Hoffenheim gegen Bayern

Ende Februar geht es gleich wieder gegen diese Münchner

Zwischen Enttäuschung und Stolz: Der FC Bayern und die TSG Hoffenheim schreiben ein außergewöhnliches Drehbuch im DFB-Pokal

06.02.2020 UPDATE: 07.02.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 44 Sekunden
Unmittelbar nach dem Abpfiff überwiegt die Enttäuschung: „Hoffes“ Zuber (l. Bild v.l.), Akpoguma, Baumgartner und Dabbur und das 3:4 in München. Der Däne Jacob Bruun Larsen (r.o.) kann sich als erfrischendes Element im Sturm erweisen. Bundesliga-Toptorjäger Robert Lewandowski (r.u.) vom FC Bayern beweist auch gegen die Kraichgauer seine Extraklasse. Fotos: APF

Von Joachim Klaehn

München. Es liefen im Hintergrund auf einem größeren Flachbildschirm die TV-Sequenzen, als Hoffenheims Torhüter Philipp Pentke in der Mixed Zone auftauchte. Hoch und runter, immer wieder, gefühlt 20 Mal. Es ging um die beiden Eigentore von Jérôme Boateng und Benjamin Hübner – und schließlich auch um die weiteren fünf Treffer und unzähligen Chancen in diesem turbulenten DFB-Pokal-Achtelfinale zwischen Bayern München und der TSG Hoffenheim. "Zunächst waren wir ein bisschen zu passiv in allen Bereichen", analysierte Pentke, "dann hätten wir es früher spannend machen können. Ein Hätte, Wenn und Aber passt ziemlich gut zu diesem Spiel."

Hintergrund

Stimmen aus München

> Alfred Schreuder, TSG-Trainer: "Nach der Führung hat uns etwas der Mut gefehlt. Man darf aber nicht vergessen, dass wir gegen eine europäische Topmannschaft gespielt haben. In der zweiten Halbzeit haben wir es viel besser gemacht, dafür muss

[+] Lesen Sie mehr

Stimmen aus München

> Alfred Schreuder, TSG-Trainer: "Nach der Führung hat uns etwas der Mut gefehlt. Man darf aber nicht vergessen, dass wir gegen eine europäische Topmannschaft gespielt haben. In der zweiten Halbzeit haben wir es viel besser gemacht, dafür muss ich meine Mannschaft loben. Großes Kompliment, wie der FC Bayern wieder spielt die letzten Monate, das hat mit meinem Kollegen zu tun, der macht einen sehr, sehr guten Job."

> Hansi Flick, Bayern-Trainer: "Mit der ersten Hälfte war ich sehr zufrieden. Meine Mannschaft hat den Gegner nicht zum Zug kommen lassen. Hoffenheim hat aber eine gute Spielphilosophie. Alfred macht mit seiner Truppe einen hervorragenden Job."

> Ihlas Bebou, TSG-Stürmer: "Es war ein sehr schwieriges Spiel, die Gegentore fielen zu leicht. Dass es am Ende noch knapp wird, darauf sollten wir aufbauen."

> Havard Nordtveit, TSG-Mittelfeldspieler: "Wir haben Charakter gezeigt in der zweiten Hälfte und den Bayern noch einen großen Kampf geliefert. Wir können stolz darauf sein, drei Tore hier gemacht zu haben."

> Hasan Salihamidzic, Bayern-Sportdirektor: "Das darf nicht passieren, gerade gegen Gegner, die das noch besser ausnutzen. Darüber müssen wir reden, darüber werden wir reden. Wir wissen, was wir falsch gemacht haben."

> Serge Gnabry, Bayern-Stürmer und Ex-TSGler: "Offensiv macht es sehr viel Spaß. Wir schießen drei, vier Tore pro Spiel. In der zweiten Halbzeit hatten wir viele einfache Ballverluste. Das müssen wir in den Griff kriegen, wenn wir in Führung liegen, das Spiel zu Ende zu bringen."

> Sebastian Rudy, TSG-Regisseur und Ex-Bayern-Akteur: "Wir haben uns ein bisschen mehr erhofft. Dann haben wir in fünf Minuten zwei Tore kassiert, das hat uns das Genick gebrochen. Wir hätten früher den Anschluss machen können und dann hätten wir eine Chance gehabt."

> Thomas Müller, Publikumsliebling beim FCB: "Wenn wir uns zu selbstsicher sind und es nicht mehr schaffen, die nötigen Meter zu machen, kann das passieren, was in den letzten Minuten passiert ist. (…) Julian Nagelsmann kann gerne zaubern, dann schauen wir, ob wir einen Gegenzauber parat haben. Ich glaube aber, dass am Sonntag gegen Leipzig gar nicht so viel gezaubert, sondern Fußball gespielt wird."

> Jacob Bruun Larsen, TSG-Neuzugang vom BVB: "Die Spieler, die bei uns reingekommen sind, haben es hervorragend gemacht. Unsere individuellen Fehler waren entscheidend. Andererseits sind drei Tore super gegen solch eine starke Mannschaft wie Bayern. Ich bin enttäuscht, dass wir raus sind."

