Von Philipp Weber
Weinheim. Es hat sehr oft lang gedauert. Aber am Ende stand 2019 fast immer eines: ein Ergebnis. So ist die schier unendliche Baustelle am Postknoten weitestgehend fertig, die beinahe unendliche Wartezeit auf den Amtsantritt von OB Manuel Just ist abgelaufen – und die fast unendliche Debatte um die Erschließung der "Hinteren Mult" ist zumindest nicht mehr Sache des Gemeinderats. Und (fast) perfekte Schlossparkkonzerte gab’s oben drauf. Ein Jahresrückblick von A bis Z:
> A wie Amtsantritt: Am Montag, 13. Mai 2019, ist es soweit: Der Wahlsieger vom Juni 2018 nimmt am Schreibtisch des OBs Platz. Seit der Wahl hat Manuel Just elf Monate lang auf den Start warten müssen. Der Weg ist frei, weil Dauerkandidatin und Klägerin "Fridi" Miller vor dem Verwaltungsgerichtshof scheitert.
> B wie Bürgerschaft trauert: Das Jahr 2019 beginnt mit einem Schock: Der gerade erst im Ruhestand angekommene Feuerwehrchef Reinhold Albrecht ist über Silvester 2018/19 plötzlich verstorben. Die Stadt verabschiedet ihren "Stadtbrandmeister" mit einem Gottesdienst. Die Stadtkirche ist proppenvoll.
> C wie Christdemokraten im Clinch: Mit Sascha Pröhl und Hans-Peter Masuch fallen zwei potenzielle CDU-Ratskandidaten bei der Nominierungsrunde für die Gemeinderatswahl durch. Die Affäre um die Unterschrift eines weiteren Christdemokraten für die "Deutsche Liste" macht das Desaster perfekt.
> D wie Doppelbelastung endet: Er ist einer der stillen Helden des Jahres: Erster Bürgermeister Torsten Fetzner. Nach dem Ende der letzten Amtszeit von Alt-OB Heiner Bernhard im August 2018 hat er die Verwaltung der Zweiburgenstadt und die Gemeinderatssitzungen neun Monate lang allein geleitet.
> E wie Elektro-Mobilität: Es ist eines von vielen Themen, die sich quer durch unsere Zeitung ziehen: neue Mittel der Fortbewegung. In Weinheim-Oberflockenbach schaut die RNZ bei einem Tankstellenbetreiber vorbei, der eine E-Lade-Säule betreibt.
> F wie "Fridays for Future": Sie gehen auch in Weinheim auf die Straße und entfachen eine Debatte über Schulpflicht und zivilen Ungehorsam: Hunderte Jugendliche und junge Erwachsene beteiligen sich an den Protesten für eine bessere Klimaschutz-Politik. Auch Eltern tun sich zusammen und demonstrieren.
> G wie Gemeinsam ist man stärker: Die Vorstände der Volksbank Kurpfalz aus Heidelberg und der Volksbank Weinheim geben im Oktober bekannt, dass die beiden Geldhäuser fusionieren. Sie geben die starke Regulierung von Banken, die zügige Digitalisierung und die anhaltende Niedrigzinsphase als Gründe an.
> H wie Heimat: Weinheim werden auch in den kommenden Jahren die Großveranstaltungen nicht ausgehen. Mit Zustimmung des Gemeinderats bewirbt sich die Zweiburgenstadt um die Ausrichtung der "Heimattage Baden-Württemberg". Diese könnten zwischen 2023 und 2026 in Weinheim stattfinden.
> I wie In der Hauptstraße tut sich was: An die Stelle eines traditionsreichen Schuhgeschäfts rückt ein "Weltladen". Anders als "herkömmliche" Fair-Trade-Läden im kirchlichen Umfeld will das neue Geschäft durchaus auch mit einer attraktiven Lage und handelsüblichen Öffnungszeiten punkten.
> J wie Junge Leute im Gemeinderat: Die Wahl am 26. Mai bringt Neues: Die GAL wird stärkste Fraktion, gefolgt von den Freien Wählern. Die CDU rutscht auf Platz drei ab, die SPD auf Rang vier. Unter den neuen Stadträten befinden sich Menschen, die noch keine 25 Jahre alt sind. Sie ergreifen selbstbewusst das Wort.
> K wie Kultur wird großgeschrieben: Ob Bildende Kunst, Konzerte oder Kabarett: Weinheim hat kulturell viel zu bieten. Einer von mehreren Höhepunkten ist die umjubelte Musicalrevue "Holzwurm meets Musical". Das Stadthallenpublikum ist aus dem Häuschen, 2020 soll es eine Wiederholung geben.
> L wie Lützelsachsen feiert den fröhlichen Weinberg: Das legendäre Lustspiel von Carl Zuckmayer wird am Dorfmittelpunkt an der Winzerhalle aufgeführt. Der MGV Lützelsachsen hat das Spektakel auf die Beine gestellt. Die künstlerische Leitung haben Hans-Peter Brenner und Kurt Arras inne.
