Liverpool gegen Hoffenheim

"Wenn es jemand schafft, dann Hoffenheim", meint Markus Babbel

Fußballtrainer und Ex-Profi Markus Babbel freut sich auf das Playoff-Rückspiel seiner Ex-Klubs Hoffenheim und Liverpool

21.08.2017 UPDATE: 22.08.2017 06:00 Uhr 4 Minuten, 54 Sekunden

Hatte als Manager und Trainer in Hoffenheim alle Hände voll zu tun: Markus Babbel. Foto: APF

Von Benjamin Miltner

Heidelberg. Er war vier Jahre Spieler beim Liverpool FC (200-2004), sechs Monate Manager und zehn Monate Trainer bei der TSG Hoffenheim (2012). Markus Babbel gibt sich im RNZ-Interview selbstkritisch, lobt seinen Ex-Klub Hoffenheim ebenso wie Trainer-Kollege Julian Nagelsmann und spricht über seinen Job beim FC Luzern.

Hintergrund

Markus Babbel (44) wurde am 8. September 1972 in München geboren. Er ist in zweiter Ehe mit der Mannheimer RNF-Moderatorin Tina Ries verheiratet und hat aus beiden Ehen je zwei Kinder. Als Fußballprofi hat Babbel eine bewegte Karriere hinter sich. Mit seinem Jugendverein

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Markus Babbel (44) wurde am 8. September 1972 in München geboren. Er ist in zweiter Ehe mit der Mannheimer RNF-Moderatorin Tina Ries verheiratet und hat aus beiden Ehen je zwei Kinder. Als Fußballprofi hat Babbel eine bewegte Karriere hinter sich. Mit seinem Jugendverein Bayern München (1981 - 2000) wurde er Uefa-Cup-Sieger und dreimal deutscher Meister, mit dem VfB Stuttgart (2007) ein viertes Mal. Beim Liverpool FC (2000 - 2004) holte er fünf Titel, darunter erneut den Uefa-Cup. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere fiel Babbel über ein Jahr durch das Guillain-Barré-Syndrom aus. Für die deutsche Nationalmannschaft bestritt er 53 Länderspiele und wurde 1996 Europameister. Als Trainer arbeitete Babbel bereits beim VfB Stuttgart, Hertha BSC und 1899 Hoffenheim. Im Oktober 2014 übernahm er den Schweizer Erstligisten FC Luzern. bmi

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Markus Babbel, Sie arbeiten seit fast drei Jahren in der Schweiz - wie lebt es sich da unten?

Die Frage hat sich schon beantwortet, sonst wäre ich nicht mehr dort (lacht). Mir gefällt es in Luzern sehr gut.

Acht Punkte aus fünf Spielen, nur beim Meister Basel verloren: Zufrieden mit dem Saisonstart des FCL?

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Ja! Vor allem, wenn man bedenkt, dass wir sieben Stammspieler ersetzen mussten. Insgesamt ist die Super League eine sehr interessante Liga. Es geht etwas ruhiger ab, hier ist alles nicht so versaut.

Wie bitte?

Wenn man den ganzen Wahnsinn momentan miterlebt mit den Ablösesummen und Gehältern - das ist hier schon anders. Ganz ehrlich: Wenn wir für einen Spieler 100.000 Euro Ablöse zahlen müssen, dann ist das für uns extrem viel. In der Schweiz gibt es Erstliga-Profis, die spielen für 4000 Franken im Monat, das finde ich bemerkenswert.

Bemerkenswert ist auch der Weg, den 1899 Hoffenheim geht. Verfolgen Sie Ihren Ex-Verein noch?

Natürlich. Ich interessiere mich sehr für die Vereine, bei denen ich tätig war. Die Entwicklung von Hoffenheim freut mich. Sie haben im Vorjahr eine außergewöhnliche Saison gespielt und sich mit der Champions-League-Qualifikation belohnt. Und darf ich Ihnen etwas verraten?

Nur zu.

