Probebetrieb startet im Winter

Weinheim wird Öl-Förderstandort

Untersuchungen lieferten Anhaltspunkte für Ölvorkommen dreieinhalb Kilometer unter der westlichen Weinheimer Bebauungsgrenze - Naturschützer üben Kritik

06.07.2017 UPDATE: 07.07.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 23 Sekunden
Arbeiter beginnen im hessischen Ried - einem bereits vorhandenen Bohrstandort der Heidelberg Firma Rhein Petroleum - mit der Ölförderung. Der Rohstoff gilt hier als sehr hochwertig. Foto: dpa

Von Philipp Weber

Weinheim. Die letzten zwei Jahre über war es still geworden um die Firma Rhein Petroleum und das Erdöl unter Weinheims Boden. 2015 hatte das Heidelberger Unternehmen angekündigt, bereits im Folgejahr mit Probebohrungen zu beginnen. Zuvor hatten seismografische Untersuchungen Anhaltspunkte dafür geliefert, dass es dreieinhalb Kilometer unter der westlichen Weinheimer Bebauungsgrenze Ölvorkommen gibt. Allerdings stand das Genehmigungsverfahren beim Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau in Freiburg damals noch in den Startlöchern.

Nun aber hat die Behörde grünes Licht gegeben. Mit der Probebohrungen will die Firma Ende dieses oder Anfang kommenden Jahres beginnen - und dann endgültig klären, ob sich hier eine Permanentförderung über Jahrzehnte hinweg lohnt.

"Das Verfahren war sehr langwierig", erläutert Rhein Petroleum-Geschäftsführer Carsten Reinhold die Verzögerung: "Wir gehen aber davon aus, dass sich die Förderung lohnt." Immerhin betreiben er und seine Mitarbeiter großen Aufwand, um an das "Schwarze Gold" zu kommen. Die vermuteten Vorkommen liegen ungewöhnlich tief, eine senkrechte Bohrung kommt nicht infrage - die Bohrpioniere sind nicht allein in Weinheims Westen.

Die Förderstelle soll nun nahe der GRN-Klinik angesiedelt werden, wo aktuell auch ein modernes Pflegeheim und eine Rehaeinrichtung entstehen. Von der Bohrstelle aus werde es dann diagonal in die Tiefe gehen - in einem Winkel von bis zu 30 Grad, so Geschäftsführer Reinhold. Die Kosten für die Probebohrung sind dementsprechend hoch: Reinhold geht von sieben bis acht Millionen Euro aus. Im hessischen Ried war er mit "nur" dreieinhalb Millionen Euro davongekommen. Dort läuft der Probebetrieb bereits. Gefördert und industriell verarbeitet werden zwei bis drei Lastwagenladungen Erdöl pro Woche - was sich auch im Permanenzbetrieb nicht ändern dürfte.

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"Je länger der Bohrpfad, desto höher die Explorationskosten", so Firmenchef Reinhold. Gerade bei Diagonalbohrungen wie in Weinheim brauche es teure Zusatzgeräte, unter anderem um den Bohrschutz sicherzustellen. Außerdem muss die Firma für Lärmschutz sorgen. Bei der Rentabilität komme es aber bei weitem nicht allein auf die Größe des Ölvorkommens an, sagt der neue Chef von Rhein Petroleum. Das Förderunternehmen nehme eine Mischkalkulation für die nächsten 20 bis 25 Jahre vor. Der Ölpreis werde "kalkuliert und gemittelt." Aber auch die Beschaffenheit der Öl führenden Gesteinsschichten spielt eine Rolle. Je zügiger das Öl zur Förderstelle fließen kann, desto rentabler.

Auch die Stadt Weinheim hofft auf Gewinne. Zwar ist die Zweiburgenstadt nicht Dallas: Öl gehört in diesem Land demjenigen, der es fördert. Aber auf Gewerbesteuereinnahmen dürfen Kommunen trotzdem hoffen. Dennoch ist das Projekt nicht unumstritten: Bleibt doch die Frage, warum nach Öl gebohrt wird, wenn die Zukunft den "Erneuerbaren Energien" gehört.

Die Umstellung funktioniere nicht von heute auf morgen, so die Firmenleitung. Und bevor Öl im Ausland und womöglich unter strittigen Bedingungen gefördert wird, wolle man auf die Vorkommen vor der Hautür zurückgreifen. BUND-Regionalgeschäftsführer Tobias Staufenberg kann da nur müde lächeln: "Als Naturschützer kann ich das nicht gutheißen." Die Firmen-PR stelle Analogien zur Landwirtschaft her: "Aber es gibt kein regionales Bio-Erdöl." Jede neue Förderstelle verlängere die Zeit, in der Kunststoffindustrie und Mobilität vom Öl abhängen - und damit dem Klima schaden: "Zu behaupten, es werde irgendwo einen Förderstopp geben, weil in Weinheim gebohrt wird, ist in realpolitischer Hinsicht Unfug", findet auch Grünenstadträtin Elisabeth Kramer: "Leider können wird das im Rat nicht diskutieren, weil wir nicht zuständig sind."

Die Förderstelle werde zwar zum Teil auf städtischem Grund und Boden stehen. Aber der Pachtzins, den die Firma zahlt, sei so gering, dass der Rat nicht gefragt werden müsse. Rhein Petroleum will seine Sicht der Dinge vor Ort verdeutlichen: Sobald die ersten Arbeiter da sind, können Interessierte einen Infocontainer besuchen. Außerdem gibt es -wohl auch auf Druck der Naturschützer - eine Bürgerinfo.

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