Eine Landmarke: Das Gelände der Hildebrandschen Mühle im Weschnitztal. Foto: Dorn
Von Philipp Weber
Weinheim. Die Vertreter der Weinheimer Ratsfraktionen haben am Freitag mit Enttäuschung und Verärgerung auf die neuesten Entwicklungen rund um das Projekt Hildebrandsche Mühle reagiert. Thorsten Seegräber, Vorstand der Deutschen Denk Mal AG, hatte Mitte der Woche gegenüber der Stadt Weinheim und der RNZ angekündigt, die Sanierung von Unternehmervilla und Siloturm aufzugeben.
"Wir hatten lange die Hoffnung, dass das Wohnkonzept der Denk Mal AG aufgeht - und dass das Ensemble Hildebrandsche Mühle erhalten und weiter genutzt werden kann", sagt Wolfgang Metzeltin (SPD). Umso enttäuschter sei er nun vom Verhalten des Wiesbadener Investors.
Zumal es nicht die erste Umnutzungs-Idee war, die hier gescheitert ist, erinnert Metzeltin an frühere Hotelpläne.
"Die Denk Mal AG hat uns lange hingehalten; dabei habe ich das Gefühl, dass die Verantwortlichen längst wussten, dass ihr Projekt gescheitert ist." Es sei lange nichts für den Erhalt der denkmalgeschützten Gebäude getan worden. "Das Thema muss jetzt nun so schnell wie möglich in den Gemeinderat." Auch die Verwaltung müsse Ideen einbringen, wie es weitergehen könnte.
"Es ist ein Elend", lautet der erste, spontane Satz von Elisabeth Kramer (GAL) zum Thema. Dennoch: "Wir sind alle froh, dass wir die Umnutzung der Hildebrandschen Mühle zu einem Großbordell verhindert haben." Ihrer Rechtsauffassung nach schließt der städtebauliche Vertrag mit der Denk Mal AG dies nach wie vor aus. "Ich hoffe nun, dass es auf politischen oder juristischem Wege möglich ist, dass die Denk Mal AG dieses Projekt abgibt; und zwar zu einem Preis, der anderen Investoren die Chance gibt, das Areal vernünftig zu entwickeln."
Sie hoffe auch nach wie vor darauf, dass die Gebäude erhalten und genutzt werden können. "Das Gelände ist doch viel zu interessant, um einfach gar nichts daraus zu machen." Vielleicht wäre ja doch noch eine Hotel-Nutzung möglich, meint Kramer.
Im Gemeinderat sieht sie das Thema zunächst nicht. "Es bringt jetzt nichts, unserer Wut und Enttäuschung im Gremium Luft zu verschaffen. Wir müssen abwarten, bis sich neue Perspektiven auftun, über die wir beraten können."
"Was jetzt passiert, hat die Weinheimer Liste schon lange kommen sehen", so WL-Fraktionssprecher Michael Lehner. Er habe 2016, bei der letzten Ratsdebatte zum Thema, dagegen plädiert, der Denk Mal AG mehr Zeit einzuräumen. "Schon damals war klar, dass das auch nichts mehr bringen würde. Aber man hat die Augen vor der Realität verschlossen." Nun müsse untersucht werden, ob die Fördergelder für die Denk Mal AG überhaupt zweckgemäß verwendet worden sind.
Auch Lehner will das Mühlengelände nicht aufgeben. "Ein Freizeitpark, ein Museum, ein Wohnprojekt", nennt er Stichworte für Ideen, die dringend untersucht werden müssten: "Schon vor einem Jahr hätten Gemeinderat und Verwaltung mit Experten ein Projektteam ’Hildebrandsche Mühle’ gründen können." Man habe die Verantwortung für das landschaftsprägende Areal zu lange an "eine zwielichtige AG" delegiert. "Das Politikum rund um ein Großbordell in der Mühle wurde letztlich durch ein anderes Phantom abgelöst", ärgert er sich: "Man fängt jetzt nicht mal mehr bei Null an."
Das Gelände sei in der Hand einer AG mit Erpresserpotenzial - und es verfalle weiter. "Jeder OB-Kandidat wird sich Fragen zu dem Thema stellen müssen. Niemand will, dass Mühle und Villa abgerissen werden.""Der Verfall dieser Anlage frustriert, er ist traurig und ärgerlich", sagt Carsten Labudda (Die Linke). "Auch ich glaube nicht mehr daran, dass die Denk Mal AG ein seriöser Geschäftspartner ist." Er will nun schnell im Gemeinderat darüber reden, wie es weitergehen kann. "Mir war es vor Jahren aber schon wichtig, dass die damaligen Bewohner der Villa neue Wohnungen bekommen", erinnert er sich.
Zwar hätten diese Menschen das denkmalgeschützte Ensemble nicht aus eigener Kraft retten können. Aber: "Sie haben viel Eigenarbeit, Liebe und Hingabe investiert, um die Villa in einem bewohnbaren Zustand zu halten." Andere hätten nicht einmal daran Interesse gehabt.