Waibstadt: Das Altenheim wird zum Asylbewerberheim

Der Rhein-Neckar-Kreis mietet das Gebäude für fünf Jahre als Unterkunft an - Es soll Platz für bis zu 120 Bewohner bieten

23.08.2014 UPDATE: 23.08.2014 06:00 Uhr 2 Minuten, 32 Sekunden

Waibstadter Flüchtlingsunterkunft im ehemaligen Altenheim in der Hauptstraße. Foto: Keller

Von Günther Keller

Waibstadt. 70 Jahre lang war er Krankenhaus, dann fast 30 Jahre lang Altenpflegeheim, jetzt wird der neoklassizistische Bau an der Hauptstraße zum Asylbewerberwohnheim. Bis zu 120 Flüchtlinge will der Rhein-Neckar-Kreis ab nächsten Monat hier unterbringen. Das Landratsamt hat das Gebäude mit einer Nutzfläche von rund 1200 Quadratmeter von Eigentümer Dr. Siegfried Kreth angemietet - zunächst auf die Dauer von fünf Jahren. Kreth hatte die Immobilie vor viereinhalb Jahren dem Gemeindeverwaltungsverband Waibstadt abgekauft. Seither stand das Gebäude leer, weil sich mehrere Anläufe zur Weiternutzung offenbar zerschlagen hatten.

"Mit der Anmietung dieses Gebäudes konnte der Rhein-Neckar-Kreis eine Notunterbringung beispielsweise in Turnhallen gerade noch vermeiden", beschrieb Landrat Stefan Dallinger den Druck, dem sich der Kreis wegen der anhaltend hohen Flüchtlingszahlen derzeit ausgesetzt sieht. Ob das Domizil in Waibstadt, das im Volksmund nach wie vor als Altenheim bezeichnet wird, dauerhaft als Unterkunft für Asylbewerber genutzt wird, ist offenbar noch nicht absehbar. Wie das Landratsamt erklärte, wird sich die Zahl der Unterzubringenden auf jeden Fall ab 2016 reduzieren. Und zwar weil dann statt derzeit 4,5 Quadratmeter jedem Bewohner der Gemeinschaftsunterkünfte sieben Quadratmeter Fläche zustehen. Dann seien "deutlich unter 100 Personen" für Waibstadt vorgesehen, teilte der Kreis mit.

Angesichts der in diesem Jahr stark gestiegenen Flüchtlingszahlen ist die Landkreisverwaltung als untere Aufnahmebehörde allerorten auf der Suche nach weiteren Unterbringungsmöglichkeiten. Mit den bereits bestehenden Kapazitäten könne das Landratsamt seine Aufnahmepflicht nicht mehr erfüllen. Auch die sich derzeit im Bau befindliche Gemeinschaftsunterkunft in Wiesloch, die Planungen in Weinheim sowie die Anmietung von Wohngebäuden in verschiedenen anderen Gemeinden würden den Bedarf nicht decken können, hieß es. Bereits bis Mitte August des laufenden Jahres wurden dem Rhein-Neckar-Kreis nach Behördenangaben mit 707 Flüchtlingen fast so viele Personen zugewiesen wie im gesamten Vorjahr, in dem der Landkreis 837 Personen aufgenommen hat. Am Jahresende werden es nach der Prognose des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge dann nahezu 1200 Flüchtlinge sein, die der Rhein-Neckar-Kreis aufzunehmen und unterzubringen hat. Zudem werde sich der Kreis im kommenden Jahr auf mindestens ähnlich hohe Zuweisungszahlen einstellen müssen. Dies sei bei der Planung von Unterkünften nicht vorhersehbar gewesen und deshalb werden weiter zusätzliche Unterbringungsmöglichkeiten dringend gesucht. "In Waibstadt haben wir ein geeignetes Objekt gefunden", so Landrat Dallinger. Die Kreisverwaltung sei dankbar, dass sich der Eigentümer von der Notwendigkeit der Nutzung dieses Gebäudes zur Flüchtlingsunterbringung überzeugen ließ. Auch die Stadt mit Bürgermeister Joachim Locher war in die Gespräche eingebunden worden.

Das künftige Asylbewerberheim liegt in einem gutbürgerlichen Wohnquartier, das durchsetzt von einigem im südlichen Stadtgebiet. Hier wollte der Eigentümer ursprünglich Wohnraum schaffen, etwa für betreutes Wohnen. Auch ein Ärztehaus oder Dienstleistungszentrum waren angedacht.

Die Wohnheimverwaltung des Kreises wird nach Angaben des Landratsamts in den nächsten Tagen und Wochen gemeinsam mit der Stadtverwaltung besprechen, wie die Auswirkungen des Bezugs der neuen Unterkunft am besten bewältigt werden können. Als gutes Beispiel könnten die Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge in Spechbach oder auch die zwischenzeitlich allerdings beendete Unterbringung von Flüchtlingen in der ehemaligen Martinschule in Ladenburg dienen.

"Die zu uns kommenden Flüchtlinge sind auf unsere Hilfe und Unterstützung dringend angewiesen. Daher bin ich froh und dankbar, dass es gelungen ist in Waibstadt eine vorläufige Bleibe zu finden, die es den Flüchtlingen ermöglicht, sich mit unseren Verhältnissen vertraut zu machen", sagte Stefan Dallinger. Die Gemeinden seien für den Landkreis unverzichtbare Partner bei der Flüchtlingsaufnahme. Mit der Unterbringung in Waibstadt alleine könne das Landratsamt seine Aufgabe zur Aufnahme von Flüchtlingen aber nicht dauerhaft sicherstellen, so der Landrat weiter. "Der Rhein-Neckar-Kreis ist daher weiter auf der Suche nach geeigneten Standorten, die für die Unterbringung von Flüchtlingen genutzt werden können", appellierte er an die Kommunen im Kreis, das Landratsamt hier weiterhin zu unterstützen.

Die Hauptherkunftsländer der in den ersten sechs Monaten des Jahres 2014 in Deutschland registrierten Flüchtlinge sind Syrien, Serbien, Afghanistan, Eritrea, Albanien, Somalia, Mazedonien, Bosnien und Herzegowina, Russische Föderation und Irak. Welche Nationalitäten nach Waibstadt kommen sollen, ist bisher nicht bekannt.

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