Die Baugenossenschaft hat das Ziel, guten und günstigen Wohnraum zur Verfügung zu stellen, wie hier in der Körnerstraße 10 bis 12. Dabei steigen allerdings die Ansprüche der Mieter, was die Ausstattung betrifft, bedauert Aufsichtsratsvorsitzender Jörg Soballa. Foto: Dorn
Von Günther Grosch
Weinheim. Die Baugenossenschaft 1911 Weinheim (bgw) blieb im Geschäftsjahr 2016 als "lokale Mietpreisbremse" ein Garant für bezahlbare Mietwohnungen. Während andernorts die Mieten immer weiter steigen, liegt die durchschnittliche Sollmiete der Genossenschaftswohnungen unter sechs Euro je Quadratmeter Wohnfläche und Monat. Das wirkt sich insgesamt preisdämpfend aus. Zum Vergleich: Die Arbeitsagenturen und Sozialämter zahlen Mieten bis zu 6,40 Euro.
Damit bleibt die bgw auch unter dem Schnitt vergleichbarer Wohnungsbaugenossenschaften in Baden-Württemberg. Dies entspreche dem Ziel der bgw, den eigenen Mietern guten und günstigen Wohnraum zur Verfügung zu stellen, so Vorstandsvorsitzender Lorenz Freudenberg in dem der RNZ vorab zur Verfügung gestellten Bericht der Genossenschaft zu der Vertreterversammlung heute Abend
Auch von der sogenannten "zweiten Miete", den Betriebskosten, gibt es Ähnliches zu vermelden. Durch Großabnehmerverträge, längere Vertragslaufzeiten sowie Ausschreibungen von Versorgern und sonstigen Lieferanten sind die Betriebskosten in den vergangenen drei Jahren kaum gestiegen. Dem gegenüber steht ein sehr hohes Anspruchsniveau der Mieter bei der Ausstattung. Auch viele gesunde Mieter seien nicht bereit, Treppen zu überwinden, um die Kosten eines Aufzugs zu sparen, bedauert Aufsichtsratsvorsitzender Jörg Soballa.
Inzwischen abgeschlossen ist die Auswertung der im Vorjahr durchgeführten Mieterbefragung. Beinahe jeder zweite Mieter hatte die ausgefüllten Fragebogen zurückgeschickt, mehr als 2000 fügten persönliche Anmerkungen hinzu. Demnach sind 93,7 Prozent mit der Baugenossenschaft insgesamt zufrieden, mit ihrer "Wohnung" sogar fast 97 Prozent. "Ordentliche Werte", allerdings mit "noch Potenzial nach oben", gibt es bei "Treppenhaus und Wohnanlage".
"Handlungsbedarf" ergibt sich beim "Kontakt", Infotafeln decken mittlerweile den Bedarf an "mehr Information" ab. Beim Thema "Sicherheitsgefühl" bietet die bgw gegen eine Mietanpassung den Einbau besonders sicherer Eingangstüren an, die auch besser schallgedämmt sind. Außerdem wurden die Ausleuchtung in und um das Haus sowie in den Tiefgaragen verbessert.
Nach der Überwindung etlicher Hürden in den Bereichen Bodenuntersuchung, Naturschutz und Lärmschutz bei Bebauungsplanverfahren steht die bgw in den Startlöchern für mehrere größere Bauprojekte. Hier handelt es sich unter anderem um Maßnahmen auf der ehemaligen Kfz-Zulassungsstelle an der Wormser Straße 28-30 sowie in dem Sanierungsgebiet Händelstraße/Breitwieserweg. Alleine für diese beiden Neubauprojekte rechnet die bgw mit Baukosten von zusammen mehr als 30 Millionen Euro. Im ersten Gebiet aufgegriffen hat man die Option des Gemeinderats, das größere der Gebäude viergeschossig zu erstellen. Dadurch können statt 25 jetzt 30 Wohnungen errichtet werden.
Beim Projekt Händelstraße/Breitwieserweg, das in vier Bauabschnitten angegangen werden soll, handelt es sich um eines der größten Bauprojekte in der Geschichte der Genossenschaft. Der Abriss des ersten Bauabschnitts ist inzwischen im Gange, mit den Rohbauarbeiten für 24 Wohnungen soll Ende Januar 2018 begonnen werden. Der zweite Bauabschnitt umfasst auf einen Schlag 50 Wohnungen. Von den hier ursprünglich ansässigen 58 Mietern des Altbestandes müssen noch zehn Mieter adäquat umgesiedelt werden. Die Baugenossenschaft unterstützt den Umzug mit je nach Größe der Wohnung zwischen 800 und 1600 Euro. Insgesamt werden 167 Wohnungen abgerissen und durch Neubauten ersetzt.
Als Basis aller Projekte dient das Bauland, das auch in Weinheim knapp und teuer ist. Bei den von der Stadt auf den Weg gebrachten Baulandprojekten "Allmendäcker" und "Kreispflege" signalisiert auch die Baugenossenschaft Interesse an einem Grundstückserwerb. Man werde hier jedoch nur tätig werden, so Freudenberg und Soballa, wenn die Bauarbeiten mit wirtschaftlich vertretbaren Konditionen durchgeführt werden können und auch Wohnraum für die eigenen Mitglieder entsteht.
Info: Vertreterversammlung der Baugenossenschaft Weinheim am heutigen Dienstag um 19 Uhr im Gemeindesaal von St. Marien.