Heidelberger Zimmertheater

"Die Niere" liegt derzeit auf Eis

Das Heidelberger Zimmertheater in Zeiten von Corona

31.03.2020 UPDATE: 01.04.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 22 Sekunden
Geschlossen für Besucher sind zur Zeit die Türen des Zimmertheaters in der Altstadt – vorläufig bis 30. April. Foto: Friederike Hentschel

Von Ingeborg Salomon

Heidelberg. Gerade war noch alles so schön: Das Zimmertheater feierte am 7. Januar seinen 70. Geburtstag, im September 2019 hatte Intendantin Ute Richter ihren 80. begangen – beides mit eindrucksvollen Festveranstaltungen, obwohl die Prinzipalin dafür bekannt ist, dass sie als Person nicht so gerne in der Öffentlichkeit steht. Gefühlt sind diese Festlichkeiten nicht erst ein paar Monate, sondern schon sehr lange her – in der Vor-Corona-Zeit eben. Jetzt ist das Zimmertheater für die Öffentlichkeit geschlossen, zunächst bis 30. April, so die Homepage. Was aber nicht bedeutet, dass in dem weitläufigen Gebäude nichts passiert.

Als die RNZ die Intendantin auf ihrem Handy erreicht, ist Ute Richter im Zimmertheater (wo auch sonst?) und beim Aufräumen. Gemeinsam mit einer Putzfrau nimmt sie sich Zimmer für Zimmer gründlich vor. Dabei schaut sie in dem ehrwürdigen Haus auch gleich nach Schäden, die bisher vielleicht noch nicht entdeckt worden sind. "Wir haben eine Liste gemacht und arbeiten die jetzt ab. Das tut der Sache gut", unterstreicht sie energisch. Derzeit könne man sich ja noch beschäftigen und im Übrigen sei sie der Ansicht, dass im Bett liegen wirklich krank mache. Alle anderen Mitarbeiter des Zimmertheaters und die Schauspieler seien zuhause. "Diese Situation ist für uns alle unsäglich traurig", fügt sie leise hinzu.

Eigentlich sollten nämlich jetzt die Proben für die nächste Premiere auf Hochtouren laufen und im Haus dementsprechend viel Leben herrschen. "Die Niere", eine Komödie von Stefan Vögel, steht auf dem Programm; inszenieren wird Joosten Mindrup. Die Heidelberger haben den 53-Jährigen letzten Sommer erlebt, als er im Zimmertheater "Bildung für Rita" auf die Bühne brachte. Die spritzige Komödie um einen Professor und seine Studentin – wie geschaffen für eine Universitätsstadt wie Heidelberg – kam bei Publikum und Presse bestens an. Auch deshalb hatten sich viele Stammgäste schon auf "Die Niere" gefreut.

Ute Richter.Foto: Philipp Rothe

Das Vier-Personen-Stück erzählt die Geschichte eines Stararchitekten, der endlich den ganz großen Auftrag an Land gezogen hat. Der Triumph soll mit einem befreundeten Ehepaar gefeiert werden, da platzt die Architekten-Gattin mit einer folgenschweren Nachricht heraus: Sie braucht dringend eine neue Niere, das hat eine Routineuntersuchung ergeben. Aber wer soll die spenden? Gatte Arnold, der in Frage käme, sich aber windet wie ein Aal. Oder der befreundete Götz, der ebenfalls als Spender in Frage käme. Dieser sagt ohne Umschweife "Ja" – und tritt damit eine Lawine los, die die Freundschaft der beiden Paare aber auch deren nicht mehr so ganz intakte Ehen auf eine harte Probe stellt.

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Nun also Stillstand statt Proben und Premierenvorbereitungen. "Es wird weitergehen und Corona trifft alle. Wir haben schon Schlimmeres überstanden", macht Ute Richter (auch sich selbst) Mut. Die vier Schauspieler, die in der "Niere" auf der Bühne stehen sollen, hätten ja Verträge, die irgendwie auch erfüllt werden müssten. Irgendwie. Philip Leenders, Lena Sabine Berg, Tina Rottensteiner und Christian Schulz sind nun zu Hause und haben viel Zeit ihre Texte zu studieren. Proben – auch mit großem Abstand – sei keine Option, so Richter.

Sie macht kein Hehl daraus, dass die unklare Corona-Situation für das Zimmertheater und für alle Beteiligten "ein richtiges Dilemma" sei. "Wir müssen warten. Wenn man nur wüsste, wie lange", so Ute Richter. Diese Ungewissheit ist für die umtriebige Intendantin, von der bekannt ist, dass Geduld nicht zu ihren großen Stärken zählt, schwer zu ertragen. "Ich bin auch nicht so gut zu Fuß, da fällt spazieren gehen aus. Ich mach gerade die Steuer", gibt sie noch einen kleinen privaten Einblick.

Gelöst ist im Zimmertheater inzwischen die Nachfolge-Frage. Wer, wann, wie Ute Richter beerben wird, bleibt aber noch geheim. "Es ist eine Entscheidung gefallen, aber die ist noch nicht zur Veröffentlichung freigegeben", so Ute Richter. Auch hier heißt es also Warten.

Info: Aktuelle Informationen unter www.zimmertheaterhd.de

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