Adelsheim. (joc) Der Wald, oftmals gepriesen als grüne Lunge für Städte und Gemeinden, gerät immer mehr in Atemschwierigkeiten. Schuld daran sind die veränderten Wetterverhältnisse mit lange anhaltenden Dürreperioden, mit dementsprechend fehlender Wasserzufuhr für die Bäume. Aufgrund der beiden zuletzt sehr trockenen Sommer mit enormer Hitzeentwicklung konnten sich die Schädlinge hervorragend
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Adelsheim. (joc) Der Wald, oftmals gepriesen als grüne Lunge für Städte und Gemeinden, gerät immer mehr in Atemschwierigkeiten. Schuld daran sind die veränderten Wetterverhältnisse mit lange anhaltenden Dürreperioden, mit dementsprechend fehlender Wasserzufuhr für die Bäume. Aufgrund der beiden zuletzt sehr trockenen Sommer mit enormer Hitzeentwicklung konnten sich die Schädlinge hervorragend vermehren. Im gleichen Zuge verminderten sich die Abwehrkräfte der wasserunterversorgten Bäume. Für den Wald ist das eine fatale Kombination. Landesforstminister Peter Hauk spricht sogar "von einer Katastrophe". Erwiesen ist schon jetzt: Das Ausmaß der Schäden im Wald ist enorm. Und davon blieb auch der ländliche Neckar-Odenwald-Kreis nicht verschont.
Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann und Landesforstminister Peter Hauk machten sich am Dienstag in der waldreichen Stadt Adelsheim ein Bild von den Waldschäden hierzulande. Für diese Waldbegehung wurde extra ein "totaler Durchschnittswald" ausgewählt, der keine besonderen Extreme aufweist, wie Forstdirektor Martin Hochstein von der Forstbetriebsleitung Adelsheim eingangs besonders herausstrich. Aber auch hier im Durchschnittswald in Adelsheim sind die Schäden frappierend, wie man sehr deutlich sehen konnte.
Die Waldbegehung führte die Gruppe mit den beiden Ministern, dem Landrat des Neckar-Odenwald-Kreises, Dr. Achim Brötel, dem neuen Adelsheimer Bürgermeister Wolfram Bernhardt und den Forstfachleuten - Forstdirektor Martin Hochstein von der Forstbetriebsleitung Adelsheim, Dietmar Hellmann, Vorsitzender der AG Wald Baden-Württemberg, sowie Anna Haas - in das Distrikt "Krückerle" im insgesamt 850 Hektar großen Adelsheimer Stadtwald. In dem naturnahen Wald sind 70 Prozent Laubholz anzutreffen, vornehmlich Buche und Eiche. Beim Nadelholz hat der Anteil an Fichte in den letzten Jahren deutlich abgenommen. Hier wollen die Forstfachleute in Zukunft vermehrt auf die robustere Douglasie setzen.
Beim Rundgang im Gewann "Krückerle" waren kahle Schneisen, wie etwa im Schwarzwald, zwar nicht anzutreffen, aber auch in Adelsheim hat der Klimawandel seine Spuren hinterlassen. "Wir stellen hier in Adelsheim im Schnitt vier bis fünf absterbende Buchen pro Hektar fest," so Martin Hochstein. Das bringe zwar noch keine größeren kahlen Flächen, die Schädigung sei aber schon deutlich sichtbar. Insgesamt warnte Hochstein aber vor Panikmache. In letzter Zeit habe er mehrfach in groß gedruckten Lettern die Zeile lesen müssen: "Der Wald stirbt". So schlimm sei es nicht, aber einzelne Bäume würden sterben, und der Wald befinde sich zweifelsohne im Umbruch. Darauf müssten die Forstleute reagieren.
Die Schuldigen für die große Belastung des Waldes sind schnell ausgemacht: Die Kombi aus Trockenheit, Hitze und Schädlingen lässt den Wald leiden. Gut sichtbar waren beim Waldrundgang in Adelsheim die von Schädlingen befallenen Bäume. Diverser Pilzbefall, Borkenkäfer, Eichenprozessionsspinner und Co machen Buchen und Eichen schwer zu schaffen. Ein aus Russland stammender besonders aggressiver Pilz hat der Esche im Stadtwald fast vollständig den Garaus gemacht.
Hinzu kommt die Veränderung beim Wetter. Hier ist der deutliche Anstieg der Durchschnittstemperatur in den letzten Jahren zu nennen. Die Forstfachleute verdeutlichten dies anhand einer Temperaturkarte. Diese belegt, dass wir früher eine Durchschnittstemperatur von 8,5 Grad Celsius hatten. Diese ist heute auf zehn Grad angestiegen - Tendenz weiter steigend.
Genau umgekehrt verhält es sich bei der Niederschlagsmenge. Die ging kontinuierlich zurück und fiel - bei riesigen Schwankungen - deutlich unter die bisherige Trendlinie.
"Die steigenden Temperaturen und die verringerten Niederschläge sind für den Wald eine furchtbare Kombination", analysiert Martin Hochstein die Situation.
Ein Patentrezept als Lösung habe man für diese Situation nicht, meinten Peter Hauk und Martin Hochstein, aber man habe mehrere Ideen. So wollen es die Forstfachleute mit trockensommer-resistenteren Bäumen probieren. Infrage kommen hier für unsere Region Hainbuche, Elsbeere oder Nussbaum. Und Peter Hauk meint: "Wir sollten unseren Blick auch mal über unsere nationalen Grenzen hinaus richten. Vielleicht gibt es im Kaukasus oder in den Rocky Mountains Bäume, die sich auch hier ganz gut entwickeln würden." Eines steht fest: Man wird einiges ausprobieren müssen!
Landesforstminister Peter Hauk warb in diesem Zusammenhang noch einmal für die beim "Waldgipfel" gefassten Beschlüsse. "Wir brauchen die finanziellen Mittel im Landeshaushalt, um in den kommenden Jahren 30 Millionen neue Bäume im Land zu pflanzen und somit die in vielerlei Hinsicht wichtige Einrichtung Wald zu unterstützen."
Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann betonte, dass man sich in einem Durchschnittswald, wie hier in Adelsheim, ein gutes Bild vom Zustand des Waldes machen konnte. Die Erläuterungen der Forstfachleute fand sie sehr interessant und aufschlussreich. Dies belege eindeutig, dass man sich intensiv mit dem Klimawandel und seinen Folgen befassen müsse: "Dieses spannende Thema duldet keinen Zeitaufschub! Wir müssen handeln und nehmen uns dem an. Parallel dazu wollen wir in der Bevölkerung das Bewusstsein dafür stärken, welch hohen Stellenwert die heimische Natur für uns hat."
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