Großbrand Ladenburg

So perfekt lief der Feuerwehr-Einsatz - Kritik an der Firma (Update/Fotogalerie)

Hauptlöscharbeiten dauerten bis zum späten Dienstagabend - Bürgermeister Schmutz: "Erst Corona und jetzt das" - Schaden in Millionenhöhe

19.05.2020 UPDATE: 21.05.2020 19:09 Uhr 5 Minuten, 54 Sekunden
​Foto: PR Video

Von Axel Sturm

Ladenburg. Solch einen Großbrand wie den vom Dienstag gibt es nicht alle Tage in Ladenburg. Als die Feuerwehrleute sechs Minuten nach dem Alarm vor der brennenden Lagerhalle mit der gigantischen Rauchsäule, die man sogar im Kraichgau sehen konnte, standen, war schnell klar: Das ist eine Nummer zu groß für die Freiwillige Feuerwehr, also holte man aus der ganzen Region Verstärkung. Fest steht: Der Schaden geht in die Millionen, die Brandursache ist weiterhin unklar. Unterdessen mehr sich die Kritik an der Kunststofffirma und vor allem an ihren Produktionsbedingungen.

Es gibt nicht viele Vorteile durch die Coronakrise. Einer aber kam der Ladenburger Feuerwehr am Dienstag zugute: Weil viele Mitglieder im Homeoffice waren, konnte für den Großeinsatz schnell eine Mannschaftsstärke erreicht werden, die es an "normalen" Tagen so nicht gibt. Als um 10.45 Uhr von der Leitstelle der Alarm ausgelöst wurde, waren wenige Minuten später schon die ersten zehn Feuerwehrleute im Gerätehaus. Um 10.51 Uhr erreichten die ersten Fahrzeuge die Halle. Als Einsatzleiter Pascal Löffelhardt vor Ort eintraf, war schnell klar: Dieses Feuer ist für eine Wehr ein paar Nummern zu groß. Die Rettungsleitstelle informierte alle Feuerwehren des Unterkreises, und auch die Berufskollegen aus Mannheim und Heidelberg rückten an.

Unterstützung kam unter anderem von der Walldorfer Wehr mit einem modernen Löschfahrzeug mit Gelenk-Wasserspritze. Und warum wurde kein Löschschaum verwendet? Die Weinheimer Wehr war schließlich mit einer großen Menge nach Ladenburg angerückt. "Beim Einsatz von Löschschaum muss die Kanalisation abgesperrt werden, damit keine Chemikalien in das öffentliche Wassernetz gelangen können. Dieses Risiko wollten wir nicht eingehen", erklärte der Ladenburger Kommandant Harald Lange. Bis zu 18 000 Liter Wasser pro Minute flossen zum Löschen durch die Schläuche.

Zwischendurch ließ der Wasserdruck merklich nach, sodass die Berufsfeuerwehr Mannheim eine 700 Meter lange Wasserleitung vom Neckar zur Brandstelle verlegen musste. "Mehr Wasser kann man aus dem öffentlichen Netz nicht bekommen", sagte Kommandant Lange. "Bei einem solchen Großbrand ist man machtlos." Über Nacht hielten die Wehrleute Brandwache und löschten bis in die frühen Morgenstunden immer wieder kleinere Brandherde, die drohten, sich erneut zu entzünden. Die Wehren waren bis etwa 5 Uhr am Mittwochmorgen vor Ort.

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"Bei diesem Einsatz wurde alles richtig gemacht", lobte Kreisbrandmeister Udo Dentz die einwandfreie Zusammenarbeit l unter den Wehren, der Polizei und den Rettungsdiensten. Die Einsatzleitung hatte der erst 28-jährige Pascal Löffelhard. Nach dem Brand ging die Arbeit weiter: Atemschutzgeräte und rund 4000 Meter Feuerwehrschläuche mussten geprüft werden. Dabei kam heraus, dass einige der 20-Meter-Schläuche beim Einsatz aufgeschlitzt wurden oder Brandschäden aufwiesen.

Die Lagerhalle ist einsturzgefährdet, und das Kriminalkommissariat Mannheim hat die Ermittlungen aufgenommen. An Produktionsmaschinen, gelagertem Material und dem Gebäude entstand ein Sachschaden in Millionenhöhe. Die Brandursache ist nach wie vor unklar.

Die Ladenburger Feuerwehrleute kannten sich am Unglücksort der Firma RTP am besten aus. Allein im vergangenen Jahr wurden die Floriansjünger der Stadt 13 mal dorthin gerufen. "Jedes Mal war es Fehlalarm", so Kommandant Lange. Ein anderer Feuerwehrmann (der Name ist der Redaktion bekannt) berichtete von bedenklichen Zuständen in der Produktionsstätte. Weil oftmals die Abzugshauben für Ruß und Chemikalien, die bei der Herstellung des Kunststoffgranulats gebraucht werden, nicht funktionierten, war die Halle mehrfach verrußt.

