Champions League

1899 Hoffenheim ist konkurrenzfähig

Champions-League-Premiere: Die TSG führt zwei Mal und muss am Ende doch mit dem Punkt gegen Schachtar Donezk zufrieden sein

19.09.2018 UPDATE: 20.09.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 26 Sekunden

Erstes Champions-League-Tor der Hoffenheimer: Florian Grillitsch (r.) überlistet Schachtar-Keeper Andrej Pyatow gefühlvoll und clever beim frühen 1:0 (6.) für die TSG. Foto: dpa

Von Tobias Schächter

Charkiw. Nach einer halben Stunde Spielzeit krempelte Julian Nagelsmann die Ärmel hoch. Kurz zuvor hatte die TSG Hoffenheim bei Schachtar Donezk den 1:1-Ausgleich kassiert. Zur zweiten Halbzeit kam der Trainer der TSG dann wieder mit heruntergekrempelten Hemdsärmeln aus der Kabine, sein Team hatte den Kampf nach dem Ausgleich wieder aufgenommen und war noch vor der Pause erneut in Führung gegangen. Doch in der 81. Minute ließ die TSG den kurz zuvor eingewechselten Maycon aus 22 Metern völlig freistehend den Ball zum 2:2-Endstand ins Tor knallen.

Am Ende mussten die Badener bei ihrem Champions-League-Debüt noch froh sein, nicht doch noch verloren zu haben. Aber Nagelsmann wollte sich nicht zu sehr über das Remis ärgern, obwohl seine Elf das Spiel lange bestimmt hatte, er resümierte: "Wir können erhobenen Hauptes nach Hause fahren als Champions-League-Neuling. Bei einer Mannschaft mit dem Anspruch fürs Viertelfinale lange geführt zu haben und verdient auch ein drittes oder viertes Tor machen zu können, ist nicht so schlecht." Andererseits aber ließen die Hoffenheimer den Punch vermissen und brachten sich so um den noch besseren Start in einer Gruppe, in der die kommenden Gegner Manchester City und Olympique Lyon eher stärker einzuschätzen sind als das lange biedere Donezk. Die Gastgeber agierten nur dann stark, wenn Hoffenheim Fehler machte, oder der in der Defensive nachlässige Rechtsverteidiger Pavel Kaderabek seinen Gegenspielern zu viel Raum ließ. "Und", so Nagelsmann, "am Ende hat uns auch ein bisschen die Luft gefehlt."

Die Hoffenheimer feierten ja zwei Premieren in der Ukraine: Die erstmalige Teilnahme der Vereinsgeschichte in der Champions-League-Gruppenphase - und: Julian Nagelsmann ging mit 31 Jahren als bislang jüngster Trainer in die Geschichte des Wettbewerbs ein. Als "schönen Nebeneffekt" bezeichnete der junge Mann den Einzug in die Geschichtsbücher als jüngster Trainer. "Es war immer mein Traum, mal im Anzug am Spielfeldrand zu stehen", hatte Nagelsmann vor seinem Debüt auf Europas größter Bühne erklärt. Aufgelaufen war er dann aber ähnlich wie Englands Nationaltrainer Gareth Southgate bei der WM vergangenen Sommer: Auf blauer Hose trug er ein weißes Hemd, eine schwarze Krawatte unter einer ärmellosen Weste.

In Europas Königsklasse vertraute er am Mittwoch jener Startelf, die am Samstag eine unnötige Niederlage bei Aufsteiger Fortuna Düsseldorf kassiert hatte. Die Mannschaft spielte lange stark gegen einen Gegner, der nach dem Weggang von drei Leistungsträgern nicht mehr ganz so hochklassig ist wie früher. Zudem trägt Schachtar wegen des Krieges in der Heimatregion seine Heimspiele im 300 Kilometer entfernten Charkiw aus. In der Liga kommen nur 2 000 Zuschauer, gegen die TSG waren 28.336 da, die 150 mitgereisten Hoffenheimer waren aber immer wieder laut zu hören.

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Hintergrund

So spielten sie

Baumann: Beim zwischenzeitlichen 1:1 war ihm die Sicht verstellt. Den Hammer von Maycon konnte er nicht abwehren. Toller Reflex mit einer Hand gegen Marlos (90.).

