Sinsheim

Heiße Spur im Müll-Fall? (Update)

Am "Roten Weg" wird illegal Schrott abgeladen - Illegal entsorgter Unrat war in verdächtige Bettbezüge verpackt

14.01.2021 UPDATE: 28.01.2021 18:45 Uhr 3 Minuten, 56 Sekunden
In Bettbezüge verpackt, wurde der Müll am Parkplatz abgeladen. Nun gibt es Indizien, dass sehr ähnliche Pakete in einer Halle in einem Sinsheimer Stadtteil lagern. Foto: Tim Kegel

Sinsheim-Buchenauerhof. (tk) Müllmengen – so riesig, dass erfahrene Polizisten und Ordnungsamtsleute gestaunt hatten – sind, wie bereits gemeldet, kürzlich am "Roter Weg"-Parkplatz zwischen Weiler, Hilsbach und Buchenauerhof abgeladen worden. Besonders auffällig: Die mehr als zehn Kubikmeter an Unrat waren in bunte Bettbezüge gestopft und zu großen Bündeln zusammengezurrt worden. Wie die RNZ erfuhr, verfolgt die Polizei im Moment eine heiße Spur.

Sie führt zu einem Anwesen in einem Sinsheimer Ortsteil: Aus gut informierten Kreisen ist zu erfahren, dass in einer Lagerhalle auf dem Gelände "ähnliche Gebinde aufgefunden" wurden. Die Halle sei mit solchen "regelrecht vollgestopft". Ein Zeuge weiß, dass auf dem Anwesen Stoffreste und Altkleider verladen werden. Mit den Erkenntnissen konfrontiert, verweisen die mit dem Fall betrauten Behörden – der Polizeiposten in Angelbachtal und das Ordnungsamt der Stadt Sinsheim – auf die Abteilung Gewerbe und Umwelt der Polizei Mannheim, lassen aber durchklingen, dass ihnen der Sachverhalt bekannt ist. Und auch in der Quadratestadt bestätigen Polizeisprecher, dass es sich um mehr handeln muss, als nur um Gerüchte und Mutmaßungen.

Ganz klein wirkt 1,90-Meter-Mann Dietmar Weiland hinter dem enormen Müllberg, den Unbekannte am „Roten Weg“ beim Buchenauerhof abgekippt haben. Foto: Tim Kegel

Zwar werde nach wie vor "in alle Richtungen ermittelt"; dem Hinweis, dass in der "erwähnten Werkstatthalle ähnliche Gebinde an Müll aufgetaucht sein sollen", gehe man nach, könne den Ermittlungsstand nicht nennen, wolle diesen jedoch "nachreichen".

Gewerbe- und Umweltermittler seien an der Sache dran. In diesem Zusammenhang werde auch der Motivation des Verursachers nachgegangen. Es werde überprüft, ob es sich bei der illegalen Müllablagerung um eine Straftat gehandelt hat. Es sei "wichtig zu verhindern, dass weiterer Unrat und Müll unsachgemäß entsorgt werden".

Damit dies – zumindest am "Roter Weg"-Parkplatz – so schnell nicht mehr vorkommt, hat Forstrevierleiter Dietmar Weiland in den jüngsten Tagen Fakten geschaffen. Der beliebte Ausgangspunkt für Spaziergänge wurde gesperrt; ein Baum liegt quer. Seither dient das Gelände als Umschlagplatz für Stammholz, zumindest für die kommenden Wochen.

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Auch Weiland hat erfahren, dass das genannte Gelände eine Rolle bei der Suche nach dem Verursacher spielt: "Anscheinend gibt es da eine Spur", bestätigt er auf Nachfrage.

Update: Donnerstag, 28. Januar 2021, 18.42 Uhr


Wer macht denn so einen Müll am Buchenauerhof?

Von Tim Kegel

Sinsheim-Buchenauerhof. "Jetzt ist hier erst mal dicht", hat Dietmar Weiland beschlossen. Den Waldparkplatz am "Roten Weg" will er sperren. Ein trauriger Höhepunkt. "Warum sagt man diesen Leuten nicht: Holt euch einen Sperrmüll, das kostet nichts."

"Der Gipfel der Frechheit", ärgert sich Weiland. Illegale Müllablagerungen gab es immer wieder an dem entlegenen Ort, kurz oberhalb des Buchenauerhofs. Aber so etwas hat der Forstrevierleiter in 21 Jahren Sinsheimer Wald noch nicht gesehen. Und auch die zwei Polizisten, die er dazu gerufen hat, sind entsetzt: "In dem Ausmaß kennen wir das nicht."

Noch am Mittwochabend war Weiland am Parkplatz, alles war leer und friedlich. Über Nacht lagen sie da: "riesige Berge". Zusammengebundene Bettücher voll mit Müll, acht Stück, dazu überquellende Tüten. Deren Besitzer muss sie wahllos vollgestopft und zu monströsen Packen zusammengebunden haben, zehn bis zwölf Kubikmeter Müll.

