Das Wie beim Moschee-Bau erregt die Gemüter

27.05.2018 UPDATE: 28.05.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 28 Sekunden

Von Brigitte Fritz-Kador

Heilbronn. Im nächsten Jahr wird auch in Heilbronn ein neuer Gemeinderat gewählt. Ob der seit 2014 geplante Bau einer Moschee an der Weinsberger Straße ein Wahlkampfthema werden wird, werden die nächsten Entwicklungen zeigen. Nachdem die Fraktionen von CDU, Freien Wählern und FDP sich gegen den vorliegenden Plan ausgesprochen hatten - aber nicht in einem einzigen Fall ausdrücklich gegen einen Moscheebau als solchen - bezogen SPD und die Grünen Gegenposition, und sucht OB Harry Mergel den Konsens.

Tatsächlich geht es nicht um das "Ob", sondern um das "Wie" des Baues. Es ist also nicht, wie vom SPD-Fraktionsvorsitzenden Rainer Hinderer befürchtet, die Religionsfreiheit in Gefahr. Aber nicht wenige Stadträte haben angesichts der aktuellen Entwicklung den Eindruck, das Projekt werde an ihnen vorbei-"promoted". Informationen gab es bisher nur aus der Presse, Genaueres zu den neuen Plänen nicht.

Hintergrund

Moschee-Bau als Wahlkampfthema?

Wird der Bau der Moschee in Heilbronn angesichts der im nächsten Jahr stattfindenden Gemeinderatswahl zum Wahlkampfthema? Das befürchtet die Heilbronner SPD-Fraktion.

In einer Stellungnahme zum Vorstoß von

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Moschee-Bau als Wahlkampfthema?

Wird der Bau der Moschee in Heilbronn angesichts der im nächsten Jahr stattfindenden Gemeinderatswahl zum Wahlkampfthema? Das befürchtet die Heilbronner SPD-Fraktion.

In einer Stellungnahme zum Vorstoß von CDU, FDP und FWV wird die "180-Gradwende in einer so sensiblen Angelegenheit ohne vorherige Abstimmung mit der Verwaltung und allen demokratischen Fraktionen" nicht nur als "schlechter Stil", sondern auch als "völlig unangemessen" bezeichnet. Unter Verweis auf die Erfolge der Heilbronner Integrationspolitik heißt es: "Der nun eingeschlagene Kurs bewirkt einen herben Vertrauensverlust gegenüber den vielen Heilbronnern mit Zuwanderungsgeschichte und Angehörigen anderer Religionen."

Fraktionsführer Rainer Hinderer fordert die drei Fraktionen auf, zu einer Linie der Vernunft und der Besonnenheit zurückzukehren. Wer das Grundrecht der Religionsfreiheit infrage stelle oder populistisch missbrauche, handele grob fahrlässig und gieße Wasser auf die Mühlen der AfD.

Die SPD-Fraktion stehe zur bisherigen Weichenstellung, es gehe dabei auch darum, den bisherigen Zustand einer suboptimalen Infrastruktur durch eine attraktive Bebauung städtebaulich aufzuwerten. Man will Oberbürgermeister Mergel bitten, Gespräche mit allen Beteiligten und dem Gemeinderat zu führen, um den Neubau des Gemeindezentrums zu ermöglichen. (bfk)

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Der ursprüngliche prachtvolle Entwurf von Bernardo Bader fand allseits Zustimmung - auch bei den Kirchen und bei denen, die jetzt ihre Bedenken anmelden. Inzwischen hat Bader das Projekt zurückgegeben, offenbar, weil er den gewünschten Änderungen von Ditib nicht zustimmen wollte. Wenn auch verärgert, ging er allerdings den Kompromiss ein, dass ein Heilbronner Architekt die Moschee mit diesen Änderungen bauen darf. Dass diese Probleme erst mit der Beauftragung dieses Architekten bekannt wurden, war keine vertrauensbildende Maßnahme gegenüber jenen, die den Bader-Entwurf begeistert aufgenommen und unterstützt hatten.

