Schefflenz

Michael Rechner formt die Torhüter der TSG Hoffenheim

Der Schefflenzer hatte nie den Plan, Torwarttrainer zu werden. Und hat doch Anteil an den erfolgreichen Karrieren einiger Profitorhütern. Den Job macht er heute aus Leidenschaft.

18.03.2021 UPDATE: 19.03.2021 06:00 Uhr 4 Minuten, 6 Sekunden
Gutes Team: Seit knapp sechs Jahren arbeitet Michael Rechner (rechts) tagtäglich mit Hoffenheims Keeper Oliver Baumann zusammen. Vor seiner Zeit im Bundesligakader war der Schefflenzer in der Akademie und bei der U23 der TSG als Torwarttrainer aktiv. Foto: TSG/pr

Von Matthias Miltz

Schefflenz/Sinsheim. Überall liest und hört man es: Das Torwartspiel hat sich rasant verändert und weiterentwickelt. Hauptverantwortlich wird dafür Manuel Neuer gemacht. Der Nationaltorhüter habe das Spiel auf ein ganz neues Level gehoben. Einer, der diese Aussagen nicht direkt unterschreiben würde, ist Michael Rechner. Der Schefflenzer war früher selbst als Keeper für unter anderem die U23 des Hamburger SV, den SV Waldhof Mannheim, Sachsen Leipzig und den VfR Mannheim aktiv.

Heute ist der 40-jährige Torwarttrainer bei der TSG Hoffenheim und arbeitet täglich mit 1899-Torwart Oliver Baumann zusammen. "Manuel Neuer ist der beste Torwart der Welt", sagt Rechner. "Für mich ist er das aber nicht, weil er so ein geniales Aufbauspiel hat. Er ist der Beste, weil er in den wichtigen Spielen für seine Mannschaft sehr wichtige Bälle hält. Neuer ist ein kompletter Torwart, der sehr wenige Fehler macht. Deshalb ist er so gut."

Michael Rechner. Foto: zg

Rechner ist der Meinung, dass sich das Torwartspiel nicht so extrem verändert habe, wie es so oft heißt. "Man brauchte früher schon eine gute Raumverteidigung", sagt er. "Natürlich verlangen die Trainer sehr viel von der Torhütern im Aufbauspiel. Aber das war früher auch so. Ich bin der Meinung, dass das Ganze etwas übertrieben dargestellt wird." Für ihn müsse ein Bundesligatorwart immer noch die gleichen Bedingungen mitbringen, die auch früher gefordert wurden. "Ein Keeper muss sehr gut mit Druck umgehen können, er muss athletisch und explosiv sein, und er muss in der Lage sein einen ,Big Safe’ zu haben – genau das wurde früher schon verlangt."

Hintergrund

Michael Rechner wurde am 27. Mai 1980 in Mosbach geboren. Nach seinen fußballerischen Laufbahn studierte Rechner Sportwissenschaften an der Ruprechts-Karl-Universität Heidelberg. Er schloss das Studium mit der Magisterarbeit "Das Anforderungsprofil und die moderne

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Michael Rechner wurde am 27. Mai 1980 in Mosbach geboren. Nach seinen fußballerischen Laufbahn studierte Rechner Sportwissenschaften an der Ruprechts-Karl-Universität Heidelberg. Er schloss das Studium mit der Magisterarbeit "Das Anforderungsprofil und die moderne Trainingsmethodik des Fußballtorwarts" ab. Seit 2015 ist er Torwarttrainer im Bundesligakader der TSG Hoffenheim.

> Stationen Junioren: unter anderem SV Schefflenz, SV Waldhof Mannheim

> Stationen Herren:

1999-2001 Hamburger SV II
2001-2002 VfR Mannheim
2002-2003 SV Waldhof Mannheim
2003-2004 Sachsen Leipzig
2004-2005 FC Schweinfurt 05
2005-2006 SV Waldhof Mannheim
2006-2008 TSG Weinheim
2008-2009 FC Zuzenhausen

> Nationalmannschaft:

1998-1999 Deutschland U-18

> Stationen als Trainer:

2008-2013 TSG Hoffenheim Akademie
2013-2014 TSG Hoffenheim II
seit 2015 TSG Hoffenheim

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Als Beispiel nennt Rechner den Niederländer Edwin Van der Saar, der jahrelang das Tor von Ajax Amsterdam und Manchester United hütete. Auch der habe schon in den Neunzigern ein Spiel sehr gut antizipieren können und sehr gut "mitgespielt". Als Torwarttrainer eines Bundesligisten weiß Rechner aber auch, "dass die Spieleröffnung extrem wichtig ist". Neben der Eröffnung seien die Raum- und Torverteidigung die zwei größten Aufgabenfelder eines Torhüters. "Dabei sollte aber keiner der drei Bereiche übergewichtet werden. Manuel Neuer zum Beispiel, ist in allen drei Bereichen enorm stark. Nicht nur in der Eröffnung."

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Rechner weiß, wovon er spricht. Nicht nur, weil er Bundesliga-Keeper Oliver Baumann trainiert. Auch andere Profi-Torhüter fanden auch dank ihm den Weg in den professionellen Fußball. Er war es, der im Jahr 2010 Koen Casteels für die TSG scoutete. "Wir waren damals in der Jugend auf dieser Position noch nicht so stark aufgestellt wie heute. Wir hatten das Ziel einen Torwart zu verpflichten, der die Perspektive hat, Bundesliga zu spielen."