Die Kommunikation mit der Firma sei praktisch nicht möglich, denn die meisten Mitarbeiter sprächen nur Polnisch. "Der Umzug von RTP an einen Standort in Polen stand wohl unmittelbar bevor", sagte der Feuerwehrmann. RTP gehöre mittlerweile einem amerikanischen Konzern, der die Unglücksstelle nach Abzug der Feuerwehr mit Wachleuten sofort absperrte.

Update: Donnerstag, 21. Mai 2020, 19.09 Uhr


Ladenburg. (pol/mün) Nach dem Großbrand am Dienstag ist die betroffene Industriehalle des Unternehmens RTP-Kunststoffe einsturzgefährdet. Das teilt die Polizei am Mittwoch nach einer ersten Begehung des Brandortes mit. Jetzt muss ein Statiker das Gebäude untersuchen. Erst wenn er die Freigabe erteilt, dann kann die Kriminalpolizei den Brandort untersuchen. Die Ermittler gehen schon jetzt von einem Schaden in Millionenhöhe aus.

Die Löscharbeiten hatten noch bis in die späten Abendstunden angedauert. Die Brandwache musste in der Nacht zum Mittwoch immer wieder kleinere Brandherde löschen, berichtet die Polizei.

Die Straßensperrungen konnten gegen 21 Uhr am Dienstagabend aufgehoben werden. Sie waren notwendig, weil die Feuerwehren Löschwasser aus dem mehrere Hundert Meter entfernten Neckar ziehen mussten.

Update: Mittwoch, 20. Mai 2020, 15.34 Uhr


500-Meter-Rauchsäule - Warnung vor der Asche

Ladenburg. (pri/dpa/mare/stu) Gegen 11 Uhr verdunkelte sich in Ladenburg schlagartig der Himmel. Schon von weitem war der rund 500 Meter hohe schwarze Rauchpilz zu sehen, der aus einer Industriehalle der Firma RTP-Kunststoffe in den Himmel stieg. Die Firma stellt Kunststoffgranulate für die Fertigung von Autoarmaturen her, das beim Verbrennen schwarzen Qualm erzeugt.

Die Polizei machte Durchsagen per Mikrofon in den Straßen Ladenburgs, dass die Menschen umgehend nach Hause gehen sollen. Die Asche, die vom Himmel fällt, sei gesundheitsgefährdend und es könnten heiße Partikel auf den Boden fallen.

Vor zwei Jahren wählte die Ladenburger Feuerwehr diese Firma als Übungsort, sodass sich die Wehr aus Ladenburg auf dem RTP-Gelände bestens auskennt.

Polizeisprecher Dennis Häfner sagte der RNZ vor Ort, dass in einer Halle kurz vor 11 Uhr eine Maschine in Brand geriet. Die Flammen schlugen so hoch, dass sich das Hallendach in Windeseile entzündete. Zunächst war von 13 leichtverletzten Mitarbeitern die Rede, die nicht im Krankenhaus behandelt werden müssten. Später hieß es, dass die 13 Mitarbeiter zunächst als "leicht verletzt eingestuft" worden waren, die Untersuchung dann aber ergeben habe, dass niemand verletzt worden sei.

Fünf Mitarbeiter, die sich zum Zeitpunkt des Maschinenbrandes in der Halle befanden, konnten den Unfallort selbstständig verlassen. Weil Verdacht auf Rauchvergiftung bestand, wurden die Mitarbeiter der Firma RTP von den Sanitäts-Rettungskräften untersucht. "Den Personen scheint es soweit gut zu gehen", sagte der Polizeisprecher vor Ort. Weitere Personen würden sich nicht in der Halle befinden, niemand werde vermisst, so Häfner. 

Zur Bekämpfung des Feuerwehrs waren alle Wehren des Unterkreises im Einsatz. Pausenlos trafen Feuerwehren ein: Die Wehren aus Heddesheim, Edingen-Neckarhausen, Schriesheim und Dossenheim unterstützten die Ladenburger Wehr. Am Ende waren schätzungsweise 200 Kräfte vor Ort im Einsatz.

Zu retten war an der Halle jedoch nichts mehr: Die Feuerwehren verhinderten allerdings einen Übergriff der Flammen auf die benachbarte Firma ABB. Wegen der starken Rauchentwicklung mussten die ABB-Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz umgehend verlassen. Auch die Evakuierung des ABB-Gebäudes verlief ohne Zwischenfälle.

