Von Axel Sturm
Ladenburg. Es wird ein aufregendes Jahr für den Ladenburger Liederkranz: Mit der Neujahrsmatinee am Sonntag, 14. Januar, um 11.15 Uhr, im Domhof startet der Verein in seine Feiern zum 175-jährigen Jubiläum. Im Mittelpunkt steht dabei das Festwochenende vom 28. bis 30. April, das mit dem Jubiläumskonzert in der Lobdengauhalle eröffnet wird. Für den 29. April haben sich über 50 Chöre aus der Region angesagt, um gemeinsam ein großes Jubiläumsfest zu feiern. Mit der SWR4-Schlagerparty klingt das Festwochenende dann aus. Seit 2012 führt Jörg Boguslawski den Liederkranz. Im Interview geht er auch auf die Zukunft des Chorgesangs ein: "Ich denke, klassische Männerchöre werden es schwer haben", sagt Boguslawski.
RNZ: Die Jubiläumsvorbereitung war sicher sehr arbeitsintensiv. Ist alles nach Ihren Wünschen gelaufen?
Jörg Boguslawski: Die Vorbereitungen waren in der Tat sehr arbeitsintensiv. Außerdem konnten viele Vorbereitungspunkte erst kurzfristig erledigt werden. Nun ist es aber geschafft, und ich freue mich sehr auf die Neujahrsmatinée am Sonntag. Ich bin zuversichtlich, dass unsere Eröffnungsveranstaltung, verbunden mit der Festrede von Mathias Döpfner (Chef von Axel Springer und Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger, Anm. d. Red.) und unserer anschließenden Bilderausstellung, erfolgreich verlaufen wird.
Wie stemmt man eine solch großes Jubiläum?
Wir Vorstandsmitglieder haben uns gedanklich schon im Jahr 2016 mit dem Jubiläum befasst. Die ersten konkreten Vorbereitungen haben dann Anfang 2017 begonnen, indem wir verschiedene Arbeitsgruppen gebildet haben. Diese bestehen aus Sängerinnen und Sängern sowie den Vorstandsmitgliedern. Nur durch den Arbeitseinsatz einer großen Zahl von Personen ist es uns gelungen, das umfangreiche Programm auf die Beine zu stellen. Ich muss sagen, der bisherige Aufwand war schon sehr zeitintensiv.
Auf welchen Jubiläumspunkt freuen Sie sich besonders?
Wir haben insgesamt ein attraktives, buntes Programm zusammengestellt. Persönlich freue ich mich am meisten auf unsere Rock-Bierprobe mit der Band "The Bombshells" am 13. Oktober im Kaiserkeller. Wir haben dann bereits die großen Veranstaltungspunkte hinter uns gebracht, so dass ich dort vielleicht die Zeit finden werde, um kräftig mit zu feiern.
Könnte das Jubiläum für eine Steigerung der Chorstärke sorgen?
Es wäre natürlich schön, wenn es uns gelingen würde, einige neue aktive Chormitglieder zu gewinnen. Ich gehe aber nicht davon aus. Vermutlich werden wir keinen neuen Aktiven gewinnen, nur weil unsere Veranstaltung gelungen sind. Man muss den Tatsachen ins Auge schauen. Es ist generell schwierig, vor allem für den Männerchor, neue Sänger zu finden. Hierzu sind kreativen Ideen erforderlich, die wir auch haben und im Spätjahr umsetzen möchten. Bis dahin ist es wichtig, den Verein als moderne aufgeschlossene Chorgemeinschaft zu präsentieren.
Hat der Chorgesang überhaupt Zukunft?
Der Chorgesang wird sich in den kommenden Jahren weiter verändern. Schon jetzt gibt es fast genauso viele Frauenchöre wie Männerchöre. Vor wenigen Jahren waren die Männerchöre noch klar in der Überzahl. Ich denke, klassische Männerchöre werden es schwer haben. Es wird nicht ausbleiben, dass sich Gesangsvereine zusammenschließen müssen. Auch die gemischten Chöre werden zunehmen. Was unsere Zukunft betrifft, bin ich gar nicht so pessimistisch. Singen kann Jung und Alt gleichermaßen begeistern. Dies fördert die Kommunikation zwischen den Generationen und Bildungsschichten. Gesang baut Brücken zwischen Nationen. Deshalb ist es wichtig, das der Chorgesang eine Zukunft hat.
Sind Sie überrascht, dass sich der Liederkranz für die Zukunft doch recht gut aufgestellt hat?
Ehrlich gesagt überrascht es mich mehr, wie schlecht andere Vereine für die Zukunft aufgestellt sind. Es gibt Chorgemeinschaften, die noch immer die gleichen Lieder wie vor 30 Jahren singen. Die Sänger vergraben sich zudem beim Auftritt hinter den Notenblättern. Das kann keine Freude machen. Wir haben es geschafft, neue Wege zu gehen, die Sängerinnen und Sänger sind offen für neue Ideen. Einen großen Anteil daran hat unsere kreative Chorleiterin Sabine Dietenberger, die mit modernen musikalischen Ideen den Verein für die Zukunft fit gemacht hat.
