Nach dem Phantomtor: Die Hoffenheimer Chancen schwinden

Nach Kießlings Phantomtor behauptet DFB-Vizepräsident Koch, dass es wahrscheinlich zu keinem Wiederholungsspiel kommen wird

22.10.2013 UPDATE: 22.10.2013 06:00 Uhr 2 Minuten, 14 Sekunden
Die Hoffenheimer Chancen schwinden
Von Ulrike John

Sinsheim. Vom Fußball-Weltverband Fifa gibt es nach dem Phantomtor von Stefan Kießling noch kein Signal, die Zeichen für ein Wiederholungsspiel stehen auch deshalb nicht gut. Rainer Koch hat als Vizepräsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) große Zweifel, dass die Bundesligabegegnung zwischen 1899 Hoffenheim und Bayer Leverkusen (1:2) noch einmal ausgetragen wird. "Die Wahrscheinlichkeit ist sehr gering, dass es zu einem Wiederholungsspiel kommt", sagte Koch der Bild-Zeitung.

Der beim DFB für Rechtsfragen zuständige Koch hofft, dass sich die Fifa möglichst schnell mit einer Bewertung meldet. "Es ist aber wohl so, dass man einen Regelverstoß konstruieren müsste, damit der Einspruch berechtigt ist", fügte Koch hinzu. Auch in Richtung der Fifa hatte er schon zuvor gefragt, ob nun die Tatsachenentscheidung erschüttert werden müsse, damit es eine Wiederholung des Spiels geben könne. Ansonsten gab es beim DFB am Montag "keinen neuen Sachstand". Nach dem Einspruch der Hoffenheimer findet die Verhandlung vor dem Sportgericht erst nächste Woche statt, da am Donnerstag beim DFB-Bundestag Gremien neu besetzt werden könnten.

Kießling hatte beim 2:1-Erfolg der Leverkusener am Freitagabend in der Sinsheimer Rhein-Neckar-Arena den Treffer zum 2:0 zugesprochen bekommen, obwohl sein Kopfball an das Außennetz nur wegen eines Lochs im Netz im Tor gelandet war. Der Unparteiische Felix Brych entschied dennoch auf Tor. "Wenn Schiedsrichter Brych Zweifel hat, muss er weiterlaufen lassen oder seinen Assistenten befragen. Hat er nicht. Ein Regelverstoß", sagte Hoffenheims Anwalt Markus Schütz.

Sportanwalt Christoph Schickhardt erklärte jedoch im TV-Sender Sky Sport News HD: "Ein Zweifel ist kein Regelverstoß. Hier liegt allenfalls ein Fehler des Schiedsrichter-Teams vor", sagte der erfahrenste Anwalt im deutschen Fußball. Brych hatte eingeräumt, dass er "leichte Zweifel" in der Situation hatte. Für den ehemaligen Verfassungsrichter Udo Steiner stellt sich die Frage, "ob ein Fall von Unerträglichkeit gegeben ist". Die Fifa, so sagte er in der Frankfurter Allgemeine Zeitung, achte darauf, "dass wir keine Sonderwege gehen." Steiner will sich nicht zu den Erfolgsaussichten von Hoffenheims Protest äußern, da er als Vorsitzender des DFB-Schiedsgerichts die letzte Instanz in dem Rechtsstreit werden könnte. Die Fifa beruft sich bei umstrittenen Treffern auf die Tatsachenentscheidungen der Referees und hatte die Regel 5 verschärft: Demnach sind Entscheidungen des Schiedsrichters zu spielrelevanten Tatsachen "endgültig".

Nach Ansicht von Anton Nachreiner, dem Vorsitzenden des DFB-Kontrollausschusses, ist der Fall Kießling auch nicht mit dem Fall Thomas Helmer vergleichbar. Der Nationalspieler hatte 1994 für den FC Bayern ein Phantomtor gegen den 1. FC Nürnberg erzielt, daraufhin setzte der DFB ein Wiederholungsspiel an. Damals sei man von einem Regelverstoß des Schiedsrichters ausgegangen, weil sich dieser nicht beim Linienrichter rückversichert habe, sagte Nachreiner im Bayerischen Rundfunk. Im jetzigen Fall sei kein Regelverstoß erkennbar. 1899 Hoffenheim widerspricht dieser Darstellung.

"Die Tatsachenentscheidungen des Schiedsrichters werden von der Fifa in sehr hohem Maß geschützt", erklärte auch der Deggendorfer Amtsgerichts-Direktor. Das sei auch gut, so Nachreiner, sonst würde jedes Fußballspiel ein juristisches Nachspiel haben. 1997 hat die Fifa ein Urteil des DFB kassiert, als dieser nach einem fälschlicherweise gegebenen Tor durch Thomas Häßler auf ein Wiederholungsspiel zwischen 1860 München und dem Karlsruher SC entschieden hatte. Dieses Mal will sich der DFB ausdrücklich vom Weltverband beraten lassen.

Das Skandalspiel von Hoffenheim hat auch die Debatte über den Videobeweis neu entfacht. DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig verteidigte die Einführung der Torlinientechnologie in der Bundesliga nicht vor 2015. "Wir sind in der Deutschen Fußball-Liga nicht gegen den technischen Fortschritt, aber wir sprechen hier über ein hochkomplexes System, das möglicherweise noch störanfällig ist", erklärte Rettig. Eine Fehlertoleranzgrenze von drei Zentimetern, die der Weltverband Fifa derart zulasse, sei "für uns nicht annehmbar".

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