Im Einsatz war auch die Schadstoffmess-Abteilung der Feuerwehr, die permanent Messungen rund um das Gelände und in der Stadt Ladenburg selbst veranlasste. Auch in Heidelberg wurden Anwohner vorsorglich gebeten, Fenster und Türen geschlossen zu halten und Lüftungen und Klimaanlagen abzuschalten. Die Feuerwehr Heidelberg nahm mit einem Messfahrzeug in den Stadtteilen Handschuhsheim, Wieblingen und Pfaffengrund Messungen vor. Bei allen Messungen wurden keine Schadstoffe festgestellt.

Die Stadtverwaltung rief schon kurz nach 11 Uhr dazu auf, wegen der starken Rauchentwicklung die Fenster und Türen der Wohngebäude zu schließen. Klima- und Lüftungsgeräte sollten wegen der beißenden Luft möglichst abgeschaltet werden.

Auch Ladenburgs Bürgermeister Stefan Schmutz und Polizei-Revierleiter Peter Oechsler waren vor Ort. "Erfreulich ist erst einmal, dass es keine Schwerverletzen zu beklagen gibt", sagte Schmutz und dankte allen Einsatzkräften. "Erst die Corona-Krise und jetzt solch ein Großbrand, das hätte Ladenburg wirklich nicht gebraucht." Lob hatte er auch für die neue Bürger-App übrig, die bei der Warnung der Menschen sehr geholfen habe.

Oechsler sagte, dass die Kripo bereits die Ermittlungen aufgenommen habe. Auch er lobte die Zusammenarbeit der Rettungskräfte. Vor fast drei Jahren waren Schmutz und Oechsler schon einmal bei einem Großbrand im Industriegebiet Ladenburg im Einsatz. Damals brannte eine Industriehalle neben der Wäscherei Witteler und auch damals stieg eine riesige schwarze Rauchsäule auf, die noch in entfernten Orten zu sehen war.

Die Brandbekämpfung war für die Rettungskräfte intensiv. Die Feuerwehrleute konnten nur mit Atemschutzmasken die Unglücksstelle betreten, so stark war die Rauchentwicklung, die zudem zahlreiche Schaulustige an die Brandstelle lockte. Störungen durch die Schaulustigen habe es aber nicht gegeben, meinte der Polizeisprecher. 

Feuerwehreinsatzleiter und stellvertretender Kommandant der Ladenburger Wehr, Pascal Löffelhardt, bezeichnete den Einsatz als für alle Feuerwehrangehörige sehr belastend. "In solch einem Rauch zu stehen, das kostet Kraft." Die zentrale Wasserversorgung ging irgendwann zu Ende, sodass die Wehr über eine 700 Meter lange Leitung Wasser aus dem Neckar abgezogen hat. "Ich schätze, dass die Löscharbeiten noch bis in die späten Abendstunden andauern werden", sagte Löffelhardt. In der Nacht soll eine Brandwache vor Ort bleiben. 

Update: Dienstag, 19. Mai 2020, 17.15 Uhr


Die Rauchsäule ist weitihn sichtbar. In Ladenburg ist es am Dienstagmorgen zu einem Großbrand gekommen. Über die Warn-App "Nina" wurde mitgeteilt, dass Brandgase bei einem Industriebrand freigesetzt wurden.

Es wird empfohlen, Fenster und Türen zu schließen, da es zu Geruchs- und Sichtbehinderungen kommt.

Gegen 10.45 Uhr war es in der Kunststofffabrik bei der Firma RTP in der Wallstadter Straße zu dem Feuer gekommen. Dort gab es nach ersten Erkenntnissen Explosionen nach einem Maschinenbrand.

Die Rettungkräfte sind mit einem Großaufgebot vor Ort. Die Feuerwehren des Unterkreises Ladenburg aus Ladenburg, Heddesheim, Ilvesheim, Schriesheim, Dossenheim und Edingen-Neckarhausen, sowie die Feuerwehren aus Leimen, Walldorf, der Werkfeuerwehr Freudenberg (und noch weitere) sind derzeit Einsatz.

 "Der Rauch zieht in Richtung Westen, wir müssen dafür sorgen, dass alle Anwohner ihre Fenster geschlossen halten", sagte ein Polizeisprecher am Dienstag. Ersten Erkenntnissen zufolge wurde niemand verletzt, die Firma ist geräumt. Die Nachbargebäude wurden zwischenzeitlich ebenfalls evakuiert. Die Ursache sowie eine mögliche Schadenshöhe des Brandes waren zunächst nicht bekannt.

Ort des Geschehens

Update: Dienstag, 19. Mai 2020, 12.32 Uhr

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