Der geplante Standort an der vielbefahrenen Weinsberger Straße - hier steht bereits eine Ditib-Moschee - ist seit Jahrzehnten ein städtebaulicher Schandfleck. Das spricht auch Susanne Bay (Grüne) an, kritisiert aber die Art der Debatte: "Was in einer aufgewühlten Zeit überhaupt nicht zielführend ist, ist eine hinter städtebaulichen Aspekten versteckte generelle Misstrauensansage, die ohne weitere Diskussion und ohne dass konkrete Unterlagen vorliegen, Fakten schaffen möchte."

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CDU, Freie Wähler und FDP hatten unter anderem kritisch angemerkt, dass die Ausdehnung der Ladenflächen auch der Sicherung der wirtschaftlichen Grundlage dienen sollte. Diverse Grundflächenberechnungen entkräften diese Vermutung, bestehen bleibt aber die Sorge, dass dann mitten in der Stadt die dortigen Geschäfte grundsätzlich sonntags geöffnet sein werden, und vor allem, dass sich hier eine Parallelgesellschaft etablieren könnte. Herbert Burkhardt, Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, spricht das offen an. Der Kriminalhauptkommissar i.R., der sich seit Jahren ehrenamtlich für Flüchtlinge engagiert, ist da "ideologisch" unverdächtig, er beruft sich auf seine Erfahrungen bei der Integrationsbereitschaft.

Diese thematisiert auch Bay, kommt aber zu einem andren Schluss: "Auf die Arbeit der Ditib-Vereine muss kritisch geschaut werden. Es muss uns interessieren, was in und um - alle - Moscheen und anderen religiösen und weltanschaulichen Einrichtungen passiert. Agitation gegen Deutschland und unsere Wertegemeinschaft darf es nicht geben." Es sei auf alle Fälle besser, wenn religiöses Leben mitten in der Gesellschaft, also auch in der Stadt stattfindet, offen, sichtbar und transparent. Rainer Hinderer fordert die drei Fraktionen auf, "zu einer Linie der Vernunft und der Besonnenheit zurückzukehren."

Hintergrund

In Dirk Vogels Appell heißt es unter anderem: "Ich gehe davon aus, dass die Ablehnungshaltung der drei Fraktionen ihre Kraft nicht aus planungsrechtlichen oder inhaltlichen Gründen schöpft, sondern sich vielmehr aus dem veränderten politischen Verhältnis zwischen der Türkei

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In Dirk Vogels Appell heißt es unter anderem: "Ich gehe davon aus, dass die Ablehnungshaltung der drei Fraktionen ihre Kraft nicht aus planungsrechtlichen oder inhaltlichen Gründen schöpft, sondern sich vielmehr aus dem veränderten politischen Verhältnis zwischen der Türkei und der Bundesrepublik Deutschland ergibt. In diesem Sinne bitte ich Sie, Ihre Entscheidung hinsichtlich der Genehmigung des Bebauungsplans auf der Grundlage sachlicher Kriterien zu treffen. Im Falle einer Ablehnung würde der Gemeinderat ein großes Stück an Objektivität, Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit verlieren, und das nicht nur bei den Bürgern und Bürgerinnen türkischer Herkunft." (bfk)

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OB Harry Mergel hat in einem Schreiben an die Kritiker versucht, mit der Darlegung der Fakten auch die Wogen zu glätten. Es ging aber noch ein weiterer Brief an die Stadträte hinaus, von Dirk Vogel, Architekt, Leiter des Städtische Hochbauamtes i.R. und der Jury des Moschee-Wettbewerbes - ein Versuch, mit der Auflistung der Abläufe und Fakten die Diskussion wieder zu versachlichen.

Ditib hat bisher mindestens 100.000 Euro für Wettbewerb und Vorplanung ausgegeben, die Baukosten, zunächst auf vier Millionen Euro beziffert, sollen jetzt im zweistelligen Bereich liegen. 2014, bei der Vorstellung des Bader-Entwurfes, hatte Erdinc Altuntas, Vorsitzender der "Ditib-türkisch-islamische Gemeinde zu Heilbronn", Transparenz angekündigt, auch in der Finanzierung, und wörtlich erklärt, diese erfolge ausschließlich über Spenden, und es werde keine Gelder vom türkischen Staat geben. Nun aber heißt es, dass sich auch der Ditib-Dachverband mit Krediten beteiligen wird. Dieser aber hängt nicht nur politisch am Rockzipfel von Erdogan und finanziell am Tropf des türkischen Staates, er wird auch vom Verfassungsschutz beobachtet.