Markante Schuhe könnten Hinweise auf die Verursacher geben. Foto: Tim Kegel

Der Inhalt der Laken blieb bis zuletzt unklar. Einiges deutet auf Hausrat hin, Styropor, Plastikspielzeug, zahlreiche Schuhe, obenauf liegt ein geknüpfter Läufer. "Besser erst mal nicht anfassen." Die modrig müffelnden Pakete holt der Bauhof der Stadt Sinsheim ab.

Es wirkt, sagt Weiland, so, als habe es "jemand eilig gehabt". Der Verursacher könnte einen Umzug planen, eine Räumungsklage am Hals haben, "oder etwas in diese Richtung". Fälle der vergangenen Jahre hätten gezeigt, dass oft auch das Leben illegaler Müllentsorger "nicht sonderlich aufgeräumt" ist. Ähnlich dürfte es bei jener Person sein, die immer mal wieder am "Roten Weg" vorbei kommt und einige Meter weiter Wodka-Fläschchen entsorgt. Wenn Weiland mit seinen Stiefeln das Laub wegtritt, kommt darunter ein regelrechter Teppich aus Wodka-Fläschchen zum Vorschein.

Der Parkplatz liegt an der Verbindungsstraße zwischen Waldangelloch und Weiler. In der Nacht ist es hier sehr einsam: Derjenige, der den Müll hier abgeladen hat, muss "zumindest einen Anhänger, eher einen Bus oder einen 7,5-Tonner" benutzt haben, vermutet Weiland. Nun werden Reifenspuren gesucht, nicht besonders erfolgversprechend.

Mehr Aufschluss über den Verursacher verspricht man sich durch die teils markanten Drucke auf den Stoffen, in die der Unrat gepackt wurde. Hohen Wiedererkennungswert hat auch ein graues Paar Filzpantoffeln aus dem Haufen, die mit besonderen Mustern bestickt sind. In Kombination mit einem weiteren Paar Schuhe – weiße, moderne Laufschuhe der Marke "Adidas" – könnte daraus "ein Schuh" werden und der Täter ermittelt.

"Wir nehmen den Fall ernst", heißt es im Ordnungsamt. Jetzt untersuchen Ermittler des Umwelt-Dezernats der Polizei Mannheim die Säcke. Die Spezialisten werden nach Briefköpfen, Schriftstücken und anderen Dingen Ausschau halten, die Hinweise auf den Verursacher geben. "Gut möglich, dass das Ganze dann einen strafrechtlichen Dreh nimmt", sagt Ordnungsamtschef Werner Schleifer. Allerdings liege der "Rote Weg"-Parkplatz im sogenannten "Dreiländereck" zwischen den Landkreisen Rhein-Neckar, Heilbronn und Karlsruhe; einem Streifen zwischen Hilsbach, Weiler, Reihen und Waldangelloch, in dem es oft zu wilden Müllablagerungen kam – Verursacher, so die Vermutung, wissen das und fahren zum Abladen über die Kreisgrenze.

"Fernseher, Computer, Telefone, Waschmaschinen, Mobiliar, Kühlschränke, Reifen, Karosserieteile", zählt Förster Weiland auf: "Wenn alles hier liegen würde, was ich am ,Roten Weg‘ schon gefunden habe", sagt er, "könnte man damit ein Haus einrichten." Keine Stunde später ruft das Ordnungsamt noch einmal zurück: An der Bundesstraße 292 zwischen Dühren und Eschelbach hätten Mitarbeiter "gerade eben erst dasselbe in Grün gefunden". Auch dort, in der Nähe einer Rast- und Haltebucht, türmten sich am Donnerstag Hausrat, Gerümpel, Matratzen und Bettgestelle kubikmeterweise. Die Corona-Zeit verstärke die illegale Müll-Ablagerung, bestätigt das Amt: "Wir sind uns nicht sicher, ob es faktisch mehr wird – oder ob es mehr wahrgenommen wird", heißt es dort.

Der 14. Januar – ein merkwürdiger "Müll-Tag" rund um Sinsheim, das fanden auch einige RNZ-Leser: Johannes Lang schickte Fotos aus Sinsheim; in der Nähe der Bahntrasse stadtauswärts sieht er "eine neue Mülldeponie" entstehen. In Neckarbischofsheim machte Cornelia Wagner in der Nähe der Heißäckersiedlung einen grausigen Fund: In einer Hecke war ein totes Kaninchen – weißes Fell, markante schwarze Tupfen – wie Müll entsorgt worden. "Was sind das für Menschen?", fragt sie.

Ort des Geschehens

Dasselbe fragt sich jetzt auch die Polizei Angelbachtal zum Fall am "Roten Weg": Wer Auffälliges beobachtet hat und Hinweise geben kann, wird gebeten, sich an Telefon 07265 / 911200 zu wenden.

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