Die Katholiken der Region gehören nun offiziell zusammen

Was bedeuten die Fusionen der Pfarrgemeinden für die Gläubigen vor Ort? Die RNZ hat nachgehakt.

06.02.2015 UPDATE: 07.02.2015 06:00 Uhr 4 Minuten, 42 Sekunden

Auch für die Ersheimer Kapelle hat sich im Grunde nichts geändert. Foto: Hüll

Von Anja Hammer und Christoph Moll

Region Heidelberg. Schon lange haben viele katholische Pfarrgemeinden eng zusammengearbeitet, waren aber eigenständig. Zum Jahreswechsel sind sie zu großen neuen Kirchengemeinden fusioniert. Diese großen Umstrukturierungen wurden von oben angeordnet, von der jeweiligen Erzdiözese. Doch was sind die Auswirkungen vor Ort? Die RNZ hat nachgehakt.

In Dossenheim und Schriesheim hat sich eigentlich nichts geändert in diesem Jahr, sagt Pfarrer Ronny Baier. Denn dort hat der kirchenrechtliche Zusammenschluss zu einer Kirchengemeinde bereits ein Jahr zuvor stattgefunden. Einen gemeinsamen Pfarrgemeinderat gibt es bereits seit 2010. In diesem sind derzeit je zehn Mitglieder aus Schriesheim und Dossenheim sowie drei aus Altenbach. Mit der nächsten Wahl soll das Gremium verkleinert werden. Dann werden sechs Räte aus Dossenheim entsendet und insgesamt sechs aus Schriesheim und Altenbach. Da freut es den Pfarrer besonders, dass es zwei junge Kandidaten gibt. "Die haben dann die Jugend auf dem Schirm", sagt Baier. Auch mit Blick auf die Gemeindeteams ist er guter Dinge. Dort seien die Menschen auf nicht so lange Zeit gebunden, weshalb er hofft, dass sich viele Engagierte finden. Für Dossenheim könnte er sich einen musikalischen Schwerpunkt vorstellen.

Leimen, Nußloch und Sandhausen sind nun ebenfalls zu einer großen Kirchengemeinde verschmolzen. Derzeit sei man aber in einer Zwischenphase bis März, wenn der neue gemeinsame Pfarrgemeinderat gewählt wird, erklärt der Leiter, Pfarrer Arul Lourdu. Bis dahin tagen die Räte zusammen. So gab es vor Kurzem eine Sitzung, an der rund 70 Räte teilnahmen. Künftig sollen es 25 sein - je fünf aus Leimen, St. Ilgen, Gauangelloch, Nußloch und Sandhausen. Jeder Ort wählt dann "seine" Vertreter. Erst nach März werden dann größere Änderungen zu spüren sein, wenn die Gemeindeteams berufen werden. "Auch wenn es wehtut, dass sich die Kirche ändert, aber ich sehe, dass die Leute weiter freudig dabei sind", sagt Lourdu. Und so will er selbst alles tun, um diese Begeisterung zu erhalten. "Ich halte am Wochenende fünf Gottesdienste und bei keinem ist die Kirche voll", sagt er. "Aber diesen Luxus biete ich trotzdem weiterhin an." Natürlich würde er auch kritisch auf die Fusion angesprochen. Eine der Hauptsorgen: das liebe Geld. Doch der Leiter der neuen Kirchengemeinde versichert, dass das Vermögen, das die einzelnen Kirchengemeinden vor dem Zusammenschluss hatten, auch nur dort verwendet werde. Und in der Zukunft: "Da müssen wir noch lernen, wie wir das gemeinsame Geld verteilen."

In Neckargemünd und im Elsenztal gab es mit die größten Veränderungen: Acht Pfarrgemeinden, die bisher auf drei Seelsorgeeinheiten verteilt waren, verschmolzen zur neuen Kirchengemeinde Neckar-Elsenz. Deren Leiter wurde Pfarrer Karl Endisch, der bisherige Leiter der Seelsorgeeinheit Bammental. "Wichtig ist zunächst: Die Kirche bleibt im Dorf", sagt der 65-Jährige. "Die Pfarreien werden nicht aufgelöst, nur die Kooperation wird intensiver." Unter einem "Kirchendach" vereint sind nun die Pfarrgemeinden Neckargemünd (mit Waldhilsbach), Dilsberg (mit Mückenloch), Lobenfeld (mit Mönchzell und Waldwimmersbach), die Neckargemünder "Arche", Bammental (mit Gaiberg), Wiesenbach und Mauer (mit Meckesheim). Insgesamt gibt es dort 14 Kirchen, elf Gemeindehäuser, sieben Kindergärten und zwei Sozialstationen. Noch haben die insgesamt rund 11 500 Gläubigen nicht viel von den Veränderungen gespürt. Der Neckargemünder Pfarrer Artur Steidle und Bernhard Stern aus Mauer-Zuzenhausen sind nach wie vor Ort. Dies könnte sich langfristig ändern. "Für die nächsten zehn bis 20 Jahre sind nur noch zwei Priester geplant", erklärt Karl Endisch, der als ältester Pfarrer die Leitung der Seelsorgeeinheit übernommen hat. Einer werde dann wohl in Neckargemünd - der größten Gemeinde - und einer in Bammental oder Mauer sitzen. Langfristig könnte es gar nur einer sein. Bisher wurden nur die Gottesdienstzeiten mancherorts verändert. "Es soll aber weiterhin zu verlässlichen Zeiten Gottesdienste geben." Dies zu entscheiden, sei dann Aufgabe des neuen Pfarrgemeinderates. Der setzt sich dann aus 24 Mitgliedern aus allen Gemeinden zusammen. Endisch: "Die neue Struktur wird Schritt für Schritt umgesetzt."

