem DSL-Ausbau im Nachbarkreis Neckar-Odenwald bestünde jetzt technisch die Möglichkeit, Lindach mit Glasfaser und Kupfer durch die Telekom 2017 anzuschließen. Daraus wird aber wohl nichts, letztlich des Geldes wegen.

Im 44. Jahr nach der Eingemeindung zu Eberbach und dem Wechsel vom früheren Landkreis Mosbach in den Rhein-Neckar-Kreis, geht es Lindach bei der Infrastruktur nicht mehr um Wasserversorgung, Kindergartenbau und Friedhof, weiter wohl aber um den Erhalt einheitlicher Lebensverhältnisse. Unabdingbar gehört dazu ein Anschluss an das Datennetz mit zeitgemäßen Übertragungskapazitäten (50 bis 100 Mbits/s).

Bekanntermaßen erfolgt der Breitbandausbau im Rhein-Neckar-Kreis im Rahmen des Zweckverbandes "fibernet rhein-neckar". "Das Projekt ist ja auf 30 Jahre angelegt", sagt dessen Geschäftsführer Peter Mülbaier. Für Eberbach steht die Feinplanung für die Stadt an. Eberbach weist unterschiedliche Ausbaustandards auf; Lindach steht dabei durch die LTE-Verbindung vergleichsweise versorgt da, blickt man etwa auf Pleutersbach. Dort sind inzwischen erste Anschlussschritte über das von Schönbrunn kommende "Backbone"-Netz" des Zweckverbandes erfolgt, längst aber noch nicht abgeschlossen. Die Stadt Eberbach hat Lindach bereits mit der LTE-Funkversorgung durch Vodafone unterstützt. Zudem will der Zweckverband fibernet eben mit Glasfaser des Partners Netcom ausbauen, während die Telekom Glasfaser mit Reststrecken zu den Hausanschlüssen noch mit Kupferkabeln angeht. Daher sieht Marco Bräutigam vom Eberbacher Rathaus keine Möglichkeit, dass die Stadt sich für einen Ausbau von Neckargerach her engagiert. Bräutigam ist in der Stadtverwaltung Fachmann für den Breitbandausbau. "Wenn sich Bürger für einen Telekomanschluss interessieren, müssen diese sich direkt an die Telekom wenden." Ein solcher etwa zwei Kilometer langer Anschluss vom Verteiler in Neckargerach zum Lindacher Kabelverzweiger (KVZ) ist aus Telekom-Sicht zwar technisch kein Problem. Er bringt aber u.a. allein Tiefbaukosten von etwa 100.000 bis 120.000 Euro mit sich oder erfordert eigene Bauarbeiten über Grundstücke im Nachbarkreis.

"Der Bürgermeister bei Ihnen müsste sich einfach mit unserem regionalen Ansprechpartner in Verbindung setzen. Das ist Joachim Otto. Der würde das dann mal durchrechnen," sagt Telekomsprecher Hubertus Kischkewitz. Er erklärt aber auch, dass das Strippenziehen von Neckargerach nach Lindach - Telekomtechnisch immerhin das gleiche Ortsnetz - sowohl aus Sicht der Gemeinden im Neckar-Odenwald-Kreis wie vor allem auch des Unternehmens Telekom nicht erforderlich ist. Die Telekom habe deutschlandweit über 6000 Fälle, in denen örtliche Interessenten in Kooperation mit der Telekom für einen Ausbau Geld zuschießen oder ersatzweise Ausbauleistungen einbringen - Details seien jeweils Verhandlungssache. Marco Bräutigam vom Eberbacher Rathaus: "Die Stadt Eberbach hat in mehreren Gesprächen mit der Telekom diese Probleme angesprochen. Da die Telekom aber ein privatwirtschaftlich ausgerichtetes Unternehmen ist, hat man als Kommune hier geringen oder gar keinen Einfluss."

Auch Lindachs Ortsvorsteher Peter Schwarz hatte das Thema wiederholt auf dem Tisch und zuletzt vor drei Monaten ein Gespräch mit Bräutigam - Anschlussmöglichkeiten von Neckargerach her waren da aber kein Thema. Nach Angaben der offiziellen Informationsseite des Neckar-Odenwald-Kreises zu dessen Breitbandausbau werden im "Ausbaugebiet 3" Zwingenberg und Neckargerach bis Februar technisch realisiert und danach in Betrieb genommen, nachdem die Erdarbeiten dafür zwischen Juli und November 2016 erfolgten.

Die Telekom will dann im März 2017 mit der Vermarktung der Anschlüsse dort beginnen, wie gesagt, unter Ausschluss der im gemeinsamen Telekom-Ortsnetz Neckargerach abgehängten Nachbarn hinter der Kreisgrenze.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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