Stadt muss wohl weiteres Bordell genehmigen

Weinheim. Betreiber plant Etablissement in der Daimlerstraße. Torsten Fetzner geißelt "verabscheuungswürdige Ausbeutung von Frauen"

19.02.2013 UPDATE: 19.02.2013 10:15 Uhr 1 Minute, 57 Sekunden
In der Daimlerstraße will sich ein weiterer Bordellbetrieb ansiedeln. Rechtlich ist das nicht zu beanstanden, politisch gewollt ist das Etablissement nicht. Foto: Dorn

Von Philipp Weber

Weinheim. Die Befürchtung der Aktiven des "Bündnisses für Weinheim", dass ein weiteres Bordell in die Zweiburgenstadt kommt, hat sich am Montag als berechtigt erwiesen. Im Gespräch mit der RNZ bestätigte die Verwaltung, die Anfrage eines Betreibers erhalten zu haben. "Es liegt ein Antrag auf Bauvorbescheid für die Nutzungsänderung von Büros in einen Bordellbetrieb mit 15 weiblichen Personen in einem Geschoss in der Daimlerstraße 12 vor", teilte Joachim Stoner vom Amt für Baurecht und Denkmalschutz schriftlich mit.

Bereits am Wochenende hatte das "Bündnis für Weinheim" das jahrelang gegen ein Großbordell in der Hildebrandschen Mühle ankämpfte, publik gemacht, dass ein Betreiber über seinen Anwalt eine entsprechende Umnutzung von Gewerberäumen im Industriegebiet Kleeblatt an der A 5 beantragt habe.

Die Stadt sieht offenbar keine Möglichkeit, dies zu verweigern: "Die Daimlerstraße ist laut Sperrgebietsverordnung ein Toleranzbereich", so Stoner, die Nutzungsänderung widerspreche dieser Verordnung nicht. Die Folge: "Ein positiver Bauvorbescheid wird demnächst erteilt", bauplanungs- und bauordnungsrechtliche Gründe stünden dem Antrag nicht entgegen.

Um das zu verstehen, muss man sich die gut sieben Jahre zurückliegende Diskussion um ein Großbordell in der Hildebrandschen Mühle vergegenwärtigen. Damals war bekannt geworden, dass Investoren in dem früheren Industrieareal ein großflächiges Etablissement geplant hatten. "Infolgedessen gründete sich ein überparteiliches Bündnis, um das zu verhindern", erinnert sich Ingrid Hagenbruch, Rechtsanwältin und Aktive im "Bündnis für Weinheim". Das Bündnis machte mithilfe von Menschenrechtsorganisationen wie "Terre des Femmes" auf die (gelinde gesagt) oftmals traurigen Hintergründe der Prostitution aufmerksam. Und kämpfte auch mit juristischen Mitteln gegen das geplante Großbordell. Am Ende mit Erfolg: In der Hildebrandschen Mühle sollen jetzt Wohnungen entstehen.

Eine weitere Folge der Diskussion war, dass die Stadt im März 2007 eine "Sperrgebietsverordnung" bekam. Damit konnte die Verwaltung das Problem zwar nicht lösen, aber zumindest eindämmen: Zwar kann Weinheim, wie alle Baden-Württembergischen Kommunen ab einer Größe von 35.000 Einwohnern, die Ausübung von Prostitution nicht vollständig verbieten. Die Stadt nutzte aber die Möglichkeit, öffentliche Einrichtungen, Schulen oder Wohngebiete vor der Ansiedelung neuer Rotlichtbetriebe zu schützen und Bordelle nur noch in "Toleranzzonen" - sprich: in Gewerbegebieten - zuzulassen. Die Daimlerstraße und das Gewerbegebiet Kleeblatt gehören dazu.

Rechtlich gesehen ist das geplante Bordell also zulässig. Politisch gewollt ist es nicht: "Die geplante Nutzung stellt aus stadtplanerischer Sicht eine weitere Verschlechterung der Situation in diesem Gewerbegebiet dar", teilte Erster Bürgermeister Dr. Torsten Fetzner gestern mit. Neben Spielhallen wirkten sich auch Bordelle negativ auf benachbarte, "seriöse Gewerbebetriebe" aus. "Prostitution stellt für mich darüber hinaus eine menschenverachtende und verabscheuungswürdige Ausbeutung von Frauen dar, die mit kriminellen und zum Teil organisiert-verbrecherischen Aktivitäten verknüpft ist. So etwas brauchen wir in Weinheim nicht", bezieht Fetzner klar Stellung.

Nichts desto Trotz gibt es in Weinheim bereits (mindestens) drei ausgewiesene Bordelle: Das größte ist in der Gewerbestraße am südlichen Ortseingang. Und ruft immer wieder Bedenken hervor. Ein kleineres liegt in der Bergstraße - und ein weiteres befindet sich bereits in der Daimlerstraße, ganz in der Nähe des geplanten Etablissements.

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