Neckar-Odenwald-Kreis

Polizei wird Corona-Regeln über Ostern streng überwachen (Update)

"Die meisten Menschen sind einsichtig" - Im Einsatz lässt sich der empfohlene Abstand nicht immer einhalten.

02.04.2020 UPDATE: 08.04.2020 16:56 Uhr 4 Minuten, 19 Sekunden
Gina Bodirsky und Timo Pfeiffer (M.) fahren oft gemeinsam Streife. Was sie dabei in Zeiten der Corona-Krise erleben, haben sie und ihr Revierleiter Werner Broßmann (l.) im Gespräch mit der RNZ berichtet. Foto: Rüdiger Busch

Neckar-Odenwald-Kreis. (pol/mare) In Erwartung von tollem Frühlingswetter am gesamten Osterwochenende, wird die Polizei weiterhin stark präsent sein, um die Einhaltung der Coronaverordnung zu überwachen. Das teilen die Beamten mit.

Insbesondere Badeseen und Naherholungsgebiete stehen im Mittelpunkt der Überwachungen. Aber auch Wohngebiete und sonstige, auch kleinere Parkanlagen werden bestreift. Aufgrund der Erfahrungen der letzten Tage ist die Polizei guter Hoffnung, dass der größte Teil der Bevölkerung weiterhin diszipliniert und verantwortungsbewusst handelt.

Wer gegen die Verordnung verstößt, muss jedoch mit der konsequenten Ahndung und einem unter Umständen empfindlichen Bußgeld rechnen. "Der aktuell geringe Verkehr verleitet leider den Ein oder Anderen aktuell, es mit der Einhaltung der Geschwindigkeit nicht ganz so genau zu nehmen",  so der Präsident des Polizeipräsidiums Heilbronn, Hans Becker. Um hier entsprechend schweren Unfällen vorzubeugen, werde die Polizei einschlägige Strecken in den nächsten Tagen gezielt überwachen und die Verstöße ahnden.

Update: Mittwoch, 8. April 2020, 16.57 Uhr


Buchen. (rüb) Wilde Corona-Partys, Kneipen und Clubs, die heimlich öffnen und damit die Corona-Regeln umgehen, sowie Fälle von schwerer häuslicher Gewalt, ausgelöst durch die ungewohnte Enge des Zusammenlebens: Das sind zum Glück Schlagzeilen aus dem Polizeibericht von Großstädten. Im Einzugsbereich des Polizeireviers Buchen kam es bislang im Zuge der Corona-Krise zu keinen gravierenden Vorfällen. Dass sich die hiesige Bevölkerung bis auf ganz wenige Ausnahmen vernünftig verhält, das bestätigen der Revierleiter, Erster Polizeihauptkommissar Werner Broßmann, und zwei seiner Mitarbeiter, Polizeihauptkommissar Timo Pfeiffer und Polizeioberkommissarin Gina Bodirsky, im Gespräch mit der RNZ.

Gab es im Einzugsbereich des Reviers Buchen bislang viele Verstöße gegen die Corona-Auflagen?

Broßmann: Es gab mehrere Verstöße, aber es hielt sich im Rahmen. Meistens ging es um Missachtung der Vorgabe, dass nur zwei Personen gemeinsam in der Öffentlichkeit unterwegs sein dürfen. In erster Linie betraf dies Jugendliche. Daneben hatten wir zwei Verstöße gegen Quarantäneauflagen und einen gegen die Schließung eines Ladens.

Hintergrund

In Baden-Württemberg trat die geänderte Rechtsverordnung mit dem neuen Corona-Bußgeldkatalog am Sonntag in Kraft:

> Beim Aufenthalt im öffentlichen Raum mit mehr als zwei Personen droht jedem Beteiligten ein Bußgeld zwischen 100 und 1000 Euro.

> Wer eine

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In Baden-Württemberg trat die geänderte Rechtsverordnung mit dem neuen Corona-Bußgeldkatalog am Sonntag in Kraft:

> Beim Aufenthalt im öffentlichen Raum mit mehr als zwei Personen droht jedem Beteiligten ein Bußgeld zwischen 100 und 1000 Euro.

> Wer eine eigentlich geschlossene Einrichtung wie einen Friseursalon, einen Club oder eine Kneipe betreibt, zahlt zwischen 2500 und 5000 Euro Strafe.

> Wer verbotenerweise ein Krankenhaus oder ein Pflegeheim betritt, muss mit einer Geldbuße zwischen 250 und 1500 Euro rechnen.

> Einrichtungen und Betriebe, die weiterhin geöffnet haben, müssen die Auflagen zum Infektionsschutz gewährleisten. Bei Verstößen drohen Bußgelder zwischen 250 und 1500 Euro. (rüb)

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Und wie reagieren die Ertappten?

Bodirsky: Etwa 95 Prozent davon reagieren einsichtig und zeigen Verständnis für die Maßnahmen. Wichtig ist es, mit den Bürgern ins Gespräch zu kommen und auf die Gefahren hinzuweisen. Dann funktioniert es auch!

Pfeiffer: Vielen Jugendlichen ist die Tragweite häufig gar nicht bewusst, was sie mit ihrem Verhalten auslösen können, wer dadurch alles mit Corona infiziert werden könnte. Neben den Einsichtigen gibt es aber auch die, die sofort die Flucht ergreifen, wenn wir anfahren ... Werden die dann geschnappt, stoßen wir mitunter auf Gegenwehr und provozierendes Verhalten. Dabei handelt es sich durchweg um Jugendliche und junge Heranwachsende.

