Die Künstler zeigen eine große emotionale Bandbreite

Junge Polen zeigen Positionen zum Choromanski-Roman "Eifersucht + Medizin" in der Galerie Kunst2 in Heidelberg

01.10.2012 UPDATE: 01.10.2012 09:55 Uhr 1 Minute, 48 Sekunden
Joanna Kogut und Artur Blusiewicz von der Gruppe Gili-Gili in der Heidelberger Galerie 'Kunst2'. Foto: Galerie
Von Julia Behrens

"Eifersucht + Medizin" - Wie passt das zusammen? Der Thema der neuen Ausstellung in der Galerie "Kunst2" in Heidelberg gibt reichlich Rätsel auf.

Doch es ist ganz einfach. Der Titel bezieht sich auf den gleichnamigen Roman des polnischen Schriftstellers Michal Choromanski aus den 30er Jahren. Die Geschichte einer jungen Frau, die mit einem wesentlich älteren Mann verheiratet ist und sich in einen attraktiven, ebenfalls jungen Arzt verliebt, erreichte innerhalb kürzester Zeit Rekordauflagen und war auch im Ausland populär.

Jetzt hat die polnische Gruppe Gili-Gili, die sich aus fünf Mitgliedern der Kunstakademie in Krakau zusammensetzt, insgesamt 42 Künstler aus ihrem Land eingeladen, zum Thema "Eifersucht + Medizin" Arbeiten auf Papier einzureichen. Alle zwei Jahre initiiert die Gruppe ein solches Projekt, für das sie einen hochwertigen Katalog (mit einer nummerierten, auf 300 Exemplare limitierten Auflage) produziert und die Resultate in einer mehrfach gezeigten Gruppenausstellung präsentiert.

Zur Zeit sind die überaus spannenden Werke in Neuenheim zu sehen. Die teils sehr direkten, teils verschlüsselten Darstellungen berühren Aspekte wie Geschlechterrollen und Sexualität, Sinnlichkeit und Verführung. Sie lassen nicht nur eine große emotionale Bandbreite vonseiten der Künstler erkennen, sondern bieten auch ausreichend Spielraum für eine individuelle Lesart. Außerdem ist eine Vielfalt von Techniken vertreten, die von zarten Bleistiftzeichnungen über zahlreiche Druckverfahren bis zu ungewöhnlichen Cut Outs reicht. Doch trotz aller Unterschiede in Bezug auf Inhalt und Medium finden sich auch einige gemeinsame Linien in der zeitgenössischen polnischen Kunst.

Zum einen ist da die hohe handwerkliche Qualität. Egal, ob man sich in die fein ziselierte Tuschearbeit von Artur Blusiewicz hineinvertieft, die eine Landschaft aus weiblichen und männlichen Pflanzenformen darstellt, oder ob man die zunächst gezeichneten und dann eingescannten Insekten in Jakub Woynarowskis Digitaldruck bewundert: Dass an den polnischen Akademien viel Wert auf die technischen Fertigkeiten der Studenten gelegt wird, kristallisiert sich hier deutlich heraus. Ebenso ein Hang zur Gegenständlichkeit, der oft mit einer starken Konturierung einhergeht und sich wie bei Maja Maciejewskas mehrgesichtigen, nackten Männergestalten klar von einer farbig aufgefassten Umgebung absetzt.

Darüber hinaus besitzen einige Künstler eine ausgeprägte Leidenschaft für die Fotocollage. Bogusław Bachorczyk hat zum Beispiel in ironischer Anspielung auf die strenge Gläubigkeit seiner Landsleute für den jung verstorbenen Stummfilmstar Rudolph Valentino einen kleinen Altar gebastelt, während Daria Malicka aus scheinbar alten Fotos einen wahren Männerhimmel mit nackten Frauen zwischen technischem Gerät vorführt. Das Ganze ist - wie in vielen Arbeiten - surrealistisch verfremdet: eine Tendenz, die sich grundsätzlich in der zeitgenössisch-figurativen Kunst zeigt, die aber in dieser Ausstellung besonders hervortritt.

Das Thema "Eifersucht + Medizin" scheint tatsächlich ideal geeignet zu sein, um die ganze Energie, Fantasie und Konzeption der jungen Kunstszene in Polen vor Augen zu führen.

Info: Galerie Kunst2, Lutherstraße 37 in Heidelberg, Eifersucht + Medizin: Junge Kunst aus Polen, bis 10. November. Telefon: 06221-455820. www.kunst2.de. Di-Do 11-15 Uhr, Fr 11-18 Uhr, Sa 11-15 Uhr.

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