CDU-Spitzenkandidatin im RNZ-Interview

Kultusministerin Eisenmann über Koalition, Parteitag und Wahlchancen

Am Samstag soll sie gekürt werden - "Wir haben die besseren Antworten"

24.07.2019 UPDATE: 25.07.2019 06:00 Uhr 3 Minuten, 14 Sekunden

Möchte die erste Ministerpräsidentin von Baden-Württemberg werden: Kultusministerin Susanne Eisenmann. Foto: dpa

Von Roland Muschel, RNZ Stuttgart

Stuttgart. Kultusministerin Susanne Eisenmann soll am Samstag von einem Sonderparteitag der CDU zur Spitzenkandidatin für die nächste Landtagswahl gekürt werden. Die 54-Jährige traut sich zu, ihre Partei 2021 zum Wahlsieg zu führen - unabhängig, ob Winfried Kretschmann nochmal für die Grünen antritt oder nicht.

Frau Eisenmann, wann war Ihnen das erste Mal klar: Ich will CDU-Spitzenkandidatin werden?

Als ich vor drei Jahren das Amt der Kultusministerin übernommen habe, war das kein Thema. Es war eher ein Prozess. In den vergangenen eineinhalb Jahren haben sich Partei und Fraktion zunehmend mit der Frage befasst: Wie gehen wir 2021 in die Landtagswahl, um wieder stärkste Partei zu werden? Viele sind dann auf mich zugekommen, weil ihnen zugesagt hat, wie ich arbeite, einbinde, entscheide. In der Phase habe ich begonnen, darüber nachzudenken, erst weniger, dann mehr.

Sie mussten jetzt aber nicht zum Jagen getragen werden?

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CDU Baden-Württemberg: Wer wird der Spitzenkandidat 2021?

Nein.

Wie haben Sie Thomas Strobl überzeugt, dass Sie die Richtige sind - und nicht er?

Das war ein langer gemeinsamer Abwägungsprozess - und ich freue mich über das Ergebnis.

Gibt es Absprachen für 2021?

Der Landesvorsitzende und der Landesvorstand sind bis zum Frühsommer 2021 gewählt. Deshalb wären eventuelle Koalitionsverhandlungen natürlich ein gemeinsamer Prozess.

Thomas Strobl wäre als Minister in einem Kabinett Eisenmann gesetzt?

Ich rate dringend, Posten erst zu vergeben, wenn man sie sich erkämpft hat. Gesetzt ist daher gar niemand.

Glauben Sie, die CDU hat gegen die Grünen überhaupt eine Chance? Oder hängt das davon ab, ob Winfried Kretschmann nochmal antritt?

Einen Automatismus, wenn die oder der antritt, ist die Wahl gelaufen, gibt es nicht. Die Wähler entscheiden vergleichsweise kurzfristig. Die Menschen treibt um, wer die besseren Antworten auf den gesellschaftlichen und technologischen Wandel haben wird, wer die Themen kraftvoller und überzeugender angeht. Das ist essenziell, nicht, wer die Grünen in die nächste Wahl führt.

Was setzen Sie Kretschmanns Popularität im Fall des Falles entgegen?

Ich schätze Winfried Kretschmann sehr. Die acht Jahre, die er bislang regiert, haben Baden-Württemberg nicht geschadet. Aber 2021 geht es um fundamentale Zukunftsfragen: Wie sieht die Arbeitswelt künftig aus? Wie verändert etwa Telearbeit Wohnen und Mobilität? Wo steht Baden-Württemberg 2030? Und wer kann das Land tatkräftig in die Zukunft führen? Da haben wir die besseren Antworten.

Die Autobosse zeigen sich gern mit Winfried Kretschmann. Wirtschaftschefs wie Reinhold Würth oder Trigema-Chef Wolfgang Grupp bekunden öffentlich, dass sie grün wählen. Hat die Ökopartei die CDU wirtschaftspolitisch überholt?

Dass uns die Grünen die Wirtschaftskompetenz streitig machen können, sehe ich nicht. Winfried Kretschmann bemüht sich um die Wirtschaft. Aber er verkörpert damit nicht die grüne Partei. Ich will nicht wissen, wie fatal sich eine grün-rot-rote Bundesregierung auf Wirtschaft, Wachstum und Arbeitsplätze auswirken würde. Ich sehe auch nicht, dass Herr Kretschmann wahnsinnig viel getan hätte, um Start-Ups mit Steuererleichterungen zu helfen oder eine Unternehmenssteuerreform voranzubringen. Wirtschaftskompetenz gewinnt man nicht mit schönen Fernsehbildern allein. Dazu gehört auch, Rahmenbedingungen zu bieten, die Arbeitsplätze sichern oder schaffen. Dafür steht die CDU, nicht die Grünen.

Was sind zentrale CDU-Antworten auf Zukunftsfragen?

Unser Konzept für den Wahlkampf wollen wir gemeinsam entwickeln. Ich will da aber mit einer neuen Offenheit rein. Wenn die jüngere Generation sagt, ausgehend von der Urheberrechtsreform, sie fühlt sich von der CDU nicht ernst genommen, sondern abgebürstet, treibt mich das um. Wir müssen unser Gegenüber unabhängig von Alter oder Herkunft ernst nehmen und zuhören und dann um die besten Lösungen ringen. Da hat die CDU auf allen Ebenen Nachholbedarf.

Konkret wird es bei den Haushaltsberatungen. Die Grünen sagen: Klimaschutz und Innovation sollen Schwerpunkte werden.

Das ist eine schöne Überschrift. Nur: Die Grünen stellen seit acht Jahren den Ministerpräsidenten und den Umweltminister. Wenn sie beim Klimaschutz mehr Handlungsbedarf sehen, wurde offensichtlich etwas versäumt. Wenn sich Firmen wie Bosch zutrauen, klimaneutral zu werden, sollten wir uns fragen, ob nicht auch das Land längst mehr hätte tun müssen. Das ist dann aber ein Versäumnis der Grünen. Die CDU-Fraktion hat gerade die Gründung einer Klimaschutzstiftung vorgeschlagen. Warum gehen die Grünen da nicht mit? Auch Innovation ist ein Schlagwort, das gut klingt, aber konkret mit Leben gefüllt werden muss. Im Übrigen geht es auch um innere Sicherheit, Bildung und weitere Zukunftsthemen. Die Menschen wollen wissen, womit sie jenseits schöner Überschriften planen können.

Was halten Sie von der Option Deutschlandkoalition?

Derzeit ist eine Deutschlandkoalition kein Thema. Wir haben eine grün-schwarze Koalition, die ist bis 2021 gewählt. Ich rate dringend, nach Wahlen - außer Koalitionen mit den Extremen von Links und Rechts - grundsätzlich zunächst nichts auszuschließen.

Was passiert, wenn Kretschmann nach der Sommerpause sein Ministerpräsidentenamt übergeben würde? Würde die CDU eine Nachfolgerin, einen Nachfolger wählen?

Wir sind Teil der Regierung, die Winfried Kretschmann führt. Wenn die Grünen während der laufenden Legislaturperiode den Ministerpräsidenten austauschen wollten, würde eine zentrale Geschäftsgrundlage dieser Koalition wegfallen. Das wäre eine völlig neue Ausgangslage, die wir als CDU dann auch neu bewerten müssten. Mit welchem Ausgang, wage ich heute nicht vorherzusagen.

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