Hirschberg

Zustimmung zu höheren OEG-Kosten mit der "Faust in der Tasche"

Verwaltungsausschuss diskutierte über Ausgleichszahlungen an die RNV - Zuschlag für Auswirkungen der Pandemie

12.11.2020 UPDATE: 13.11.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 38 Sekunden
Für die Anbindung Hirschbergs an die Linie 5 kommen mit einem Zuschlag für die Auswirkungen der Corona-Pandemie für das Jahr 2021 Kosten von knapp 657.000 Euro auf die Gemeinde zu. Foto: Kreutzer

Von Katharina Schröder

Hirschberg. Bahnfahren wird wieder teuerer – auch für die Kommunen. In der Sitzung des Verwaltungsausschusses am Mittwoch stand die Finanzierungsvereinbarung der Linie 5 (OEG) auf der Tagesordnung und erhitzte die Gemüter. Sabine Schmitt, Leiterin des Amts für Nahverkehr beim Rhein-Neckar-Kreis, und Stefan Prüfer von der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) standen in der Sitzung für Fragen zur Verfügung.

Alle zwei Jahre müssen die Ausgleichssätze, die die Kommunen an die RNV zahlen, damit sie die Bahnhöfe der Kommunen anfährt, neu festgesetzt werden. Berechnet wird dieser Ausgleich für die Gemeinde anhand von Nutzzugkilometern – also der Summe der von RNV-Zügen jährlich zurückgelegten Kilometer auf der Gemarkung abzüglich Leer- und Werkstattfahrten.

"Regelmäßige Kostensteigerung nicht nachvollziehbar"

Stefan Prüfer und Sabine Schmitt stellten für die beiden kommenden Jahre zwei Ausgleichssätze vor. Demnach soll der Zuschuss unter Berücksichtigung der Auswirkungen der Corona-Pandemie von 4,74 Euro auf 5,52 Euro im Jahr 2021 und auf 5,29 Euro pro Kilometer 2022 steigen. Das bedeutet, dass die Gemeinde insgesamt rund 657.000 Euro im kommenden Jahr und knapp 630.000 Euro 2022 zahlen muss. Ohne die Berücksichtigung der Pandemie wären es für das kommende Jahr 5,04 Euro und 5,14 Euro pro Kilometer für 2022 gewesen. Das wären insgesamt rund 600.000 Euro im kommenden Jahr und 2022 knapp 612.000 Euro. "Es gibt zwei Besonderheiten", sagte Schmitt. "Der Zuschlag wird nachträglich auf den Cent genau abgerechnet, und die Kommunen haben ein Sonderkündigungsrecht speziell für das Jahr 2022."

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"Es ist ein notwendiger, aber auch gangbarer Weg", fand Bürgermeister Ralf Gänshirt. Die anderen Ausschussmitglieder schlossen sich dem Vorschlag der Verwaltung, den Ausgleichssätzen mit dem coronabedingten Aufschlag zuzustimmen, zwar an. Allerdings fiel die Redewendung "mit der Faust in der Tasche" gleich mehrfach. Besonders deutliche Worte fand Alexander May (FW): "Das Geschäftsmodell der RNV finde ich ja gut. Immer wenn es nicht reicht, greift man eben den Kommunen in die Kasse." Er ärgerte sich weiter: "Wenn die RNV ein Dienstleistungsunternehmen im freien Markt wäre, würde sie den freien Markt nach zwei, drei Jahren nur noch von außen ansehen." Für May sind die regelmäßigen Kostensteigerungen trotz aller Kalkulation nicht nachvollziehbar.

Schmitt widersprach ihm, die Kalkulation sei sehr wohl nachvollziehbar. "Wir schauen, was die RNV vorlegt, die Kosten werden geprüft." Gänshirt sagte, man könne der RNV nicht vorwerfen, sich irgendwo zu bedienen. "Es gibt Bereiche, die kostendeckend sind, und andere, die man immer subventionieren wird." Der öffentliche Nahverkehr sei eben öffentlich.

Tobias Rell (FDP) schloss sich May an: "Es ist schade, dass die Umgebung keine Konkurrenz auf den Markt bringt, dann würde es anders aussehen." Den Ausflug in die Wettbewerbssituation bewertete Gänshirt als "obsolet".

Prüfer begründete die Steigerungen unter anderem mit Mehrkosten für gestiegene Personalkosten und höheren Aufwendungen für Gleiserneuerungen. An dieser Stelle setzte Kritik von Ferdinand Graf von Wiser (CDU) ein. "Wenn wir jedes Mal für Erneuerungen bezahlen, sollte das System dann nicht mal ein Niveau erreichen, bei dem dieser Zuschlag nicht jedes Jahr erhöht werden muss?"

Prüfer erklärte die Steigerungen mit wachsenden Standards und behördlichen Auflagen. An dieser Stelle ärgerte sich Gänshirt: "Standards sind wichtig, aber wir bauen Standards auf, bei denen wir uns überlegen müssen, ob wir sie uns noch leisten können." Das gelte nicht nur für die RNV, sondern in allen Bereichen, wie auch in Kindergärten, was den Bürgermeister sehr bedrückt. "Das treibt uns irgendwann an den Rand des Finanzierbaren."

Weniger hitzig betrachtete Claudia Helmes (GLH) die Situation. Es sei klar, dass man die Anbindung behalten will, da müsse man "in den sauren Apfel beißen." Matthias Dallinger (CDU) wollte noch wissen, ob sich die steigenden Personalkosten durch mehr Servicepersonal ergeben. Dem widersprach Prüfer. "In den nächsten Jahren haben wir bedingt durch die Altersstruktur einen erhöhten Ausbildungsbedarf", erklärte er. "Die neuen Fahrer müssen wir rekrutieren und ausbilden, erst dann können wir sie einsetzen."

Jörg Büßecker (SPD) wies noch darauf hin, dass die Finanzierungsvereinbarung mit der RNV 2023 auslaufe und neu über die Berechnung der Ausgleichssätze verhandelt werden müsse. An der Stelle bremste Gänshirt eventuell aufkommenden Optimismus: "Ich glaube nicht, dass es Quantensprünge geben wird." Schließlich seien die Kosten da und müssten auf die Kommunen verteilt werden.

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