Die Hoffenheim Story - Teil 4

Carlos Eduardo - Die Tragödie eines Hochbegabten

Carlos Eduardo ist seit eineinhalb Jahren ohne Verein

04.05.2020 UPDATE: 05.05.2020 06:00 Uhr 1 Minute, 59 Sekunden
Nicht nur optisch wandelte Carlos Eduardo, der Brasilianer mit dem Wuschelkopf, bei „Hoffe“ auf den Spuren Ronaldinhos. Archivbild: APF

Von Christoph Offner

Heidelberg. Inter Mailand, Benfica Lissabon, Paris St. Germain und der FC Porto – namhafte Vereine buhlten im Sommer 2007 um den damals 19-jährigen Carlos Eduardo. Den Zuschlag bekam ein deutscher Zweitligist aus einem Dorf. "Es ist eine Sensation, dass ein Spieler wie Carlos nach Hoffenheim kommt", stellte Trainer Ralf Rangnick seinerzeit klar. Der Transfer war ein Ausrufezeichen und sollte die Ambitionen der TSG, den Bundesliga-Aufstieg, untermauern.

Der Brasilianer brachte "Joga Bonito" – das schöne Spiel – in den Kraichgau: Nicht zuletzt optisch erinnerte er mit dem Wuschelkopf an den großen Ronaldinho, an einem guten Tag war er mit fairen Mitteln nicht vom Ball zu trennen. In seiner ersten Bundesliga-Saison zog er als Zehner die Fäden. Doch Genie und Wahnsinn lagen eng beieinander. Aufgrund von Sperren verpasste er sieben (!) Partien der Rückrunde, auch das einer der Gründe für den drastischen Einbruch des furiosen Aufsteigers.

Um seine Chancen in der "Selecao" zu verbessern, so hieß es damals, wechselte der Ballkünstler im Sommer 2010, nach 90 Pflichtspieleinsätzen für die TSG (19 Tore, 22 Vorlagen) zu Rubin Kasan. Nationaltrainer Mano Menezes hatte ihm zu einem "größeren Klub" geraten. Eduardos Wahl aber überraschte, auch wenn der Klub aus der autonomen Region Tatarstan in den beiden vorangegangenen Spielzeiten Meister der russischen Premier Liga geworden war und in der Champions League mit einem 2:1 in Barcelona auf sich aufmerksam gemacht hatte. Immerhin konnten sich die Kraichgauer mit einer Ablöse von 20 Millionen Euro trösten. Für sieben Millionen Euro, damals die höchste Summe, die ein Zweitligist jemals gezahlt hatte, war Eduardo nach Hoffenheim gekommen und hatte maßgeblich mit zum Aufstieg in die Bundesliga beigetragen.

Kaum vier Monate in Russland, zog sich "Cadu", wie die Fans ihren Spielmacher riefen, im Training einen Kreuzbandriss zu. Es folgten mehrere Rückschläge und Operationen – der Brasilianer sollte beinahe zwei komplette Spielzeiten verpassen. Kaum wieder genesen, ließ er sich im Januar 2013 von Flamengo Rio de Janeiro ausleihen. Auch damit wollte er seine Chancen auf eine WM-Teilnahme erhöhen. Die Leistungen beim brasilianischen Traditionsklub waren nicht schlecht, doch an den Carlos Eduardo aus Hoffenheimer Zeiten reichten sie bei weitem nicht heran. Er wurde nicht für die WM nominiert und kehrte zu Kasan zurück.

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Beinahe vier Jahre nach seiner Verpflichtung stand der Rekordeinkauf von Rubin und 1899 dann erstmals regelmäßig für Rubin auf dem Platz. Auch in der Bundesliga war Eduardo nicht vergessen worden: "Er ist genau der Typ Spieler, der uns fehlt. Er ist im richtigen Alter, kennt die Liga und spricht ein bisschen Deutsch", sagte Jörg Schmadtke im Januar 2015, als er Eduardo nach Köln holen wollte. Daraus wurde ebenso nichts wie ein Jahr später aus der Rückkehr in den Kraichgau.

Stattdessen löste Eduardo im April 2016 seinen Vertrag in Kasan auf und wechselte erneut nach Brasilien, zu Atlético Mineiro. Dort meist nur zweite Wahl, zog er weiter, zunächst zu EC Vitória, dann zu Paraná, schließlich in die zweite Liga zu Coritiba – doch auch dort dasselbe Bild: Eduardo spielte wenig, und wenn, dann nicht besonders gut. Seit beinahe eineinhalb Jahren ist er nun schon vereinslos, eine Fortsetzung der Laufbahn mehr als zweifelhaft.

Carlos Eduardo wird im Juli 33. Ein Hochbegabter, dessen Karriere einen Knick bekam und danach nie mehr richtig Fahrt aufnahm.

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