Edeltraud Schäfer schloss nun ihre beliebte „Linde“. Foto: Liane Merkle
Scheidental. (lm) Sie war Wirtin mit Leib und Seele und sorgte mit ihrer charmant-heiteren Art für viele vergnügliche Stunden im Traditionsgasthaus "Zur Linde". Die Rede ist von Edeltraud Schäfer, auch bekannt als "Ferdnands Traudl", die im Alter von 88 Jahren ihren Titel als "Lindenwirtin" an den berühmten Nagel hängte und mit Wirkung zum 1. Oktober damit auch den Gaststättenbetrieb schloss. Zahlreiche Vereinsvertreter ließen es sich mit Ortsvorsteher Klaus Schork, den Mitgliedern des Ortschaftsrats und Stammtischgästen nicht nehmen, "ihrer" beliebten Wirtin ihre Aufwartung zu machen und sich für jahrzehntelange Gastlichkeit zu bedanken.
Der Tradition und Bedeutung einer Institution wie der "Linde" entsprechend, ging Ortsvorsteher Klaus Schork sowohl auf die Chronik der Gaststätte als auch auf die Vita der Wirtin ein.
Demnach gab es bereits 1846 ein Schreiben des "großherzoglichen wohllöblichen Bezirksamts", wonach es nun in Unterscheidental 48 Familien gäbe und daher eine Personalwirtschaft eröffnet werden sollte. 1849 wurde das Recht an die Gemeinde Unterscheidental verliehen, eine Personalwirtschaft zu führen. 1901 gab es nachweislich eine Erlaubnis für die Gaststätte, der damalige Eigentümer war Valentin Brenneis.
Wie der Ortsvorsteher ausführte, ging die Erlaubnis 1906 an Eigentümer Martin Halli über, der bis 1919 unter dem Namen "Jägerlust" das Gasthaus betrieb.
1920 hat Ferdinand Schäfer das Gebäude gekauft und eine Erlaubnis für den Gaststättenbetrieb erhalten. Aufgrund vieler Auflagen hatte er das Gebäude wieder verkauft, 1925 zurückgekauft und dann auch die Gaststätte – erstmals unter dem Namen "Zur Linde" – betrieben.
Ab 1962 erhielt der Sohn von Ferdinand Schäfer, Reinhold Schäfer, die Erlaubnis zum Führen einer Gaststätte. Da er arbeiten ging, lag der Gaststättenbetrieb praktisch ab der Eheschließung in den Händen von Traudl Schäfer. Es folgten bauliche Veränderungen, und nach dem Tod von Ehemann Reinhold begann auch rein formell die Gaststättenära von Edeltraud Schäfer. Einen Tag vor ihrem 55. Geburtstag erhielt sie 1987 die endgültige Erlaubnis zur Führung der Gaststätte "Linde". Eigentlich führte sie die Wirtschaft somit 58 Jahre lang und "nur auf dem Papier" seit 33 Jahren.
Im Ort habe es einmal zahlreiche Gaststätten gegeben wie zum Beispiel die "Krone", den "Löwen", das Café und die "Bauernstube" bzw. später das "Römerkastell". All diese Gaststätten gaben auf, die "Linde" nicht. "Für Scheidental war die ,Linde‘ wichtig für private Feiern und sie war viele Jahre eine Heimat für die örtlichen Vereine", so der Ortsvorsteher.
Vom "Gablonzer Mädel aus der Tschechoslowakei" gereift zum "Unnerschernemer Urgestein und Original", blickt die heute 88-jährige Edeltraud Schäfer auf ein Leben voller Höhen und Tiefen zurück. Bei der "Lindenwirtin" gab es eine Besonderheit: Wenn sie nicht gerade in Mudau zum Einkaufen unterwegs war, stand die Tür immer offen, denn einen Ruhetag gab es in der "Linde" nicht.
Seitens des Bürgermeisters sowie des Gemeinde- und Ortschaftsrats überreichte Schork ein Präsent an die beliebte und stets gut informierte Wirtin.
Für die langjährige Bewirtung bedankten sich auch die Vereine und Gruppierungen, für die die "Linde" eine Heimstätte war: Frank Brenneis sprach für den VfR, Inge Schork für die Damengymnastikgruppen im VfR, Cornel Schwab für die Feuerwehr, Willi Trunk für die Forstbetriebsgemeinschaft Limes-Odenwald, Peter Haas für die Teiljagdgenossenschaft, Hildegard Trunk und Anita Hofmann für Frauengemeinschaft und Kirchenchor, Trudpert Scheuermann und Rolf Brenneis für die Stammtische und mit einem Schreiben dankte Bürgermeister Dr. Norbert Rippberger.
Mit Hilfe ihrer fünf Kinder, 13 Enkel und 14 Urenkel bediente Edeltraud Schäfer ihre Gäste zum letzten Mal in der "Linde" und dankte allen zu Tränen gerührt für ihre Treue.