Noch vor zehn Jahren sah es so aus, als könne der Männerchor nicht mehr lange existieren. Heute hat der Chor den jüngsten Altersdurchschnitt aller Ladenburger Männerchöre.
Ich freue mich sehr über diese Entwicklung in unserem Männerchor. Wir benötigen allerdings noch weitere jüngere Männer, um den Fortbestand des Männerchors langfristig zu sichern. Wir haben es mit verschiedenen Werbeaktionen geschafft, neue Sänger zu gewinnen, oft war auch Glück dabei. So ist unser heutiger Sänger Alexander Arnold in die Nachbarschaft unseres Vize-Chorleiters Andreas Lange gezogen. Durch diesen neuen Kontakt haben wir vier Sänger für den Männerchor und zwei Sängerinnen für FrauenTerz hinzugewonnen. Man kann nur neue aktive Mitglieder gewinnen, wenn sie in das Vereinsleben eingebunden werden. Von alleine wird auch nach einer Werbeaktion kein Sänger den Weg in den Kaiserkeller finden.
Ein Verein, der keine Jugend- oder Nachwuchsarbeit betreibt, steht vor einer schwierigen Zukunft. Wie wichtig ist dem Liederkranz die Förderung des Sängernachwuchses?
Die Nachwuchsförderung ist überlebenswichtig. Ich denke, man kann sogar sagen, dass es ohne die Gründung des Kinderchors in den 1970er Jahren den Liederkranz schon seit mindestens zehn Jahren nicht mehr geben würde. Die Anzahl der Sängerinnen und Sänger, die durch die Jugendarbeit langfristig aktiv im Verein bleiben, ist steigerungsfähig. Aber alle, die dabei bleiben, sind umso stärker an den Verein gebunden. Außerdem habe ich die Überzeugung, dass von unserer Jugendarbeit die Erwachsenenchöre profitieren. Moderne Ideen lassen sich leichter umsetzen.
Durch die veränderte Schullandschaft bleibt bei vielen Vereinen der Nachwuchs zuhause. Wie hart trifft Sie das?
Diese Situation ist sehr schwierig und trifft uns mittlerweile sehr. Viele Kinder- und Jugendchöre haben sich bereits aufgelöst. Ich hoffe, wir können das verhindern. Es gibt zwar Kooperationsangebote der Landesregierung für Schule und Verein, diese sind aber meines Erachtens für unseren Verein langfristig nur schwer umsetzbar.
Wie wichtig war die Gründung des FrauenTerz? Anfangs gab es ja auch kritische Stimmen.
Es gibt leider immer noch die ein oder andere kritische Stimme im Verein, auch wenn diese Kritiker immer leiser werden. Es ist wichtig, den Verein möglichst breit aufzustellen, um das Überleben zu sichern. Mit FrauenTerz haben wir nicht nur einen Chor, der sich musikalisch von anderen Frauenchören abhebt, sondern er setzt auch neue Impulse. Außerdem sind Partner der Frauen im Männerchor aktiv. FrauenTerz hat sich in den letzten Jahren zu einem unverzichtbaren Teil des Liederkranz entwickelt.
In 25 Jahren feiert der Liederkranz sein 200-jähriges Jubiläum. Träumen Sie doch einmal, wie der Verein dann aussehen soll.
Es ist wichtig, den Verein so aufzustellen, dass wir in 25 Jahren einen gut besetzte Männerchor und einen starken Frauenchor haben. Wenn wir uns eine moderne Chorarbeit auf die Fahne schreiben, bin ich guter Dinge, dass das gelingen wird.
Was motiviert Sie, den Verein zu führen? Und gibt es Menschen im Liederkranz, die Sie besonders beeindruckt haben?
Mir liegt sehr viel am Verein, in dem ich schon den Großteil meines Lebens aktiv bin. Der Liederkranz hat mein Leben bereichert. Beeindruckt war ich von den verschiedensten Personen. Dies waren besonders die Altstadtmusikanten der 1980er Jahre, die mich damals als kleinen Sänger begeistert haben und sicher auch ein Stück weit musikalisch geprägt haben.
Nenne Sie uns drei Schlagzeilen, die Sie 2018 im Zuge des Jubiläumsjahres gerne lesen möchten.
Schlagzeile eins: "Männerchor begrüßt seit vielen Jahren wieder mehr als 30 Sänger in der Singstunde". Schlagzeile zwei: "Ausverkauftes Jubiläumskonzert des GV Liederkranz begeisterte das Publikum". Schlagzeile drei: "Vorsitzender Boguslawski blickt auf ein erfolgreiches Liederkranz Jubiläumsjahr zurück".