Hoffenheim gegen Berlin

Rot sehen und sich schwarzärgern

Nach dem 1:3 gegen Berlin hadert "Hoffe" vor allem mit einem Platzverweis. "Hinten kommt es knüppeldick", sagt TSG-Trainer Hoeneß.

03.11.2020 UPDATE: 04.11.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 22 Sekunden
Spielentscheidende Szene? Robert Hartmann zeigt Robert Skov den roten Karton. Foto: APF

Von Nikolas Beck

Sinsheim. Etwas mehr als eine halbe Stunde war gespielt, als sich Sebastian Rudy oben rum freimachte. Bei Temperaturen, die Anfang November an einen milden Sommerabend erinnerten, war es dem 30-Jährigen mit Langarm-Shirt unter dem Trikot wohl einfach zu heiß geworden. Ob Rudy die Warnung seines Cheftrainers zu wörtlich genommen hatte? Mehrfach hatte Sebastian Hoeneß schließlich betont, dass man sich gegen Union Berlin warm anziehen müsse.

Oder wollte der Hoffenheimer Rekordspieler in der menschenleeren Sinsheimer Arena einfach nur ein Zeichen setzen? So nach dem Motto: Jungs, wir müssen jetzt die Ärmel hochkrempeln. Am Ende half alles nichts: Ohne Unterhemd war Rudy im weiteren Spielverlauf am Montagabend zwar einer der besseren Kraichgauer, die TSG Hoffenheim unterlag den "Eisernen" aber mit 1:3.

Am vergangenen Donnerstag gab’s ein 4:1 in Gent, am kommenden empfängt man Liberec. Im Europapokal-Sandwich ließen sich die Bayern-Bezwinger von den Berlinern aber sprichwörtlich die Butter vom Brot nehmen. Brotlose Kunst im Angriff und eine Abwehr, die mehrfach an den löchrigen Schweizer Käse erinnerte, waren die Zutaten des vierten sieglosen Bundesligaspiels hintereinander.

Florian Grillitsch ärgerte sich schwarz. Als er unmittelbar nach Spielschluss seinen Senf dazugab, um im Bild zu bleiben, sprach er von einem guten Montagsspiel, das hin und her ging, mit Chancen auf beiden Seiten. Mit dem Unparteiischen war "Grillo" aber überhaupt nicht zufrieden: "Der einzige, der kein Bundesliga-Niveau hatte, war der Schiedsrichter. Egal ob fachlich oder in der Kommunikation, das war bodenlos", schimpfte der Österreicher über die Leistung von Robert Hartmann.

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Der Unmut des 25-Jährigen kam nicht von ungefähr. Die Rote Karte gegen Robert Skov, der nach knapp einer Stunde im Laufduell Berlins Sebastian Griesbeck zu Fall brachte, bezeichnete auch Hoeneß als "wahnsinnigen Nackenschlag". Die Doppelbestrafung durch Elfmeter und Platzverweis fand der TSG-Trainer "aus unserer Sicht zu hart und sicherlich mitentscheidend".

Sein Mittelfeldstratege gab sich im TV-Interview weniger diplomatisch: "Schauen Sie sich mal den Griesbeck an, der ist 1,90 Meter groß und hat sicher 85 Kilo", so Grillitsch: "Dann kommt eine Berührung auf der Schulter und der fliegt. Da sage ich, okay, Elfmeter kann man geben. Aber wenn das eine Rote Karte ist, dann gibt es ja nur noch Rote Karten."

Wenn der ganz große Ärger aber erst einmal verflogen ist, dann setzen bei Fußball-Profis gewisse Schutzmechanismen ein. Dann wird schnell nach vorne geschaut; nur das Positive mitgenommen. Kevin Akpoguma etwa sagte: "Charakterlich und von der Mentalität her war es ein sehr gutes Spiel von uns." Und man kann dem Abwehrspieler nicht einmal widersprechen. Mit einem Mann weniger mobilisierten die Hausherren die letzten Kräfte, kamen nicht unverdient zum Ausgleich. Dennis Geiger glaubt sogar, es wurde seinem Team zum Verhängnis, dass es anschließend sogar noch mehr wollte: "Wir müssen solch ein Spiel über die Zeit bringen und den Punkt mitnehmen", ärgerte sich der Mosbacher.

War’s also eine Niederlage der Moral? Auf jeden Fall war es eine Partie, die offenbarte, dass der Reifeprozess, den Hoeneß und Co. nach dem Auswärtssieg in Belgien hervorhoben, noch nicht abgeschlossen sein kann.

Vor allem die Leistung der Defensive, wo der Coach zuletzt eigentlich eine "große Stabilität" ausgemacht hatte, gab am Montag zu denken. "Hinten kommt es gerade knüppeldick", sagte Hoeneß – und meinte damit freilich vor allem die dünne Personaldecke. Neben Robert Skov, der für ein Liga-Spiel gesperrt wurde und damit am Sonntag beim VfL Wolfsburg fehlt, muss "Hoffe" auch um Stefan Posch bangen. Der Österreicher war umgeknickt und musste ausgewechselt werden, eine genaue Diagnose steht aber noch aus. Weil auch Kapitän Benjamin Hübner noch nicht fit ist, hofft man bei der TSG darauf, Pavel Kaderabek und Kasim Adams nach ihrer Quarantäne bald wieder einsetzen zu können. Für Toptorjäger Andrej Kramaric gilt das sowieso.

Ansonsten heißt es auch in den kommenden Spielen wieder: Besser warm anziehen. Vor allem natürlich im übertragenen Sinn.

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