> M wie Mehrheit entscheidet: Es wird die kontroverseste Sitzung des Jahres. Kurz vor der Gemeinderatswahl fällt das (scheidende) Gremium den endgültigen Beschluss mehrheitlich: Die Hintere Mult wird entwickelt. Bürgerinitiativen und Bauern protestieren vergebens.
> N wie Neues Hotel kommt: "Dehoga" und Hoteliers protestieren, der Beschluss wird zunächst vertagt. Aufzuhalten ist er nicht: Mit eindeutiger Mehrheit votiert der Gemeinderat dafür, in die Planungen für ein Hotel am Bahnhof einzusteigen. Den Zuschlag bekommt ein Investor aus Freudenstadt.
> O wie Oh wie schön ist die Kerwe: Perfekt ist sie wohl nicht, die diesjährige Kerwe, da es an zwei Festabenden kräftig regnet. Trotzdem kommen geschätzte 30.000 Besucher auf das Straßenfest in Weinheims Innenstadt. Und: Am "Tag der Weinheimer" strahlt die Sonne, der Kerwemontag gelingt.
> P wie Plastikmeer im Hallenbad: Auszubildende der Stadtwerke sammeln Pfandflaschen aus Plastik, um den Erlös – wie erst später bekannt wird – in öffentliche Wasserspender zu investieren. Höhepunkt der Aktion: Die Flaschen landen im Becken des "HaWei", auf der Wasseroberfläche entsteht ein Müllteppich.
> Q wie Qualität auf der Bühne: Revolverheld, Dieter Thomas Kuhn und Max Giesinger bespielen Ende Juli den Schlosspark. Der größte Andrang herrscht bei "DTK". Doch aus RNZ-Sicht erweisen sich vor allem die "Revolverhelden" aus dem hohen Norden als Volltreffer. Sie spielen ein klasse Konzert.
> R wie Riesensause im Park: Shuttlebusse, Sicherheitspersonal und Verpflegung ohne Ende: Die Besucher der Schlossparkkonzerte kommen auf ihre Kosten. Wermutstropfen: Das Konzert mit Dieter Thomas Kuhn endet mit einem Gewitter. Am Hauptausgang wird es eng. Die Shuttles kommen hier und da später.
> S wie Stellenabbau bei Freudenberg: Für die Beschäftigten in der Dichtungssparte von Freudenberg beginnt die Vorweihnachtszeit unschön. Die Firmenspitze gibt bekannt, dass 195 Stellen abgebaut werden könnten. Allerdings ist dies erst der Auftakt zu Verhandlungen, die noch an Fahrt aufnehmen.
> T wie Trauma des Einzelhandels: Die Dauerbaustelle am Postknoten wird für die Gewerbetreibenden in der City zum Problem. OB Just leitet einen Kraftakt ein, an dessen Ende der Knoten pünktlich zum Weihnachtsgeschäft wieder befahrbar ist.
> U wie Unsportlichkeit: Die TSG Weinheim leistet wertvolle Arbeit – in Gesellschaft und Sport. Umso bedauerlicher ist, dass der Verein in die Schlagzeilen gerät, als zwei Mannschaften aus Ostfrankreich und Duisburg bei einem internationalen Fußballturnier aufeinander losgehen. Ein Jugendlicher erleidet einen Kieferbruch.
> V wie Viele Kinder in der Stadt: Kindergarten- und Krippenplätze müssen her, um über den "Bedarfs-Gipfel" zu kommen, der für 2026 prognostiziert ist. Die TSG macht einen Anfang, indem sie eine Einrichtung auf ihrem Stadiongelände plant und Seppl’s Herberge zur Kita umwandelt. Die Zusatzgebühr für Sportangebote bleibt jedoch umstritten.
> W wie Weinheimer Liste: Noch einmal in die Politik. Die "Weinheimer Liste" verzichtet darauf, bei den Kommunalwahlen anzutreten. Die Personaldecke ist schicht zu dünn geworden. Die WL will die Kommunalpolitik aber weiter kritisch begleiten, so Vorsitzender Michael Lehner.
> X wie X-mal Anträge gestellt: Die Älteren kennen ihn noch aus alten Gemeinderatszeiten, die Jüngeren sind baff: Der rechtskräftig verurteilte Volksverhetzer Günter Deckert zieht für die "Deutsche Liste" ins Gremium ein – und versucht, die Sitzungen zu prägen. OB Just bleibt so professionell wie möglich.
> Y wie Generationen Y und Z: Sie wurden schon erwähnt, die jungen Stadträte, Fraktionsberater und Aktivisten, die 2019 keineswegs nur in den Reihen der Wahlsiegerin GAL aufgefallen sind. Ihnen gehört die Zukunft in der Stadt und im Land.
> Z wie Zukunft der Bildung: Es wächst und gedeiht: das "Schulzentrum West" an der Breslauer Straße. 2021 soll das Ensemble fertig sein, die Rohbauten sind schon Ende 2019 weit fortgeschritten. Die Debatten über Fotovoltaik auf den Dächern des SZW, die Schulform und die Verwendung demnächst frei werdender Schulgebäude laufen längst.
Das Jahr 2019 in Weinheim - Die Fotogalerie