Weinheim

Berckheim’sches Mausoleum mit Schmierereien beschädigt

Stadtführer Franz Piva reagiert schockiert - Anzeige erstattet

06.09.2020 UPDATE: 07.09.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 2 Sekunden
Die „Schmierfinken“ haben die Rückseite des Gebäudes verunstaltet. Fotos: Dorn

Weinheim. (keke) "Unglaublich! Wer macht denn so etwas und warum?" Franz Piva ist erschüttert. Der Mann, der normalerweise die Ruhe und Freundlichkeit in Person ist, zürnt. Grund seines Ärgers ist eine Entdeckung, die er lieber nicht gemacht hätte: Bei einer seiner Stadtführungen vergangene Woche bemerkte er die Schmierereien an den Außenwänden des Berckheim’schen gräflichen Mausoleums am südöstlichen Ende des Schlossparks.

Hier, am höchstgelegenen Punkt der Parkanlage, war in den Jahren 1908 bis 1913 auf 264 Quadratmetern und nach Plänen des Dombaumeisters von Mainz, Professor Ludwig Becker, die Kapelle mit Gruft errichtet worden. Sie enthält 39 Grabkammern. Die Besonderheit der Gruft: Über die heute im Mannheimer Technoseum befindliche, von Hand zu bedienende älteste Hydraulik-Anlage des Landes wurden die Särge von der Kapelle aus in die Tiefe hinabgelassen.

Franz Piva an der Tür der Kapelle.

"Das monumentale Grabmal im byzantinischen Stil mit Säulenportikus stellt ein Kleinod dar und wird als eines der wichtigsten Werke im Schaffen des Dombaumeisters gewertet", berichtet Piva von der Kapelle, die baugeschichtlich dem Jugendstil zuzuordnen sei. Prägend für das Innere der kleinen Kapelle mit Mausoleum sind die aufwändigen Wandmalereien rund um den Altar.

Erbaut wurde die Kapelle unter Siegmund Theodor Friedrich Graf von Berckheim (1851-1927). Dieser war Gesandter des Großherzogtums Baden beim Deutschen Kaiser in Berlin. Die Erhaltung des Grabmals stehe aus wissenschaftlichen und heimatgeschichtlichen Gründen im öffentlichen Interesse, stellte im Oktober 1987 das Landesdenkmalamt fest.

Ihm sei schleierhaft, wie jemand auf die Idee kommen könne, Mauern zu beschmieren, hinter denen Menschen ihre letzte Ruhestätte gefunden haben, kann sich Piva kaum beruhigen. Möglicherweise seien die Schmierereien schon vor längerer Zeit angebracht worden: Da er die Kapelle bei seinen Spaziergängen nicht jedes Mal umrundet, habe er die "Graffiti" erst jetzt entdeckt "und sofort Anzeige erstattet".

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Das Mausoleum, um dessen Restaurierung sich seit 2013 der von Piva mitbegründete "Freundeskreis Kapelle im Schlosspark zu Weinheim" kümmert, zählt zu den beliebtesten Anlaufstationen seiner Stadtführungen. Interessierte konnten vor gut sieben Jahren erstmals seit der Beisetzung des international berühmten Rennfahrers Philipp Constantin Graf von Berckheim (1984) den Bau von innen besichtigen. Zuvor hatte der Freundeskreis die Bausubstanz sichern lassen. Anschließend folgten, jeweils an den Vorgaben des Denkmalamtes orientiert, technische Verbesserungen, etwa Leitungen für elektrisches Licht durch die Stadtwerke. Auch die Gitter an den Fenstern wurden neu verschweißt.

Mitarbeiter der Stadt werteten den Außenbereich gärtnerisch auf. Dank weiterer großzügiger Sponsoren konnten das Dach der Kapelle mit Schiefer neu gedeckt und die Kuppel über dem Portal von Unkraut befreit werden.

Nicht alle 39 Grabkammern sind belegt. Ihre letzte Ruhestätte fanden hier lediglich die Gebeine von Christian Friedrich Gustav Freiherr von Berckheim (1817-1889) und von Ida Wilhelmine Freifrau von Berckheim, geborene Gräfin Waldner von Freundstein (1824 -1907).

Außerdem ruhen hier die sterblichen Überreste von Rudolf Theodor August Freiherr von Berckheim (1856-1889), Siegmund Theodor Friedrich Graf von Berckheim (1851-1927), Adolfine Marie Gabriele Gräfin von Berckheim, geborene Freiin Wambolt von Umstadt (1859-1919), Christian Theodor Anton Freiherr von Berckheim (1890-1925), Philipp Christian Paul Graf von Berckheim (1883-1945) sowie Philipp Constantin Graf von Berckheim (1924-1984). Eine leere Grabkammer mit Inschrift erinnert darüber hinaus an Kapitänleutnant Egenolf von Berckheim (1881-1915), der als U-Boot-Kommandant im Ersten Weltkrieg blieb.

Pivas Zorn mittlerweile etwas besänftigen konnte eine Weinheimer Fachfirma. Diese sagte zu, die Schmierereien zu beseitigen, kostenlos.

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