Warum in Hoffenheim die Köpfe rauchen
Bei den Kraichgauern will man im schwachen 0:0 gegen Leverkusen eine positive Entwicklung ausgemacht haben.
Von Nikolas Beck
Sinsheim. Bei den Hoffenheimer Fans in den Sozialen Medien, aber auch bei den wenigen Beobachtern im Stadion rauchten am Montagabend die Köpfe. Zwei Torschüsse, in der ersten Hälfte gar keinen, wies die Statistik nach dem 0:0 zum Spieltagskehraus zwischen der TSG und Bayer Leverkusen auf Seiten der Kraichgauer aus. Und damit so wenige wie überhaupt noch nie zuvor in der inzwischen bald 13-jährigen Hoffenheimer Bundesligageschichte. Dass sich selbst an diese zwei Abschlüsse kaum einer erinnerte, zeigte ganz gut, welch müden Kick die beiden Mannschaften da hingelegt hatten.
Muss ein Versuch auch wirklich aufs Tor kommen, um als Torschuss gezählt zu werden? Oder reicht es schon, wenn Andrej Kramaric schießt und ein Leverkusener sein Bein dazwischen stellt, wie bei der einzigen nennenswerten "Hoffe"-Chance in diesmal gefühlt besonders langen 90 Minuten? Auslegungssache.
Spötter bevorzugen ohnehin eine andere Lesart: Das vorerst letzte der umstrittenen und wieder abgeschafften Montagsspiele war wohl der beste Beweis dafür, dass diese niemand braucht. "Für den neutralen Zuschauer war es ohne Frage kein Leckerbissen", sagte Sebastian Hoeneß hinterher.
Die von ihm nach zuvor drei Niederlagen versprochene Reaktion seiner Mannschaft wollte der TSG-Trainer dennoch gesehen haben: "Die Art und Weise, wie wir verteidigt haben, sehr aggressiv, mit guter Körpersprache, ist wirklich positiv hervorzuheben." Schließlich habe seine Elf zuletzt mindestens anderthalb Spiele lang die richtige "Haltung komplett vermissen lassen". Diesmal war alles anders, fand Hoeneß: "Ich habe eine leidenschaftlich kämpfende Mannschaft auf dem Platz gesehen." Und zudem eine "taktisch gut eingestellte".
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Hoeneß rührt auf der Zielgeraden seiner Debüt-Saison, die er schon vor der Sieglos-Serie als "verkorkst" bezeichnet hatte, ein bisschen die Werbetrommel für sich und seine Arbeit. Er muss sich allerdings den Vorwurf gefallen lassen, dass sein Team zum wiederholten Mal offensiv überhaupt keine Lösungen fand. Fehlerfreie Defensivleistung hin oder her.
"Wir sind schwer ins Übergangsspiel gekommen, teilweise hat bei langen Bällen der Anschluss gefehlt, das war strukturell nicht top, das werden wir analysieren", kündigte der 38-Jährige an. Er habe am Ende noch auf ein "dreckiges Tor" gehofft, sei aber unterm Strich mit dem Resultat nicht unzufrieden. "Den Punkt nehmen wir mit, ohne dass wir in Freudentaumel geraten."
Beim Verteidiger Stefan Posch klang das so: "Natürlich war es kein Offensivfeuerwerk, aber wir haben die Grundsätze im Fußball auf den Platz gebracht, kämpfen und laufen." Keine Widerrede. Die Frage muss allerdings erlaubt sein, warum der ambitionierten Europapokal-Teilnehmer sechs Spieltage vor Schluss lediglich mit "Grundtugenden" überzeugen kann.
In den Pokalwettbewerben ist man krachend an Außenseitern gescheitert, in der Liga sind die Saisonziele längst außer Reichweite. Eine spielerische Entwicklung sucht man genauso wie einige Leistungsträger, etwa Andrej Kramaric oder Florian Grillitsch, ihre Form.
Vermutlich müssen die Hoffenheimer es schon als Erfolg verbuchen, wenn sie nicht doch noch ganz unten reinrutschen in der Tabelle. Grillitsch kann sich das ohnehin nicht vorstellen. Man wisse schließlich, welche Qualität man habe. "Wir beschäftigen uns nicht damit, wie viele Punkte wir noch brauchen, um nicht abzusteigen", sagte der Österreicher – und bei den Zuhörern rauchten abermals die Köpfe.
Weiterhin fünf Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz und Duelle in Leipzig und gegen Gladbach vor der Brust – zählt das noch nicht als Abstiegskampf? Auch das ist offensichtlich Auslegungssache.