Heidelberger Druckmaschinen

Gallus-Verkauf ist geplatzt (Update)

Heidelberger Druckmaschinen AG prüft Schadenersatzansprüche gegen Benpac – Unternehmen wollte Abschluss bis Ende Januar 2021 – Käufer gibt Schuldanerkenntnisse ab – Kartellamt hatte auf Pflicht hingewiesen

29.12.2020 UPDATE: 29.01.2021 21:15 Uhr 5 Minuten, 22 Sekunden
Ein Mitarbeiter in einer Werkshalle am Stammsitz der Heidelberger Druckmaschinen AG an einer Anlage zur Herstellung von gedruckter organischer Elektronik. Den Verkauf der Gallus-Gruppe kann das Unternehmen nicht wie geplant in diesem Jahr noch abschließen. Foto: dpa

Von Barbara Klauß

Wiesloch/Walldorf. Die Übernahme der Gallus-Gruppe durch Benpac ist geplatzt. Das hat die Heidelberger Druckmaschinen AG am Freitagabend mitgeteilt: "Der Verkauf der Gallus-Gruppe durch die Heidelberger Druckmaschinen AG an die schweizerische Benpac Holding AG ist nicht vollzogen worden", hieß es in der Mitteilung. "Die Benpac Holding AG hat zum heute terminierten Closing die vereinbarte Kaufpreiszahlung in Höhe von 120 Millionen Euro nicht geleistet, obwohl hierfür alle Voraussetzungen vorlagen." Gallus verbleibe bei Heidelberger Druckmaschinen. "Heidelberg wird seine Rechte geltend machen."

Im Juli 2020 hatte Heidelberger Druckmaschinen angekündigt, die Gallus-Gruppe an Benpac verkaufen zu wollen. Bis Ende des Jahres sollte die Transaktion ursprünglich über die Bühne gegangen sein. Kurz vor Silvester teilte Heideldruck jedoch mit, dass sich der Abschluss um einen Monat verzögere. Demnach habe die Käuferin mitgeteilt, "das Closing der Transaktion nicht mehr im Kalenderjahr 2020 durchführen zu können". Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass das Bundeskartellamt die Freigabe für den Verkauf erst am 23. Dezember erteilt hatte. Die Behörde wies die Verantwortung für die Verzögerung allerdings zurück. Der Grund liege vielmehr bei denjenigen, die das Vorhaben nicht beim Bundeskartellamt angemeldet hätten, erklärte eine Sprecher.

Laut Mitteilung vom Dezember sollte der Abschluss schließlich bis Ende Januar erfolgen. Am Donnerstag noch erklärte ein Benpac-Sprecher auf RNZ-Anfrage, der Closing-Prozess halte noch an. "Ich kann Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt auch nicht sagen, wann das Closing abgeschlossen sein wird." Die vereinbarten 120 Millionen Euro waren bis Freitagabend laut Heidelberger Druckmaschinen jedoch nicht geflossen. Benpac war am Abend nicht zu erreichen.

Die fünf Standorte und rund 430 Mitarbeiter der Gallus-Gruppe verbleiben nun laut Mitteilung bei Heidelberger Druckmaschinen. Wie es mit dem Unternehmen mit Sitz im Schweizerischen St. Gallen weiter geht, werde geprüft, erklärte ein Heideldruck-Sprecher auf Anfrage. Zudem prüfe Heidelberger Druckmaschinen alle rechtlichen Optionen, fügte er hinzu – insbesondere mögliche Schadenersatzansprüche.

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Im Dezember, als der Abschluss verschoben wurde, hatte der Eigentümer von Benpac, Marco Corvi, Heidelberger Druckmaschinen zufolge eine persönliche notarielle Schuldanerkenntnisse in Höhe des gesamten Kaufpreises von 120 Millionen Euro abgegeben – zur Sicherstellung, dass er den Heidelbergern den Kaufpreis tatsächlich zahlt.

Mit Blick auf das Geld, das dem angeschlagenen Druckmaschinenbauer nun fehlt, wies der Sprecher am Abend darauf hin, dass es mehrere Projekte gebe, um die Liquidität des Unternehmens zu sichern. So hat Heideldruck etwa gerade erst frei gewordene Flächen auf dem Werksgelände in Wiesloch/Walldorf für 50 Millionen Euro an VGP Industriebau verkauft. Auf das Jahresergebnis habe der geplatzte Verkauf keine unmittelbaren Auswirkungen, so der Sprecher. "Heidelberg geht weiter davon aus, die Ziele für das Geschäftsjahr 2020/21 (bis 31. März 2021) zu erreichen", hieß es in der Mitteilung von Freitag.