Ich freue mich sehr darauf, einen Verein international zu sehen, der nicht schon hundertmal im Europacup dabei war. Arsenal gegen Bayern - das haben wir in den vergangenen Jahren ja gefühlt 20 Mal gesehen, irgendwann ist das nichts mehr Besonderes.

Haben Sie das Playoff-Hinspiel zwischen Hoffenheim und Liverpool gesehen?

Klar. Das hat Spaß gemacht. Gefühlt wäre ein Remis gerecht gewesen. Liverpool war ein wenig abgezockter, Hoffenheim hat naive Fehler gemacht. Das darf im Rückspiel nicht passieren, sonst hat die TSG keine Chance mehr.

Worauf muss sich "Hoffe" in Liverpool einstellen - Sie kennen die Atmosphäre an der Anfield Road ja bestens.

Welches Anfield meinen Sie?

Ich verstehe Ihre Frage nicht.

(Lacht) Es gibt ein Anfield am Nachmittag und eines am Abend. Das sind zwei Hausmarken.

Klingt für Mittwochabend bedrohlich.

Die Kunst wird es sein, zu verhindern, dass Liverpool ins Rollen kommt. Das können die Hoffenheimer schaffen, wenn sie selbst dominant auftreten. So kann es auch an der Anfield Road ruhiger werden, sogar Missmut aufkommen.

Und wenn nicht?

Dann explodiert der Kessel. Hoffenheim kennt es zwar, vor 80.000 Fans in Dortmund zu spielen, aber das ist noch mal etwas anderes, eine extreme Lautstärke. Der BVB hat es 2016 in der Europa League ja selbst erlebt, mit 3:1 im Viertelfinal-Rückspiel geführt, war quasi durch. Aber es hat nur eine Aktion gebraucht und der Funke ist über gesprungen, die Partie gekippt. Das ist im Anfield schon speziell.

Hand aufs Herz: Wem drücken Sie die Daumen?

Das ist das Schöne für mich, der große Vorteil, den ich habe: Egal, wer weiterkommt, ich freue mich. Das ist eine wunderbare Ausgangssituation.

Schon ganz der Schweizer, zur Neutralität verpflichtet.

Ich bin nicht auf einen Verein fokussiert, habe in Hoffenheim wie Liverpool eine fantastische Zeit gehabt. Die "Reds" waren für mich als Verein schon speziell.

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Meine Auslandsstation als Profi bei so einem Klub zu verbringen, war schon etwas ganz Besonderes. Das eine Jahr, in dem ich dort verletzungsfrei spielen konnte, war meine beste Saison überhaupt, gekrönt mit fünf Titeln - nicht so schlecht (lacht).

Und dann hat sie das Guillain-Barré-Syndrom (GBS), eine Nervenkrankheit, gestoppt.

Das war natürlich alles anderes als einfach. Aber auch die Art und Weise, wie der Verein mit mir während und nach der Krankheit umgegangen ist, war sensationell. Liverpool ist eine fantastische Stadt mit fantastischen Menschen, genau mein Ding. Ich hatte riesige Lust, dass es dort ein paar Jahre so weitergeht. Leider kam die Krankheit dazwischen - es sollte nicht sein.

Sollte nicht sein - das wäre auch eine passende Überschrift für Ihr Wirken in Hoffenheim.

Auch hier war es keine leichte Zeit. Es gab gewisse Umstände, allen voran natürlich der tragische Unfall von Boris Vukcevic. Das war eine extrem schwierige Situation für uns alle. Aber ich habe auch viele positive Dinge aus Hoffenheim mitgenommen, mich zum Beispiel mit Dietmar Hopp und Alexander Rosen (Anm. der Redaktion: damals Leiter der Nachwuchsabteilung) hervorragend verstanden und auch einen gewissen Einfluss gehabt, den Alex zum Bleiben zu überreden.

Musste man das?

Er hatte sich eigentlich schon für Leipzig entschieden. Aber wir haben es geschafft, ihn umzustimmen - im Nachhinein betrachtet nicht der schlechteste Schachzug (schmunzelt).

