Heiraten in Corona-Zeiten

Hochzeitsmesse und Aussteller unter dem Druck der Pandemie

Bund des Lebens? Nächstes Jahr bestimmt - Zum Ja-Wort sagen jetzt viele lieber Nein

25.10.2020 UPDATE: 26.10.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 22 Sekunden
Im Rahmen der Hochzeitsmesse informierten sich Paare unter anderem zu Eheringen. Mann und Frau wählen dafür meist Platin. Die schwankenden Goldpreise haben die Juweliere umdenken lassen. Foto: Christiane Barth

Von Christiane Barth

Sinsheim. Vor der noch geschlossenen Türe der Dr.-Sieber-Halle warten Frauen, eine Schlange hat sich gebildet. Viele kichern und sind aufgeregt. Als die Tür geöffnet wird, eilen alle nach oben, in den Saal, in dem sich eine Robe an die andere reiht, in dem Tortentürme aus Kunststoff und großformatige Ringe auf Plakaten das Messethema deutlich machen: Hochzeit. Und das mitten in der Pandemie. Da ist vieles nicht so leicht wie sonst. Zum Ja-Wort sagen daher viele Paare in diesem Jahr lieber Nein.

Viele haben ihre Hochzeit bereits zum wiederholten Mal verschoben. Was alles angesagt ist, wenn es nicht gerade mal wieder abgesagt wird, zeigten die 30 Aussteller der Hochzeitsmesse am Wochenende. Denn geheiratet wird vorwiegend nächstes Jahr, oder gleich 2022. 200 Messe-Tickets hat der Veranstalter im Vorfeld online verkauft – das sei in Anbetracht der Corona-Situation ein guter Start in das Messewochenende.

Zum vierten Mal fand die Hochzeitsmesse in Sinsheim statt, aber zum ersten Mal in der Dr.-Sieber-Halle. Die Stimmung unter den Ausstellern, vorwiegend aus der Region, war gut – trotz der strengen Hygienemaßnahmen, trotz der zahlreichen Absagen von Kollegen, die sich einen Messestand nicht mehr leisten können, und trotz des vermasselten Jahres. "Es haben viele Aussteller abgesagt, weil in diesem Jahr so viele Hochzeiten ausfielen und sie nicht mehr wissen, wie sie über die Runden kommen sollen: Die Branche ist sehr von der Krise betroffen", berichtet Petra Hartmann, Projektleiterin der Hochzeitsmessen in Heilbronn, Sinsheim und Pfedelbach. "Viele planen jetzt für 2022, manche ziehen ihre Hochzeit aber auch jetzt durch, in kleinem Rahmen." Hartmann spricht von einer schwierigen Planung der Veranstaltung: "Es ist im Vorfeld schwer einzuschätzen, wie die Messe läuft." Das Heilbronner Pendant eine Woche zuvor sei jedoch sehr gut besucht gewesen, obwohl der dortige Stadtkreis ein Corona-Hot-Spot ist. "Die Leute sind froh, dass überhaupt etwas stattfindet. Und die Aussteller waren dankbar."

Angehende Bräute, die ihre Freundin als engste Beraterin im Schlepptau haben, sind die Hauptklientel des Messesamstages. Was angesagt ist? Platin muss es sein, hautfarben, dezent und ohne Zucker. Superlative für den großen Tag im Leben? Schlicht ist schön, auch beim Hochzeitskleid kommt man jetzt ohne Raffung und Wallung aus, nur die Spitze und die Spagettiträger, die müssen sein.

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Doch die Feiern und die Vorbereitungen dafür werden immer aufwendiger: "Manche Paare fahren bis zu 300 Kilometer weit, um nach einem Kleid zu schauen", verrät Hartmann. Das Fest wird farblich komplett durchgestylt, alles aufeinander abgestimmt, nichts dem Zufall überlassen. Das bringt viele Dienstleister auf den Plan.

Das Brautkleid von heute kommt in Softtönen daher, Drei-D-Spitze, Chiffon und viel Transparenz: Die Frau darf Haut zeigen, viel Haut. Der Stoff korrespondiert das Gewagte mit "Nude"- oder Rosé-Tönen. Übrigens auch bei den Übergrößen. "Die Mädels wollen leicht fließende Stoffe haben", verrät Tina Schindler von "Marry me", einem Brautmodegeschäft in Angelbachtal. Das Kleid für einen einzigen Tag hat seinen Preis: Zwischen 1000 und 1500 Euro kostet der Traum aus Spitze und Transparenz.

Auch die Fotografie geht neue Wege, der Trend heißt "Boho-Hochzeit". Lichterketten, viele Blumen, Pampas-Gras: So umschreibt die Fotografin aus Zaberfeld, die sich Jennifer Corinna nennt, die Mittel, mit denen sie Emotionen einfängt. "Zurück zu Federn und Makramee, bisschen was von der Flower-Power-Zeit." Beliebt ist auch die Fotobox, die Schnappschüsse gleich zum Mitnehmen ermöglicht.

Konditormeister Thomas Siller, Inhaber des gleichnamigen Cafés und Kiosks im GRN, türmt seine Torten ohne klebrigen Guss: "Die Gäste wollen den Zucker nicht mehr", lautet seine Erfahrung. Die Süße kommt von den Früchten, der Geschmack von den Zutaten. Michaela Schell, Konditormeisterin aus Gundelsheim, ergänzt: "Beliebt sind Muffins als Ergänzung zur Hochzeitstorte. Das ist auch in Corona-Zeiten besser, weil handlicher." Anna Knauf, Floristikmeisterin aus Meckesheim, spricht außerdem vom Trend zu Stoffblumen. Und die Ringe: Da hat Platin dem unkalkulierbaren Gold längst den Rang abgelaufen.

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