Nordtveit: Ließ sich von

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So spielten sie

Baumann: Beim zwischenzeitlichen 1:1 war ihm die Sicht verstellt. Den Hammer von Maycon konnte er nicht abwehren. Toller Reflex mit einer Hand gegen Marlos (90.).

Nordtveit: Ließ sich von Außenverteidiger Ismaily beim Ausgleich abkochen. Machte aber mit dem Kopfball zur 2:1-Führung alles wieder gut - erster Pflichtspieltreffer für die TSG.

Vogt: Chef in der Dreierkette. Klärte in mehreren brenzligen Situationen. Auch mit einer Portion Glück.

Posch: Stark verbessert gegenüber dem Düsseldorf-Spiel. Der junge Ösi agierte mit Bierruhe - gemeinsame finale Rettungstat mit Baumann.

Kaderabek: Auf seiner Seite war Schwerstmaloche gegen Taison und Ismaily gefragt. Diesmal der Schwachpunkt im Team.

Bittencourt: Aktivposten. Glänzender Steckpass auf Grillitsch. Angeschlagen nach einer Stunde raus.

Grillitsch: Spielt sich zusehends in den Vordergrund. Klasse Kombination mit Bittencourt, gefühlvoller Heber zum 1:0. Vorsichtiger nach Erhalt von Gelb.

Schulz: Schaltete sich stets in die Angriffe ein. Investierte viel Energie. In der Schlussphase hinten gebunden.

Joelinton: Prima Vorstellung des jungen Brasilianers. Haute alles im Vergleich mit seinen Landsleuten rein.

Szalai: Ein Drehschuss. Hatte wenige verwertbare Bälle.

Kramaric: Hoch reingezirkelter Eckball. Wollte den Patzer vom Samstag bei der Fortuna vergessen machen. Opfer von Rakitski (77.), der den Kroaten von hinten übel abräumte. "Dunkelgelb" oder doch Rot?

Demirbay: Für Bittencourt rein. Konnte bei seinem Comeback nicht für die erwünschte Entlastung sorgen.

Zuber: Ein gefährlicher Schlenzer.

Nelson: Ab der 85. Minute auf dem Feld - deshalb ohne Bewertung. jog

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Immer mehr zur spielbestimmenden Figur im TSG-Spiel wächst Florian Grillitsch. Der Österreicher glänzte auch in der Ukraine mit einem fast fehlerlosen Spiel auf der Sechserposition. Die technischen Fähigkeiten des 23-Jährigen, der längst vom Zauderer zum Dynamiker geworden ist, sind ohnehin herausragend. Den Führungstreffer (6.) bereitete Grillitsch durch eine energische Balleroberung selbst vor, und nachdem er die Kugel nach einem tollen Zuspiel von Bittencourt wieder bekommen hatte, lupfte er diesen gekonnt über Andrej Pyatow ins Netz. Der Torwart von Schachtar verhinderte zwar mit einer Glanzparade nach einem Drehschuss von Adam Szalai das 0:2 (16.), sah aber beim 1:2 der Gäste nicht gut aus: Nach einer Ecke von Kramaric kam TSG-Verteidiger Havard Nordtveit einen Tick eher an den Ball und köpfte die TSG erneut in Führung (38.). Für den Norweger bedeutete dieser Treffer Wiedergutmachung, nachdem er beim Ausgleich der Gastgeber ausgerutscht war und Ismaily (27.) freie Bahn hatte, um aus sechs Metern einzuschieben.

Donezk: Pjatow - Butko, Chotscholawa, Rakitski, Ismaily - Stepanenko, Alan Patrick (76. Maycon) - Marlos, Taison, Bolbat (57. Kowalenko) - Junior Moraes.

Hoffenheim: Baumann - Nordtveit, Vogt, Posch - Kaderabek, Grillitsch, Schulz - Bittencourt (64. Demirbay), Kramaric (85. Nelson) - Joelinton, Szalai (75. Zuber).

Schiedsrichter: Jakob Kehlet (Dänemark); Tore: 0:1 Grillitsch (6.), 1:1 Ismaily (27.), 1:2 Nordtveit (38.), 2:2 Maycon (81.); Zuschauer: 28.336 ; Beste Spieler: Taison - Bittencourt, Vogt, Grillitsch; Gelbe Karten: Junior Moraes, Alan Patrick, Rakitski - Grillitsch.

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