Eigentlich sei er in erster Linie wegen den deutschen Torhütern beim U-Länderspiel zwischen Belgien und Deutschland gewesen, "aber Casteels ist direkt positiv aufgefallen". Der Belgier sei damals schon sehr weit, sehr athletisch und gut ausgebildet gewesen. Die TSG wollte den jungen Keeper im Anschluss nach Sinsheim locken, was sich allerdings etwas schwierig darstellte. "Sein damaliger Verein KRC Genk teilte uns direkt mit, dass Koen unverkäuflich sei", erinnert sich Rechner. Also musste man weitersuchen – und stieß auf den zweiten Mann hinter Casteels. Sein Name: Thibaut Courtois, heute die Nummer eins bei Real Madrid.

"Auch Courtois fiel uns bei einem Juniorenländerspiel auf. Er saß mit seinen Eltern bei uns in Hoffenheim am Tisch und gab uns seine mündliche Zusage." Allerdings machten die schulischen Leistungen einen damaligen Wechsel zunichte. "Er war in Belgien durch sein Abi gefallen, und seine Eltern wollten, dass er seinen Schulabschluss in Belgien macht. Also sollte das Ganze um ein Jahr verschoben werden", erzählt Rechner.

Doch wie so oft im Fußball kam dann alles anders. In Genk verletzte sich der Stammkeeper, weshalb Casteels und Courtois aufrückten. Allerdings verletzte sich auch Koen Casteels, weshalb Courtois am Ende zwischen den Pfosten stand. "Thibaut spielte dann alle Spiele und wurde am Ende für viel Geld an Chelsea verkauft. Als Chelsea Interesse bekundete, waren wir natürlich raus aus dem Rennen." Doch nach dieser Absage machten die Hoffenheimer Genk erneut ein Angebot, und Casteels wechselte zur TSG. "Casteels hatte dann leider eine schwere Schienbeinfraktur und fiel über ein halbes Jahr aus, danach kam Oliver Baumann. Koen wurde dann an Wolfsburg verkauft, weshalb ich selbst nicht sehr lange mit ihm trainieren konnte", sagt Rechner. In Wolfsburg ist Casteels heute die unangefochtene Nummer eins und Spielführer.

Doch nicht nur der Belgier schaffte über die TSG und Rechner den Sprung zum Profi. Auch Gregor Kobel, Stammtorhüter beim VfB Stuttgart, und Marvin Schwäbe, Stammtorhüter in Dänemark bei Bröndby IF, trainierten unter Rechner in Hoffenheim. "Beide sind extrem gute Torhüter. Dass wir sie abgegeben haben, hatte jeweils nichts mit ihren Fähigkeiten zu tun." Mit Oliver Baumann hatte die TSG in beiden Fällen einen Mann zwischen den Pfosten stehen, der es in Hoffenheim bis zum Nationalspieler gebracht hatte.

"Oli spielt extrem stabil, deswegen war es für beide sehr schwer an ihm vorbeizukommen", erklärt Rechner. "Marvin wäre bei uns als Nummer zwei hinter Baumann in die Saison gegangen. Als das Angebot aus Dänemark kam, war klar, dass er geht, um dort die Nummer eins zu sein." Für Schwäbe sei es der richtige Schritt gewesen, da er in Bröndby mehr Spielzeit bekomme. Die richtige Entscheidung habe auch der Schweizer Kobel getroffen. "Auch, wenn es bei Gregor etwas enger war. Wir wollten nicht mit beiden in die Saison gehen, da beide überragende Bundesligatorhüter sind." Man entschied sich für Baumann – nicht zuletzt wegen der Erfahrung des 30-Jährigen. "Außerdem konnten wir für Gregor einen hohen Transfererlös erzielen, und er hat in Stuttgart seinen Stammplatz."

Zu beiden ehemaligen Schützlingen habe Rechner heute noch einen "guten Kontakt". Als ehemaliger Trainer verfolge er die Karriere der beiden ganz genau. Und: Hinter Oliver Baumann kommen schon die nächsten Talente dei der TSG Hoffenheim, mit denen Rechner arbeitet. "Mit Luca Philipp, Daniel Klein und Nahuel Noll haben wir drei junge Keeper, die großes Potenzial besitzen."

Dabei war es nie der Plan des Schefflenzers, einmal Torwarttrainer zu werden. "Als Spieler blieb mir damals der große Durchbruch verwehrt, deshalb habe ich mich dazu entschieden zu studieren." Neben seinem Studium war er dann "just for fun", wie er selbst sagt, bei der SpVgg Neckarelz als Torwarttrainer unter Peter Hogen aktiv. "Zu dieser Zeit veränderte sich in Hoffenheim gerade Einiges. Peter sagte zu mir, dass ich mich doch einfach bewerben solle", erzählt er. Mit Erfolg: Rechner wurde als Torwarttrainer der Jugend und Scout eingestellt. "Ich bin froh, dass die TSG Hoffenheim mir diese Chance ermöglicht hat. Der Fußball war schon immer meine große Leidenschaft."

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