Hoffenheim siegt gegen Hamburger SV

Die Rhein-Neckar-Arena wird zum Stimmungstempel

1899 Hoffenheim spielt beim 2:0 über den Hamburger SV souverän

15.04.2018 UPDATE: 16.04.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 29 Sekunden
Getunnelt: Serge Gnabry (l.) markiert hier das 1:0 für die TSG. Julian Pollersbeck und die HSV-Abwehr sehen dabei nicht gut aus. Foto: APF

Von Joachim Klaehn

Sinsheim. Schwer zu beurteilen, ob das Singen im Leben stets eine Lösung ist oder eben auch nicht - auf jeden Fall ist es Ausdruck menschlicher Freude. Derzeit können die Anhänger des Bundesligisten TSG 1899 Hoffenheim rundum gut drauf sein. Denn ihre Lieblinge spielen einen gepflegten, sehr erfolgreichen Fußball. Am Samstag war die Sinsheimer Rhein-Neckar-Arena zum neunten Mal in dieser Saison ausverkauft, doch selten war die Atmosphäre so heiter, ungezwungen und gelassen. Das Stadion als Stimmungstempel bei Frühlingswetter, Fußballerherz, was willst du mehr? Sehr selbstbewusst, unbeirrt und konsequent hielt "Hoffe" den designierten Absteiger Hamburger SV mit 2:0 (2:0) in Schach, ohne ans Leistungslimit gehen zu müssen.

Bereits nach 27 Minuten war den 30.150 Zuschauern relativ klar, wer den Platz als Sieger verlässt, denn zu diesem Zeitpunkt führten die Hausherren aufgrund der Handlungsschnelligkeit von Serge Gnabry (18.) sowie der Schlitzohrigkeit der beiden Kumpel Nico Schulz und Adam Szalai (27.) bereits mit 2:0. Beide Treffer waren sehenswert, resultierten freilich auch aus einer Hamburger Schlafmützigkeit, die die "Nagelsmänner" bestraften. "Wir hätten uns nicht beschweren können, wenn wir noch ein Tor in der ersten Halbzeit bekommen hätten", räumte HSV-Trainer Christian Titz ein, "symptomatisch war, dass keiner bei beiden Toren so richtig zugepackt hat." Stimmt. So kann der Bundesliga-Dino das Abrutschen in die Zweitklassigkeit nicht mehr abwenden. TSG-Manager Alexander Rosen meinte zutreffend: "Der fußballerische Ansatz des HSV war gut, doch wir waren heute klar besser. Es ist kein Team, das bis unters Dach kämpft."

Während die Hanseaten bereits mit einem Bein im Unterhaus stehen, ist für den Kraichgauklub der Einzug ins internationale Geschäft - zum zweiten Mal hintereinander - greifbar nah. Dies wäre ohne Wenn und Aber ein Riesenerfolg, zumal die Feuertaufe in europäischen Sphären nicht bestanden wurde und es im Verlauf dieser Spielzeit eine manifeste Ergebniskrise gab. Um so bemerkenswerter, wie das Hoffenheimer Kollektiv die schlechten Phasen überwand. Die Begrifflichkeit "Krise" löste bei Rosen in der Mixed Zone Widerspruch aus: "Wir haben zweifellos einen ungewöhnlichen Saisonverlauf, waren aber nie schlechter als Neunter. Wenn Platz neun eine Krise ist, dann haben wir in den vergangenen Jahren viele richtige Schritte getan."

Die TSG hat inzwischen die Abgänge von Niklas Süle und Sebastian Rudy kompensiert, sich weiterentwickelt, erntet den Lohn der detailversessenen Arbeit. Seit sieben Spielen haben die Blauen nicht mehr verloren, dabei 15 Punkte gesammelt, ergo ist das Selbstbewusstsein sukzessive gestiegen. "Die Leistung in den letzten Wochen passt. Wir sind sehr gut unterwegs, haben Platz sechs in der eigenen Hand", meinte Kapitän Kevin Vogt im Brustton der Überzeugung. Vor allem die Darbietung in den ersten 45 Minuten gegen den HSV rechtfertigt die Zuversicht. "Hoffe" marschiert mit Vehemenz und Verve nach vorne. Insbesondere die linke Außenbahn mit Nico Schulz und Serge Gnabry entpuppt sich als Glanzstück.

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Power-Mann Schulz macht dafür die allgemeine Atmosphäre in der Mannschaft und das Vertrauen des Trainerteams verantwortlich. "Ich fühle mich sehr wohl - ich glaube, das sieht man auch", konstatierte Schulz mit einem smarten Lächeln, "wir sind eine geile Truppe." Das 2:0 war eine Koproduktion von Schulz und Szalai - nach beider Aussagen eine ins Auge gefasste Inszenierung. Er habe vorher zum Ungarn gesagt, dass er ihm im HSV-Spiel "einen auflegen" wolle. Gesagt, getan. Gewissermaßen ein Nachbarschaftsdienst. "Wir wohnen Garten an Garten, sind quasi wie eine Riesen-WG", erzählt der Wahl-Heidelberger Schulz.

Hamburg war mit dem Endstand noch gut bedient. Dreimal Latte und Pfosten (Hübner, Szalai und Kaderabek) gab’s zu notieren, zudem wurden zwei weitere Treffer von Hübner (8.) und Akpoguma (74.) vom Video-Schiedsrichter nicht anerkannt. Wer so viele Chancen kreiert, dem braucht vor der Auswärtshürde bei RasenBallsport Leipzig am Samstag (15.30 Uhr) nicht bange zu sein.

Die Hoffenheimer Fans feierten die "Nagelsmänner" mit stadionspezifischem Gesangsgut. "Wieder nach Europa, wieder nach Europa, wieder nach Europa, Te-eS-Ge!", schon nach 30 Minuten skandierte dies die Südtribüne lautstark. Voller Inbrunst brüllten die Besucher mehrheitlich nach dem Abpfiff "Europapokal, Europapokal, Europapokal". TSG-Trainer Julian Nagelsmann sang derweil das hohe Lied auf sein harmonisches Orchester: "Wir haben das insgesamt sehr gut gemacht."

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