Hoffenheim besiegte den HSV mit Rammstein und Gebrüll
Die veränderten Hoffenheimer stürzen mit einem 3:0-Sieg den desolaten Hamburger SV noch tiefer in die Krise.
Sinsheim. Die Zeichen waren nicht trügerisch, die Rituale stimmten. Entschlossene Mienen, konzentrierte Gesichter wurden bei der Startelf-Vorstellung auf der Videotafel gezeigt; harte Rammstein-Musik dröhnte aus den Stadionlautsprechern; die Hoffenheimer Spieler bildeten eng umschlungen einen Arbeitskreis vorm Anstoßpunkt und brüllten sich Aufmunterndes zu. Und dann ging es wild los.
Schon nach 52 Sekunden hatte Roberto Firmino die erste dicke Chance der Partie, bereits in der vierten Minute glückte dem Brasilianer die Führung. Das Abseitstor ebnete frühzeitig den Erfolgsweg - Niklas Süle (44.) und Andreas Beck (61.) köpften und schossen danach die Ängste und Sorgen weg. "Total happy" war Hoffenheims Trainer Markus Gisdol nach diesem 3:0-Sieg gegen einen freilich desolaten Hamburger SV. Gisdol fröhlich: "Die Mannschaft hat die Dinge, die wir uns vorgenommen haben, sehr gut umgesetzt."
Schwere Tage hatten die Hoffenheimer zu erleiden, nach dem 0:4-Schock zum Rückrundenauftakt beim 1. FC Nürnberg. "So eine Trainingswoche will ich nicht noch mal erleben", sagte Defensivmann Tobias Strobl nach dem Samstagsdreier und schmunzelte bei der Erinnerung an längere Arbeitszeiten, einer aggressiveren Gangart und klaren Ansagen der Sportchefs. "Die Leistung gegen Nürnberg war so nicht tolerierbar", erklärte Direktor Alexander Rosen die verschärften Maßnahmen.
In der Abstiegsgefahr handelte Trainer Gisdol. Und wagte umfangreiche Personal- und Positionswechsel. Fünf Änderungen in der Anfangsformation erstaunten: Strobl rückte für den an der Hand verletzten Fabian Johnson in die Verteidigung, David Abraham wurde an Stelle von Jannik Vestergaard in die Abwehrzentrale berufen, Sejad Salihovic verdrängte Jiloan Hamad aus dem Mittelfeld, Kevin Volland übernahm den Job von Tarik Elyounoussi und Kai Herdling bekam gegenüber Mittelstürmer Sven Schipplock den Vorzug. Obendrein entschied sich Gisdol erstmals in dieser Saison, Firmino als Stürmer aufzubieten sowie Käpt'n Beck auf der linken und Strobl auf der rechten Seite verteidigen zu lassen. Die Umbaumaßnahmen fruchteten. "Wir waren absolut diszipliniert in der Defensive und haben geduldig abgewartet", sagte der Trainer voller Anerkennung und Genugtuung. Denn die "Schießbude" blieb diesmal dicht, erstmals seit 24 Bundesliga-Spielen musste "Hoffe" keinen Gegentreffer hinnehmen.
Dabei genügte den Hoffenheimern vor 25 600 Zuschauern eine allenfalls solide Darbietung, um aus Hamburg Humbug zu machen. Die unfassbar Schlechten torkelten mit Quer- und Rückpassen in ihre fünfte Niederlage in Serie; aus irrsinnigen 67 Prozent Ballbesitz resultierten zwei Halbchancen. Die Uwe-Seeler-Traditionsmannschaft spielt einfallsreicher und leidenschaftlicher als dieser HSV.
"Eine Katastrophe! Alles geht schief. So macht Fußball keinen Spaß", lederte Hamburgs Kapitän Rafael van der Vaart los. Coach Bert van Marwijk strich den trainingsfreien Montag - und flüchtete sich in der Not in Phrasen: "Die Hoffnung darf man nie aufgeben. Sonst kannst du gleich aufhören."
In der Hansestadt wird bereits die Geschichte vom "Fliegenden Holländer" neu erzählt, van Marwijks Ende an der Elbe erwartet - es wäre die zweite Trainerentlassung beim HSV in dieser Saison. Zweideutig klang deshalb die Aussage des Kollegen Gisdol: "Die Bundesliga ist die derzeit gefährlichste Liga der Welt." Hoffenheims Trainer blickte aufs Tabellenbild: Der Rangelfte ist nur vier Punkte vom Relegationsplatz entfernt.