Premiere für Pianisten Yefim Bronfman
Der Pianist trat mit Werken von Debussy, Schumann und Schubert zum ersten Mal beim Heidelberger Frühling auf
Von Jesper Klein
Heidelberg. Der Pianist Yefim Bronfman neigt nicht zu heftigen emotionalen Gesten. Er sitzt einfach da, am Flügel, stoisch, und spielt. Nun hat es erst einmal nichts mit den musikalischen Ideen eines Künstlers zu tun, wie er sich rein äußerlich im Konzertsaal gibt. Wer aber Bronfman in der Stadthalle erlebte - es war sein Debüt beim Heidelberger Frühling - dem entging die Übereinstimmung kaum: Bronfmans klare Interpretationen kennen keinerlei Gehabe.
Es begann mit Claude Debussys "Suite Bergamasque", in der sich als dritter Satz der zaubergleiche Klavier-Evergreen "Clair de lune" verbirgt. Gerade die umliegenden Sätze - ein Prélude, Menuett und Passepied - sind noch vom frühen Stil Debussys geprägt. Für das Jugendwerk setzt Bronfman auf barocke Durchhörbarkeit; Glissandi und Arpeggios werden klar definiert, ohne dass hierbei die Lyrik zu kurz kommt. Im Passepied, einem französischen Rundtanz, trifft eine einfache Viertonfigur im Bass auf eine einfache Melodie. Alles ganz logisch.
Robert Schumanns Humoreske op. 20, deutlich weniger lustig als der Name vermuten lässt, fließt bei Bronfman kontrolliert vor sich hin. Von den musikalischen Stimmungsschwankungen, die auch Schumann beim Komponieren begleiteten, ist in Bronfmans ebenmäßigem Erzählton nur wenig zu hören. Recht schnell weiß man hier, was man bekommt. Wer sich als Zuhörer auf die Detailebene begibt, kann sich aber doch an Nuancen in Bronfmans Spiel erfreuen.
"Immer musikalisch und gesangreich rieselt es von Seite zu Seite weiter, hier und da durch einzelne heftigere Regungen unterbrochen, die sich aber schnell wieder beruhigen." Das schrieb Robert Schumann einst über Franz Schuberts späte Sonaten - es beschreibt auch Bronfmans Schumann-Interpretation verblüffend genau.
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Tatsächlich ist die zweite Konzerthälfte erlebnisreicher. Bronfman findet für Schuberts Klaviersonate Nr. 19 in c-Moll eine gute Balance zwischen Dramatik und Leichtgängigkeit. Besonders im zweiten Satz gelingt ihm ein transzendentes Pianissimo mit filigranen Wechseln zwischen Dur und Moll. Richtiggehend spektakulär ist es, wenn Bronfman zugleich mit der rechten Hand im Legato, mit der linken im Staccato erzählt.
Im mitreißenden Schlusssatz wird die motivische Verwandtschaft der späten Schubert-Sonaten untereinander besonders deutlich. Bei allem rhythmischen Puls geht doch das Tänzerische hier nicht verloren. Den Schlussakkord wirft Bronfman schließlich gar mit einer ausladenden Geste in den Raum. Das Publikum dankt mit tosendem Beifall, Bronfman seinerseits mit vier Zugaben.