Duo "Cocoflanell" in Schriesheim

Wenn der Bürgermeister bezirzt wird

Powerfrauen ließen in "Majer’s Weinscheuer" 1920er aufleben - Den Mythos vom starken Geschlecht zerbröselt

16.04.2018 UPDATE: 17.04.2018 06:00 Uhr 1 Minute, 51 Sekunden

Sängerin Ilona Schulz (l.) und Pianistin Corinna Corff begeisterten mit dem Sound der "Goldenen Zwanziger", darunter "Stroganow" oder "Nehm’se ’nen Alten". Foto: Kreutzer

Schriesheim. (stek) Um es gleich vorwegzunehmen: Der Benefiz-Abend in "Majer’s Weinscheuer" mit dem Duo "Cocoflanell" und ihrem Programm "Ein Tröpfchen Herzblut mit Rum" war ein Traum. Selten zuvor wurde Männern so charmant gehuldigt und zugleich so elegant der Platz gewiesen.

Mit witzigen, frechen und manchmal nachdenklichen bis hin zu melancholischen Liedern, alle aus der Kategorie "Berliner Milieu-Lieder der 1920er- und 30er-Jahre, begeisterten Sängerin Ilona Schulz und Pianistin Corinna Korff ihr Publikum. Dabei zerbröselten sie einmal mehr den Mythos vom Mann als dem starken Geschlecht. Wer diese Lieder hört und den beiden Künstlerinnen zusieht, weiß, wo der Hammer hängt.

Zu verdanken, das betonte auch Bürgermeister Hansjörg Höfer bei seiner kurzen Begrüßung, habe man den Besuch dieser beiden "Powerfrauen" den Damen des "Inner Wheel Clubs Schriesheim-Weinheim" rund um deren Präsidentin Elske Majer. Diese seien "ein unverzichtbarer Bestandteil des Schriesheimer Lebens". Das soziale Engagement werde bei dort großgeschrieben: "Und genau damit machen sie unser Schriesheim ein Stück weit besser." Nach der kurzen Laudatio änderte sich der Ton in der Weinscheuer aber grundlegend.

Mit dem Lied "Die Männer sind schon die Liebe wert" von Adolf Steimle zeigten die beiden Musikerinnen erst ihre zuckersüße Seite und wogen die Männer in wohliger Sicherheit. Doch schon mit dem nächsten Lied änderte sich das Charmante in etwas Forderndes.

Unter dem Motto "Ich suche mir einen richtigen Mann, einen, der küssen kann" machten Schulz und Korff unmissverständlich klar, dass sie das Heft des Handelns in der Hand behalten. Jedenfalls gaben sie es für die kommenden zwei Stunden nicht mehr her. Von "Nimm dich in Acht vor blonden Frauen" über "Stroganow", "Von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt" bis zum legendären "Nehm’se ’nen Alten" präsentierten sie musikalische Brillanten. Herrlich die Empfehlung, bei einer Gelegenheit zum Seitensprung doch zuzugreifen. "Sie werden sehen, es tut ihnen gut."

Und ganz grundsätzlich gelte, wenn Männer fremdgingen, seien sie Lumpen, wenn Frauen es täten, hätten sie einen Grund. Für den einen oder anderen lehrreich war auch die Lektion über das, was manche Frauen eigentlich wollen: "einen richtigen Mann, einen Neandertaler, der am Frühstückstisch nicht Zeitung liest und sie manchmal auch in die Höhle schleift".

Danach wandten sich die beiden Damen dem Verführer Casanova und dem Bürgermeister zu. Der eine wurde besungen und der andere tänzerisch bezirzt. Schulz und Korff verstanden ihr Metier bis ins kleinste Detail, musikalisch wie schauspielerisch. Hier ein verführerischer Blick, dort ein kleines Lächeln, dann eine klare Ansage - und alles zugleich dennoch reizend und charmant verpackt.

Nicht umsonst gewannen "Cocoflanell" schon zwei Mal den "Bundeswettbewerb Gesang Berlin für Musical und Chanson". Die alten Lieder von Kurt Tucholsky, Erich Kästner, Otto Reuter und Friedrich Hollaender machten von Anfang bis Ende Spaß. Sie verführten zum Lächeln, das eine oder andere reizte zum Nachdenken.

Musik, die richtig gute Laune machte und am Ende ihre Hörer glücklich nach Hause entließ.

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