> Christoph Baumgartner, TSG-Hoffnungsträger: "Wenn du gegen Bayern gewinnen willst, musst du so einen (Anm. d. Red.: Seine Chance in der 74. Minute) machen. Vier Tore in München zu erzielen, sind ein bisschen viel, obwohl es dann noch möglich war. Es ist halt ewig schade." jog

[-] Weniger anzeigen

In der Tat: Nach Toren von Boateng (8./Eigentor), Hübner (13./Eigentor), Thomas Müller (20.), Robert Lewandowski (36., 80.) und Munas Dabbur (82., 90.+1) stand das Weiterkommen der Bayern fest, und das Ausscheiden der Hoffenheimer ebenfalls. Nach dem 4:3 (3:1) für den hohen Favoriten vor 71.500 Augenzeugen wussten die nordbadischen Gäste nicht so recht, wohin mit ihren Gefühlen.

Das Pendel schlug bei den TSG-Protagonisten zwischen Enttäuschung und Stolz aus. Zunächst bekamen Kapitän Hübner und Co. die Klasse, Geschwindigkeit und die Ball- und Kombinationssicherheit der entschlossenen Hausherren zu spüren. Der FC Bayern von Anfang Oktober und unter Niko Kovac – damals gewann die TSG dank des Adamyan-Doppelpacks mit 2:1 – hat nicht mehr viel mit dem FC Bayern im Februar und unter Kovac-Nachfolger Hansi Flick gemein.

Wenn man ganz ehrlich ist: Nach knapp 70 Minuten konnte es durchaus 5:1, 6:1 oder gar 7:1 für die Roten stehen, die eine imponierende Wucht an den Tag legten, allerdings mit ihren Topchancen schludrig umgingen.

Und zur Wahrheit gehört ebenfalls, dass unmittelbar nach dem vergebenen Hochkaräter von Joshua Zirkzee (81.) und dem Anschlusstreffer von Dabbur (82.) totale Konfusion beim Münchner Starensemble herrschte. Die Dreifach-Einwechslung von Zirkzee, Cuisance und Meier war ein untrügliches Signal dafür, dass der ruhmreiche FCB diesen Pokalfight im Kopf abgehakt hatte und sich bis zum Abpfiff in der 94. Minute selbst in die Bredouille brachte.

Verrückt, verrückt – um Haaresbreite verfehlte der Dorfverein den 4:4-Ausgleich.

Vor den Medienvertretern beklagte Bayern-Trainer Hansi Flick die fehlende Intensität, das nur noch marginal angewendete Pressing und das Laissez-faire-Verhalten seiner Stars. "Wir müssen darüber reden, dass wir so ins Schwimmen kommen", konstatierte der Bammentaler Flick, der beim Kraichgauklub zwischen 2000 und 2005 als Regionalliga-Trainer fungierte und 2018/2019 als Geschäftsführer Sport ein überaus unglückliches, achtmonatiges Intermezzo erlebte. Flick schien der krasse Leistungsabfall seiner Mannschaft nicht ganz unrecht zu sein: "Ich nehme die Dinge immer positiv – es ist eine Art Weckruf für uns. Aber ich möchte andererseits auch nicht die Leistung von Hoffenheim schmälern."

Flick, der faire Sportsmann.

Sein Amtskollege Alfred Schreuder nahm die Komplimente gerne entgegen. Dramaturgie, Erlebnis und das letztlich knappe Resultat sollten als Mutmacher für die nächsten Wochen dienen. Schreuder hatte mit Nachdruck eingefordert, dass die Offensivabteilung mit ein, zwei Stürmern in der Wintertransferperiode verstärkt wird. Mit Munas Dabbur (FC Sevilla) und Jacob Bruun Larsen (Borussia Dortmund) wurde zielgerichtet investiert. Larsen, ein Spezi von Robert Skov, durfte in der Allianz Arena vom Anpfiff weg ran. Dass er noch Zeit braucht, liegt auf der Hand. "Ich muss mich erst mal an alles gewöhnen, ich habe bisher nur zweimal mit der Mannschaft trainiert", räumte Bruun Larsen ein.

Cheftrainer Schreuder sah gute Ansätze beim flinken Flügelflitzer. "Fürs erste Mal war das okay. Man hat gesehen, dass er viel Tempo mitbringt", sagte der Niederländer über den Dänen. Auch Munas Dabbur bewies, dass seine Tugenden bereichernd für Hoffenheim sein können. "Munas ist gut reingekommen, hat sich sofort gezeigt", befand Schreuder nach den ersten beiden Pflichtspieltoren des abgezockten Israeli.

Gerade mit der Hereinnahme von Dabbur sowie Impulsgeber Christoph Baumgartner kamen Energie und Schwung ins Spiel des Kraichgauklubs, der nunmehr seinen Fokus ganz auf den Liga-Alltag und das bevorstehende Baden-Derby beim SC Freiburg (Samstag, 15.30 Uhr) legen kann.

Schreuder ließ nach einem spannenden Pokalabend im "Schlauchboot" von Fröttmaning Milde walten. "Alle Gegentore sind zu leicht gefallen", sah der bodenständige Niederländer lediglich einen Makel. "Aber ja, das ist eben Bayern München", atmete der TSG-Trainer tief durch.

Der FC Bayern bildet für "Hoffe" das attraktive Rahmenprogramm im Monat Februar. Am 29. Februar gastieren die Stars von "Spielerflüsterer" Hansi Flick in der Sinsheimer Arena.

Ob das dritte saisonale Aufeinandertreffen erneut derartig turbulente, furios-kuriose Züge tragen wird? Die TV-Macher und auch die Fußballfans mögen gerne spannende Drehbücher mit emotionalen Ausnahmezuständen.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.