1899 Hoffenheim

Warum Ex-Trainer Lietzaus Frau immer noch den TSG-Spielplan prüft

Raimund Lietzaus im Interview über sein ganz spezielles Verhältnis zu  Hoffenheim

17.05.2018 UPDATE: 18.05.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 43 Sekunden

Urlaubsbekanntschaft: Raimund Lietzau (r.) traf Hollands Ex-Starspieler Marco van Basten zufällig in der Schweiz. Foto: privat

Von Nikolas Beck

Angelbachtal. Zur TSG 1899 Hoffenheim hat Raimund Lietzau eine ganz besondere Beziehung. Vor knapp 20 Jahren war der damalige Verbandsligist die letzte Trainerstation des heute 68-Jährigen. Nach dem unschönen Ende war klar: Für den ehemaligen Verteidiger, der mit seinen Kameraden vom VfB Eppingen 1974 als "HSV-Killer" Pokalgeschichte geschrieben hatte, gibt es den Fußball nur noch als Zuschauer und Fan - von der TSG 1899 Hoffenheim. Aufgewachsen in Tairnbach, lebt Lietzau mit seine Frau Mathilde in Angelbachtal, erfreut sich an seiner Trecker-Sammlung, genießt die Zeit mit Tochter Fabienne sowie Enkeltochter Noemi - und verpasst seit nunmehr zehn Jahren kein Heimspiel des Kraichgauklubs.

Raimund Lietzau, am Samstag hat sich die TSG als Bundesligadritter für die Champions League qualifiziert. Wie haben Sie diesen für den Klub historischen Tag erlebt?

Ich war von vorneherein optimistisch, da ich den Gegner Dortmund verfolgt hatte: gute Einzelspieler, aber keine Mannschaft. Nach dem Spiel sind wir im kleinen Kreis von zehn Leuten ins Klubhaus der SG Horrenberg gefahren, haben zusammen gegessen und bis etwa 22 Uhr gefeiert, Fachgespräche geführt und über das Spiel diskutiert. So wie wir das immer machen.

Der TSG drücken Sie die Daumen, obwohl Ihr Trainerengagement im März 1999 ...

… (lacht) das stand ja schon so oft in eurer Zeitung - Präsident Peter Hofmann hat mich auf dem Parkplatz entlassen. Wir waren hinter Weinheim auf Rang zwei. Aber ein paar Spieler hatten ein Problem mit meiner autoritären Art. Es gab sogar einen anonymen Brief vom Vater eines Spielers an Dietmar Hopp, weil ich auf einem leicht gefrorenen Platz trainieren ließ. So wie ich gespielt habe, habe ich eben auch trainiert. Ostern war jedenfalls gelaufen. Ich habe mir meine Frau geschnappt und wir sind an den Chiemsee gefahren, damit ich nichts Falsches sage. Danach war klar, dass ich nicht mehr als Trainer arbeiten wollte.

Groll hegen Sie deswegen offensichtlich beide nicht, auch Ihre Frau ist immer im Stadion dabei.

Seit der Saison in der 2. Liga haben wir Dauerkarten und keine fünf Heimspiele verpasst. Nur beim Aufstiegsspiel gegen Greuther Fürth waren wir in Andalusien. So etwas kann aber nicht mehr passieren. Wenn ich meiner Frau vorschlage wegzufahren, prüft sie immer erst mal den Spielplan.

Was war Ihr schönstes Erlebnis mit der TSG in zehn Jahren Bundesliga?

Die Auswärtsfahrten machen Spaß. Freiburg ist für uns ein Pflichttermin, da machen wir uns immer ein paar schöne Tage. Aber auch Bremen ist toll, und von Leipzig war ich begeistert. Es gibt aber auch Stadien, die wir meiden: Köln, Gladbach, Stuttgart, Frankfurt oder Dortmund. Die Schmähgesänge gegen Dietmar Hopp machen mich wütend. Mit einem Kölner Fan habe ich deswegen auch mal Ärger bekommen. Aber meine Frau konnte mich beruhigen. Jetzt freuen wir uns auf die Champions League, da werden wir sicher auch bei ein paar Gastspielen dabei sein.

Hätten Sie sich in der Bundesligaanfangszeit vorstellen können, dass die TSG einmal in der Königsklasse spielen würde?

Dahin gingen meine Gedanken mit Sicherheit nicht. Aber ich glaubte schon, dass man sich in der Liga etablieren kann. Das war eine tolle Mannschaft mit Ibisevic, Ba und wie sie alle hießen. Ich erinnere mich noch gut an das Heimspiel in Mannheim gegen Hamburg. Da wurden die "HSV-Killer" von Hopp und SAP-Vorstand Gerhard Oswald ins Stadion eingeladen. Hoffenheim hat 3:0 gewonnen - wir hatten also als Zuschauer wieder zugeschlagen (lacht). Damals stand für mich fest: Wenn Dietmar Hopp etwas anpackt, dann klappt das auch.

Kann die Teilnahme an der Königsklasse in der neuen Saison zu Problemen in der Bundesliga führen?

Das wird vom neuen Kader abhängen. Und davon, ob man vom Verletzungspech verschont bleibt. Ein Trainer muss eine gute Verbindung zu den Spielern 13, 14 und 15 haben. Julian Nagelsmann hat das verstanden. Er weiß: ,Irgendwann brauche ich die noch.‘ Sonst lässt sich so etwas Großartiges wie diese Saison ohne Demirbay, Gnabry, Hübner und Co. in den entscheidenden Spielen nicht erreichen. Aber natürlich ist Hoffenheim jetzt nicht mehr Jäger, sondern der Gejagte. Es wird einige Neider geben, die gegen die TSG besonders motiviert sind.

Kann die TSG in Europa im zweiten Anlauf eher glänzen?

In der letzten Saison hat der Kader einfach nicht gereicht, um in Meisterschaft, Pokal und Europa League überzeugen zu können. Aber die Mannschaft hat sich stabilisiert, hat Rückschläge gut verkraftet. Und: Weil man eben vorher nicht weiß, was passiert, lieben den Fußball ja alle.

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