Neues Landeshochschulgesetz

Mehr Macht den Professoren

Das neue Landeshochschulgesetz regelt die Zusammensetzung der Gremien - Rektoren können bei "tiefer Vertrauenskrise" abgewählt werden

19.09.2017 UPDATE: 20.09.2017 06:00 Uhr 1 Minute, 53 Sekunden

Für Wissenschaftsministerin Theresia Bauer ist das neue Gesetz eine Gratwanderung. Foto: dpa

Von Axel Habermehl, RNZ Stuttgart

Stuttgart. Die Hochschulen in Baden-Württemberg bekommen eine neue Arbeitsgrundlage. Das Landeskabinett stimmte gestern dem Entwurf des Hochschulrechtweiterentwicklungsgesetzes (HRWeitG) zu. Ziel des Wissenschaftsministerium unter Leitung von Theresia Bauer (Grüne) ist es, mit diesem Instrument das Landeshochschulgesetz (LHG) zu erneuern. Ein Überblick:

> Warum dieses Gesetz? Die Landesregierung setzt damit ein Urteil des baden-württembergischen Verfassungsgerichtshofes um. Die Richter hatten Teile des bisherigen LHG für verfassungswidrig erklärt und eine Neuregelung bis März 2018 verlangt. Sie beanstandeten, dass die Hochschullehrer, also die Professoren, als Träger der in der Landesverfassung verankerten Wissenschaftsfreiheit, im "organisatorischen Gesamtgefüge" der Hochschulen zu wenig Macht haben. Vor allem ging es um die Möglichkeiten der Professoren, die Rektoren abzuwählen.

> Und die Rektoren? Im Grunde geht es um einen Kompromiss: Einerseits sollen die Professoren gestärkt werden und in den Entscheidungsgremien mehr Macht bekommen. Sie sollen "bei allen wesentlichen wissenschaftsrelevanten Entscheidungen von Forschung und Lehre die Mehrheit haben", so Bauer. Die Rektoren könnten zwar von den Professoren abgewählt werden, aber nicht wegen jeder Kleinigkeit, sondern nur bei "einer tiefen Vertrauenskrise zwischen Rektorat und Professorenschaft - also einer Ausnahmesituation an einer Hochschule". Für so eine "Ur-Abwahl" muss die Mehrheit der Professoren der ganzen Hochschule für die Abwahl stimmen.

Andererseits aber sollen die Rektorate stark bleiben, weil moderne leistungsfähige Hochschulen durchaus ähnlich wie große Unternehmen geführt werden. Bauer erklärt: "Wir halten entscheidungs- und strategiefähige Rektorate für unverzichtbar. Deshalb werden wir die Handlungsfähigkeit der Rektorate nicht beeinträchtigen, sondern ihre Kompetenzen erhalten."

> Was heißt das für Dekane? Sie sind künftig nicht mehr qua Amt Mitglied im Senat. In Zukunft werden alle professoralen Senatsmitglieder als Vertreter ihrer Fakultäten gewählt. Bauer: "Auf diese Weise entsprechen wir dem Urteil des Verfassungsgerichtshofes, die Mehrheit der gewählten Hochschullehrer zu garantieren. Der Senat wird nicht durch zusätzliche Mitglieder aufgebläht."

> Inwiefern sind die Doktoranden davon betroffen? Bauer wollte nicht einfach nur das Urteil umsetzen, sondern auch eigene Akzente setzen. Dazu gehört eine Aufwertung der landesweit rund 30.000 Promotions-Studenten. Für sie wird eine eigene "Statusgruppe" in den Hochschulgremien geschaffen. Das gibt es nirgendwo sonst in Deutschland. Ziel ist es, "Sichtbarkeit und Gewicht" der neuen Forschergenerationen in den Universitäten zu erhöhen.

> Betrifft das Gesetz nur Universitäten? Nein, alle Hochschulen. Zum Beispiel werden auch die Bedingungen für kooperative Promotionen geändert. Gute Master-Absolventen einer Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) sollen einfacher promovieren können, indem ihr HAW-Doktorvater an einer Universität assoziiert werden kann.

> Und die Studenten? Sie betrifft die Reform eher indirekt - außer in einem Punkt. Bauers Koalitionspartner, die CDU, erstritt ein Zugeständnis: Im LHG wird der Satz gestrichen, dass die Verfassten Studierendenschaften ein "politisches Mandat" haben. Bauer: "Wir streichen einen Begriff, aber keine Kompetenzen." CDU-Wissenschaftspolitiker sehen das anders. Ihnen sind die oft von Linken dominierten Studentengruppen ein Dorn im Auge. Hingegen erlaubt es das LHG Gründern, Einrichtungen der Hochschule bis zu drei Jahren lang zu nutzen, wenn sie zuvor Mitglieder der Hochschule waren.

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