Erstmals seit Jahren keine Tibet-Flagge in Heidelberg gehisst
Kein Banner am Tibet-Gedenktag - Stadt sagt, sie habe ihre Fahnenregularien geändert - Initiative enttäuscht
Heidelberg. (hö) Am Sonntag am Tibet-Gedenktag waren die Mitglieder der Heidelberger Initiative enttäuscht: Erstmals seit Jahren hing vor dem Rathaus keine Fahne des Landes mehr, das die Volksrepublik China 1950 besetzt und das vor genau 60 Jahren einen Aufstand gewagt hatte. Deutschlandweit beteiligten sich am Sonntag mehrere hundert Kommunen an der Fahnenaktion.
"Wir waren schon erstaunt, dass die Flagge nicht gehisst war", berichtet Margit Zoz von der Heidelberger Tibet-Initiative. Ihr Vorsitzender, der gebürtige Tibeter Tsering Ngodup, hatte bereits vor vier Wochen an Oberbürgermeister Eckart Würzner geschrieben, aber keine Antwort erhalten. Auch eine erneute Anfrage an das Amt für Öffentlichkeitsarbeit der Stadt war ohne Antwort geblieben. Zoz findet das "schon ziemlich unhöflich" und vermutet, dass die chinesische Botschaft Druck auf Heidelberg ausgeübt habe.
Stadtsprecher Achim Fischer bedauert, dass die Tibet-Initiative keine Antwort erhalten habe, verweist aber darauf, dass sich die Regeln für das Hissen von Landesflaggen geändert hätten: Man brauche eine einheitliche Grundlage - und fortan würden nur noch die Fahnen von Staaten aufgezogen, die von den Vereinten Nationen anerkannt seien.
"Das ist bei Tibet nicht der Fall. Die Vereinten Nationen und die Bundesregierung sagen, dass Tibet ein Teil der Volksrepublik China und kein eigenständiger Staat ist. Wir wollen vermeiden, dass unsere kulturellen und humanitären Beziehungen in viele Teile der Welt durch solche Diskussionen politisch instrumentalisiert werden. Da halten wir uns als Stadt heraus und orientieren uns an der Einschätzung der Vereinten Nationen und der Bundesregierung." Dass diese Regelung etwas mit der besiegelten Partnerschaft mit der chinesischen Stadt Hangzhou zu tun haben könnte, verneint Fischer vehement.
Die Heidelberger Tibet-Initiative schenkt dieser Darstellung keinen Glauben und vermutet weiterhin eine Einflussnahme Chinas. "Wir wissen, dass die Botschaft direkt in den Rathäusern anruft und sagt, dass man die tibetanische Fahne nicht wünscht. Viele Bürgermeister meinen dann: ,Jetzt erst recht!’ Aber in Mannheim wurde die Fahne noch nie aufgezogen, die haben zwei chinesische Partnerstädte. Man muss sich so langsam mal fragen, wie weit man eine solche Beeinflussung noch zulassen will. Das sieht für mich fast wie vorauseilender Gehorsam aus." Immerhin wussten sich die Aktivisten zu helfen: Sie hatten am gestrigen Sonntag ihre eigenen Fahnen mitgebracht - und wurden dabei von einigen chinesischen Touristen "penetrant geknipst", wie Zoz berichtet.