Im Steinachtal gibt es nun die neue Kirchengemeinde "Sankt Hildegund im Steinachtal". Ihr gehören Heiligkreuzsteinach und seine Ortsteile, Wilhelmsfeld, Schönau und Altneudorf an - wie schon bei der Seelsorgeeinheit Steinachtal. "Für uns hat sich nicht so viel geändert", meint deshalb Pfarrer Karlheinz Gaiser. "Wir haben schon immer eng zusammengearbeitet." Zuvor sei er Leiter der Seelsorgeeinheit und Pfarrer in den einzelnen Gemeinden gewesen. "Vorher war ich also drei Pfarrer, jetzt bin ich einer", fügt er schmunzelnd hinzu. An den Strukturen vor Ort soll sich nichts ändern. Es soll bei drei Kirchen und drei Gemeindehäusern bleiben. Es ist die organisatorische Ebene, die sich geändert hat. So gab es vorher vier Kassen: eine für jede Gemeinde und eine gemeinsame. Nun gibt es nur noch eine gemeinsame. Auch das sieht Pfarrer Gaiser als unproblematisch. "Alle drei Kirchengemeinden waren finanziell gleich stark", so Gaiser. Ein weiterer Grund, weshalb der Zusammenschluss aus Gaisers Sicht so unspektakulär verlief, ist, dass es bereits seit fünf Jahren einen gemeinsamen Pfarrgemeinderat gibt (vier Vertreter aus Heiligkreuzsteinach, drei aus Schönau und zwei aus Wilhelmsfeld). Dieser Rat hat übrigens auch den neuen Namen ausgewählt.

Eppelheim geht nun zusammen mit den elf katholischen Pfarreien der Nachbarstadt in der Stadtkirche Heidelberg auf. Zuvor gab es schon eine Seelsorgeeinheit mit den Heidelberger Stadtteilen Pfaffengrund und Wieblingen; deren Leiter war Pfarrer Johannes Brandt. Sein Aufgabenbereich hat sich nun vergrößert, in der Stadtkirche hat er die innere Leitung übernommen, ist also für die Mitarbeiter, den Pfarrgemeinderat (der sich künftig aus drei Vertretern jeder Pfarrei zusammensetzt) und den Stiftungsrat verantwortlich. "Und natürlich bleibe ich Ansprechpartner in Eppelheim", betont Brandt. Denn die Bezugsgröße bleibe die Pfarrei vor Ort. Sein Wunsch für die neue Stadtkirche: Dass Veränderungen nicht nur aus der Verlustperspektive betrachtet werden. Sicherlich könne die Kirche nicht mehr alles überall anbieten, doch dadurch ergeben sich Chancen. So gebe es bisher in Heidelberg und Eppelheim 33 Sonntagsgottesdienste. "Und die sind alle aus einem Guss", so Brandt. Zukünftig könnte man die Gottesdienste nach Zielgruppen gestalten, also für Kinder, Jugendliche oder Musikliebhaber. Die Eppelheimer sollten jedenfalls keine Angst haben, in Heidelberg unter die Räder zu kommen. "Der Kirchturm bleibt im Ort."

Spechbach gehört nun zur Kirchengemeinde Waibstadt. Diese umfasst wie die Seelsorgeeinheit Waibstadt, Spechbach, Epfenbach, Eschelbronn, Helmstadt-Bargen, Neckarbischofsheim, Neidenstein und Reichartshausen. Die Seelsorgeeinheit ist über die Jahre gewachsen, weil ein Pfarrer in Ruhestand ging und einer gestorben ist. Mit dem Wachsen der Seelsorgeeinheit hat auch das Reduzieren der Gottesdienste begonnen. Waren es anfangs elf Eucharistiefeiern, sind es seit drei Jahren sieben und drei Wortgottesdienste. "Ich bin da also schon vorausgegangen", sagt Maier. Der Prozess der Reduzierung ist einer der Nachteile, die Maier bei der Umstrukturierung sieht. Doch er sieht auch Vorteile, etwa bei den Finanzen, der Organisation oder der Verwaltung. Insbesondere freut er sich, dass die Seelsorgeeinheit nun einen Verwalter hat und er somit Zeit für seine eigentlichen Aufgaben hat. "Ich bin schließlich Theologe, kein Betriebswissenschaftler."

Neckarsteinach mit seinen Stadtteilen und Hirschhorn bilden die Kirchengemeinde Neckartal Maria-Immaculata Herz-Jesu. Geleitet wird sie von Pater Joshy, unterstützt wird er vom Pfarrvikar Pater Cyril. Dies wird vorerst auch so bleiben. Doch langfristig - spätestens ab 2015 - ist laut Pater Joshy für das Neckartal nur eine Stelle im Pastoralkonzept des Bistums Mainz vorgesehen. Seit 2010 haben Neckarsteinach und Hirschhorn übrigens schon einen gemeinsamen Pfarrgemeinderat. Eine der größten Veränderungen durch die Fusion ist laut Pater Joshy, dass mit der nächsten Pfarrgemeinderatswahl im November alle Gremiumsmitglieder von allen Gemeindemitgliedern gewählt werden. Bei der Gottesdienstordnung soll sich vorerst nichts ändern, sie sollen auch weiterhin im Wechsel stattfinden, sagt Pater Cyril. "Für die Gläubigen hat sich nicht viel geändert, aus zwei Verwaltungen ist einfach eine geworden", fasst Pater Cyril zusammen.

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