Der Spielausgang? "Wir werden sehen"

Eberbach. "Die Deutschen sind spielerisch besser": Die kleine griechische Gemeinde in Eberbach fiebert dem EM-Viertelfinale gegen Deutschland entgegen

22.06.2012 UPDATE: 22.06.2012 08:00 Uhr 1 Minute, 45 Sekunden
Heute feuert Familie Simeonidis ihre Landsleute kräftig an, tippt aber gleichzeitig auf einen Sieg für Deutschland. Fotos: Huillier
Von Christa Huillier

Eberbach. Um 20.45 Uhr wird auf den Straßen noch weniger los sein als sonst, denn das Fußballfieber grassiert auch in Eberbach. Der "Bulle von Tölz" wird es schwer haben, wenn das ZDF die Partie in Danzig zwischen Deutschland und Griechenland um den Einzug ins Viertelfinale ausgestrahlt. Das Spiel lässt sich kein Fußball-Fan entgehen. Bei dem Spiel bleibt laut Jogi Löw die Politik außen vor, es geht um "die" Euro, nicht um "den" Euro. Natürlich hat die Nationalelf eine wichtige Mission, denn durch einen Sieg über Griechenland wird der Weg frei fürs Halbfinale in Warschau.

"Wir werden gewinnen", steht nach sieben gewonnenen Spielen und 14 Toren bei der EM-Qualifikation für den griechischen Mittelfeldspieler Konstantinos Katsouranis fest. Ein Hauch von Portugal liegt über dem Viertelfinale. Unter König Otto "Rehakles" Rehhagel wurde die griechische Nationalmannschaft als krasser Außenseiter Europameister 2004 - eine Sensation in der griechischen Fußballgeschichte. Einer der erfolgreichsten griechischen Torschützen, Angelos Charisteas, erzielte mit einem Kopfball das goldene Tor gegen Portugal.

Die Farben Schwarz-Rot-Gold dominieren in Eberbach, demonstrieren als Fähnchen, Fahnen, T-Shirts und Tattoos Nationalbewusstsein. Die griechischen Nationalfarben Blau-Weiß sind nur ganz dezent vertreten, leben doch sage und schreibe nur 18 Griechen in der Neckarstadt.

Drei von ihnen betreiben in der Adolf-Knecht-Straße 3 die kleine Taverne "Zum Griechen": Bayern-Fan Fotini Simeonidou, ihr Mann Efstratios und Bruder Vasilios Simeonidis, der sich zu Borussia Mönchengladbach bekennt. Vor 15 Jahren verließen sie ihr Heimatdorf nahe Thessaloniki, kochen seither für ihre Eberbacher Gäste die beliebten Gerichte ihrer Heimat.

Einträchtig flattern deutsche und griechische Fähnchen vor dem Haus. Natürlich drücken sie ihrer Elf die Daumen, doch sie tippen auf 3:1 für Deutschland. "Die Deutschen sind spielerisch besser", meint Fußballexpertin Fotini, "doch eine kleine Chance für die Griechen besteht, denn sie werden kämpfen wie die Löwen". So Petrus will, werden die Fußball-Fans das Spiel im Freien am Fernseher verfolgen, deutsches Bier und griechischer Ouzo werden reichlich fließen. "Wenn die Griechen gewinnen, spendiere ich eine Lokalrunde", verspricht die Wirtin.

Für ihre Familie in Griechenland sei das Leben schwierig geworden, erzählen die Simeonidis. Von seiner Rente könne der Vater nicht leben, zum Glück habe er ein Haus und eine kleine Landwirtschaft. Die Töchter Eleni und Katerina hätten zwar Arbeit, müssten jetzt aber mit viel weniger Geld auskommen. Ob sie in diesem Jahr Geld für einen Besuch in Eberbach haben, stehe in den Sternen. Vasilios Simeonidis ist wütend: "Die kleinen Leute sind die Leidtragenden, die Reichen werden noch reicher". Er ist überzeugt, dass die "fakelaki", die Schmiergelder, die früher in der Hosentasche Platz hatten, inzwischen auf Lastwagen transportiert werden.

Aber auch "Beim Griechen" bleibt heute Abend die Politik außen vor. Alle freuen sich auf einen spannenden Fußball-Krimi. Der Spielausgang? "Wir werden sehen", wie Griechen so gerne sagen.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.