Zweifel an dem Deal mit Benpac gab es schon länger. So stellten laut "Luzerner Zeitung" Geschäftspartner, Mitarbeiter und Berater von Benpac in Frage, dass das Unternehmen mit Sitz in Stans tatsächlich so groß ist wie auf der firmeneigenen Website angegeben. Zudem sei in Bezug auf Inhaber und Gründer Marco Corvi die Zahlungsmoral ein wiederkehrendes Thema, hieß es. Corvi wies das der Zeitung zufolge zurück.

Der Verkaufsprozess sei sorgfältig und nach internationalen Standards durchgeführt worden, erklärte nun der Heideldruck-Sprecher. "Auf beiden Seiten waren Berater dabei." Beide Unternehmen wurden bei der Transaktion von renommierten Wirtschaftskanzleien beraten, wie aus Veröffentlichungen auf den jeweiligen Websites hervorgeht.

Update: Freitag, 29. Januar 2021, 21.15 Uhr


Wurde Gallus-Verkauf nicht angemeldet?

Von Barbara Klauß

Stans/Wiesloch. Das Bundeskartellamt hat die Verantwortung für die Verzögerung des Verkaufs der Gallus-Gruppe an das Schweizer Unternehmen Benpac zurückgewiesen. Der Grund für die Verzögerung liege nicht beim Bundeskartellamt, erklärte ein Behördensprecher auf RNZ-Anfrage, sondern vielmehr bei denjenigen, die das Vorhaben nicht beim Bundeskartellamt angemeldet hätten.

Im Juli hatte Heidelberger Druckmaschinen den Verkauf der Gallus-Gruppe an Benpac bekannt gegeben, der noch im Jahr 2020 abgeschlossen werden sollte. In der vergangenen Woche jedoch teilte Heideldruck mit, dass sich der Verkauf verzögere. Demnach soll er nun bis Ende Januar 2021 erfolgen, verschiebt sich also ins vierte Quartal des laufenden Geschäftsjahres.

Der Käufer habe mitgeteilt, "das Closing der Transaktion nicht mehr im Kalenderjahr 2020 durchführen zu können", erklärte Heideldruck. Am 23. Dezember erst hatte das Bundeskartellamt die Freigabe für den Verkauf erteilt. In der Zeit bis zum Jahresende sei das Closing, bei dem Versicherungen, Arbeitsverträgen und Bankbeziehungen teilweise neu geregelt werden müssten, nicht umsetzbar gewesen, erklärte Benpac-Gründer und -Inhaber Marco Corvi in der vergangenen Woche auf RNZ-Anfrage. Auf die Frage, weshalb die kartellrechtliche Prüfung nicht früher erfolgt sei, sagte Corvi im Dezember, beide Seiten (Verkäufer und Käufer) hätten vor dem Signing die kartellrechtliche Anmeldung abgeklärt. Dann habe das Bundeskartellamt mit Schreiben vom 18. November 2020 mitgeteilt, dass es die Akquisition von sich aus prüfen wolle.

Der Sprecher des Bundeskartellamts hingegen erklärte nun: Man habe die Ankündigung des Kaufs in entsprechenden Publikationen registriert, im Sommer Kontakt aufgenommen und darauf hingewiesen, dass eine Anmeldepflicht beim Bundeskartellamt bestehe. Daraufhin sei jedoch lange keine Anmeldung erfolgt. Zu wem das Amt im Sommer Kontakt hatte, dazu machte der Sprecher keine Angaben.

Auf die Anfrage, weshalb die Anmeldung beim Bundeskartellamt nicht früher erfolgte, reagierte Corvi zunächst nicht.

Update: Donnerstag, 7. Januar 2021, 19.18 Uhr


Gallus-Verkauf verzögert sich

Von Barbara Klauß

Wiesloch/Walldorf. Der Verkauf der Gallus-Gruppe an das Schweizer Verpackungsunternehmen Benpac Holding, den die Heidelberger Druckmaschinen AG im Juli angekündigt hatte und der noch in diesem Jahr wirksam werden sollte, verzögert sich. Das geht aus einer Mitteilung der Heidelberger Druckmaschinen vom Abend hervor. Demnach habe die Käuferin am Dienstag mitgeteilt, "das Closing der Transaktion nicht mehr im Kalenderjahr 2020 durchführen zu können".