Wie viel Zeit verbringen Ihre Beamten damit, die Einhaltung der Auflagen zu überwachen?

Broßmann: Genau lässt sich das natürlich nicht beziffern, aber unser Hauptaugenmerk liegt aktuell auf den so genannten Coronastreifen, und zwar flächendeckend im gesamten Revierbereich. Diese Präsenzstreifen dienen dazu, das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu stärken und Verstöße gegen die Vorgaben festzustellen.

Wie laufen diese Coronastreifen ab?

Pfeiffer: Wir überprüfen, ob die Vorgaben eingehalten werden, und fahren ganz gezielt auch etwas abgelegene Orte ab, die als Treffpunkt genutzt werden, wie etwa den Hollersee oder Waldhütten.

Was bereitet Ihnen in den Coronazeiten die größten Sorgen?

Broßmann: Wir sind nicht nur Polizisten, sondern vor allem Menschen, und dementsprechend haben wir die gleichen Ängste, uns anzustecken, wie alle Bürger. In unserem Beruf haben wir zudem ein deutlich erhöhtes Risiko, auch wenn beim Einsatz die Eigensicherung oberste Priorität genießt.

Pfeiffer: Nicht immer kann man sich aber schützen, etwa bei einer Festnahme. Wenn es schnell gehen muss, kann ich nicht vorher noch den Mundschutz aufsetzen. Das funktioniert in der Praxis nicht.

Bodirsky: Wir haben immer die Schutzausrüstung dabei, und wenn vorher klar ist, dass wir auf einen Corona-Patienten oder einen -Verdachtsfall treffen, legen wir diese auch an. Und natürlich versuchen wir generell, Abstand zu halten, wo es möglich ist. Aber bei der Durchsetzung polizeilicher Maßnahmen muss man mitunter näher rangehen, als einem lieb ist. Ich hatte gerade vor einigen Tagen erst eine Festnahme, bei der mir keine Zeit blieb, mich zu schützen. Nach solchen Einsätzen ist dann schon eine Unsicherheit spürbar.

Pfeiffer: Im Einsatz überlegt man nicht, da funktioniert man einfach, das ist unser Job. Aber anschließend beginnt man zu überlegen: Habe ich mich möglicherweise angesteckt? Schließlich gehen wir nach Feierabend alle nach Hause zu unseren Familien, zu unseren Kindern. Da möchte keiner Corona mitbringen ...

Welche Vorkehrungen in den Arbeitsabläufen haben Sie getroffen?

Broßmann: Wir versuchen, Nähe und Körperkontakt zu vermeiden, etwa beim Aufnehmen von Anzeigen. Zudem haben wir es so organisiert, dass sich die Dienstgruppen bei der Schichtübergabe nicht über den Weg laufen, um eine gegenseitige Ansteckung möglichst zu vermeiden. Wir arbeiten generell in zwei Schichten, damit eine Schicht im Fall einer Infektion immer noch arbeitsfähig ist.

Hat Corona auch personelle Auswirkungen? Gibt es Ausfälle durch Erkrankungen oder Quarantäne?

Broßmann: Gott sei Dank sind wir bislang von Infektionen verschont geblieben. Allerdings hatten und haben wir Freistellungen von Kollegen, die in einem Risikogebiet waren oder die Kontakt zu Infizierten hatten. Wir hoffen, dass alle Kollegen und ihre Familien weiterhin gesund bleiben: Das ist unser großes Ziel!

Das öffentliche Leben ist fast zum Erliegen gekommen. Halten sich auch die Kriminellen an die Empfehlung "Bleibt zuhause!"?

Pfeiffer: (lacht) Nein, leider nicht. Einige sind besonders erfinderisch und passen ihre Masche an die aktuelle Situation an. Daneben haben wir immer noch Diebstähle, Einbrüche oder Sachbeschädigungen, wenn auch in etwas reduzierter Zahl. Auf den Straßen ist zwar etwas weniger los, aber Unfälle beschäftigen uns auch weiterhin.

Sie haben zusammen mehr als 70 Jahre Erfahrung bei der Polizei. Haben Sie eine vergleichbare Situation schon einmal erlebt?

Broßmann: Ein ganz klares Nein! Die Menschen sind verunsichert. Abstand zu halten ist für die meisten von uns völlig ungewohnt. Dieser Tage durfte ich einen Kollegen befördern – auf den üblichen Handschlag mussten wir leider verzichten. Aber in jeder Krise steckt auch eine Chance: Es wäre schön, wenn die jetzt vielfach zu spürende Rücksichtnahme und der Zusammenhalt auch nach Corona noch da wären!

Ist die Polizei in diesen Tagen auch besonders als Freund und Helfer gefragt?

Bodirsky: Viele Bürger rufen derzeit an und erkundigen sich, was sie noch tun dürfen, ob sie beispielsweise Verwandte in einem anderen Bundesland besuchen oder dem Sohn beim Umzug in Würzburg helfen dürfen. Die Situation und die Regeln verunsichern auch viele Menschen. Wo wir können, helfen wir da auch gerne. Und wir bekommen erfreulicherweise auch immer wieder positive Rückmeldungen wie "Schön, dass ihr da seid!".

Pfeiffer: Als wir uns dieser Tage in einer Metzgerei etwas zu essen holen wollten, warteten wir – wie derzeit üblich – vor der Tür, da bereits drei Kunden im Laden waren. Eine ältere Dame hat das aber falsch interpretiert. Sie bedankte sich bei uns dafür, dass wir den Laden bewachen ...

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