Der Abschluss soll laut Heideldruck nun bis Ende Januar 2021 erfolgen. Damit verschöbe sich der Verkauf der Gallus-Gruppe ins vierte Quartal des laufenden Geschäftsjahres (bis 31. März). Benpac-Eigentümer Marco Corvi habe zur Sicherstellung der Kaufpreiszahlung gegenüber Heidelberg persönliche notarielle Schuldanerkenntnisse in Höhe des insgesamt ausstehenden Kaufpreises von 120 Millionen Euro abgegeben, teilte das Unternehmen weiter mit.

Vor wenigen Tagen erst, am 23. Dezember, hatte das Bundeskartellamt die Freigabe für den Verkauf der Gallus-Gruppe an Benpac erteilt. Damit lägen nun sämtliche Voraussetzungen für den Vollzug der Transaktion vor, die am 22. Juli vereinbart worden war, erklärte Heidelberger Druckmaschinen am Dienstag. Allerdings war das Vorhaben erst am 1. Dezember bei der Wettbewerbsbehörde angemeldet worden, wie aus einer Veröffentlichung auf der Website des Amts hervor geht. Grundsätzlich sind die am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen zur Anmeldung verpflichtet, in diesem Fall also Benpac und Gallus. Weshalb die Anmeldung so spät erst erfolgte, blieb am Dienstag Abend zunächst unklar.

Benpac ist ein Hersteller von Maschinen für die Druck- und Verpackungsindustrie mit Sitz im Schweizerischen Stans. Angaben auf der Website des Unternehmens zufolge beschäftigt die Holding rund 3650 Mitarbeiter in 38 Unternehmen weltweit und macht einen Jahresumsatz von rund 750 Millionen Schweizer Franken (umgerechnet derzeit gut 690 Millionen Euro). Medienberichten zufolge zweifeln ehemalige Geschäftspartner, Mitarbeiter und Berater diese Darstellung jedoch an. Zudem sei in Bezug auf Inhaber und Gründer Marco Corvi die Zahlungsmoral ein wiederkehrendes Thema, hieß es in der Luzerner Zeitung. Gerüchte und Mutmaßungen kommentiere Benpac nicht, erklärte Corvi dazu Anfang Dezember auf RNZ-Anfrage. Der Schweizer Zeitung gegenüber wies er jedoch alle Vorwürfe vehement zurück. Auch ein Heideldruck-Sprecher wollte damals Gerüchte, "insbesondere solche außerhalb unserer Sphäre", nicht kommentieren, erklärte jedoch: "Heidelberg hat die Transaktion nach den üblichen Standards durchgeführt."

Der Verkauf der Gallus-Gruppe ist Teil eines umfassenden Restrukturierungsprogramms des kriselnden Druckmaschinenbauers, das das Unternehmen im Frühjahr angeschoben hat. Dazu gehört die Konzentration aufs profitable Kerngeschäft im Bogendruck und die Veräußerung von Randbereichen.

Im Zuge dessen hat Heideldruck in der vergangenen Woche erst bekannt gegeben, einen Käufer für Teile seiner frei gewordenen Flächen am Stammwerk in Wiesloch gefunden zu haben. Rund 130.000 Quadratmeter seien an die VGP Gruppe veräußert worden, teilte das Unternehmen am 23. Dezember mit. Geplant sei ein neuer, moderner Industrie- und Gewerbepark. Als Kaufpreis nannte Heideldruck einen mittleren zweistelligen Millionen-Euro-Betrag.

Zudem hatte das Unternehmen Mitte Dezember bereits mitgeteilt, dass es sich aus der Druckchemikalien-Herstellung zurückziehen und seinen Produktionsstandort in Belgien an die DC Druck Chemie GmbH verkaufen werde, für 20,5 Millionen Euro. An dem Standort werden Druckchemikalien im Flexo- und Offsetdruck vorwiegend für den Verpackungs- und Akzidenzmarkt entwickelt und hergestellt.

Die Gallus-Gruppe mit Sitz in der Schweiz hatte der St. Galler Unternehmer Ferdinand Rüesch erst im Jahr 2014 an Heideldruck verkauft. Im Gegenzug bekam er ein Aktienpaket mit neun Prozent am Unternehmen, wurde dessen größter Einzelaktionär und später Mitglied des Aufsichtsrates. Mit dem Verkauf sollen alle Tochterunternehmen der Gallus-Gruppe mit rund 430 Mitarbeitern an fünf Standorten in Deutschland und der Schweiz auf Benpac übergehen.

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