Mit fünf Jahren Abstand: Hätten Sie mit dem Wissen von heute in Hoffenheim etwas anders gemacht?

Absolut. Ich wäre sehr naiv, nicht reflektierend, wenn ich sagen würde: Mar-kus, du hast hier alles richtig gemacht - aber es hat trotzdem nicht funktioniert.

Was hat nicht funktioniert? War die Zwitter-Rolle als Trainer und Manager zuviel?

Die Doppelbelastung war ein Riesen- Problem, aber es gab ein noch größeres: Ich habe nach meinem Aus bei Hertha mit nur zwei Monaten Abstand zu früh wieder begonnen. Die Zeit in Berlin war sehr intensiv, hat viel Kraft gekostet. Da hätte ich mir mehr Auszeit gönnen müssen. Aber das Angebot, in Hoffenheim zu arbeiten, war zu verlockend.

Hätten Sie sich nicht auch besser auf das Verkünden hoher Ziele verzichten sollen? Stichwort Europa-League-Nummernschild.

Jein. Ich mag ambitionierte Ziele. Ich habe Hoffenheim in einer schwierigen Phase übernommen, wir sind noch Achter geworden. Also dachte ich: Wenn du mit so einer schlechten Saison fast schon nach Europa kommst, dann will ich nicht wissen, was passiert, wenn wir eine gute spielen. Ich wollte Hoffenheim aus dem grauen Umfeld holen - im Nachhinein war das vielleicht ein Fehler.

War der Verein noch nicht so weit?

Ja, wir waren auch mental noch nicht bereit, auch durch die damaligen Umstände. Aber noch einmal: Ich bin kein Fan von Durchhalteparolen. Ich würde es wieder so machen, das ist mir trotzdem lieber, als ziellos vor sich herzudackeln.

Auch wenn es sportlich nicht gepasst hat - haben Sie noch Kontakt in die Region?

Hoffenheim war eine super Zeit für mich. Ich habe viele tolle Leute kennengelernt, zum Beispiel meine Frau (lacht), die ist Mannheimerin. Wir haben hier viele Freunde, die meisten in der Kurpfalz, teils auch im Kraichgau. Ich bin hier also schon noch ab und an präsent.

Stimmt es, dass Sie vor Jahren die Halbmarathons in Heidelberg und Mannheim mitgelaufen sind?

Ja. Heidelberg war sensationell, die Strecke wunderschön. Mannheim hat mir nicht so gut gefallen: Zu flach, zu viele Menschen, zu wenig Platz.

Zurück zum Fußball. Liverpool oder Hoffenheim: Wer packt die Champions League?

Ich glaube, Liverpool wird sich durchsetzen. Die größere Erfahrung, Routine, auch Überzeugung hat sich im Hinspiel zwar nur in Kleinigkeiten gezeigt, aber den Ausschlag gegeben.

Keine Hoffnung für die TSG?

Wenn es jemand schafft, dann Hoffenheim. Sie haben das Spielerpotenzial, um das Unmögliche möglich zu machen. Aber es wird verdammt schwer.

Ein Wort noch zu Ihren Kollegen Julian Nagelsmann und Jürgen Klopp?

Über Klopp müssen wir nicht diskutieren. Egal, ob in Mainz, Dortmund oder Liverpool: Er macht es nun schon viele Jahre überragend. Nicht nur als Trainer, sondern auch das ganze Drumherum. Er ist zum Aushängeschild geworden.

Und Nagelsmann?

Für sein Alter sensationell. In Hoffenheim läuft es. Er muss nur noch den Beweis liefern, ob das woanders genauso funktioniert. Aber so wie er sich gibt, wirkt das Ganze schon sehr strukturiert und durchdacht. Hier in Hoffenheim genießt er eine hohe Wertschätzung, kann in Ruhe Erfahrungen sammeln - um dann irgendwann für den nächsten Schritt bereit zu sein.

Persönlich kennen Sie sich aber nicht?

Nein. Aber er ist auch ein Bayer, der muss ein Guter sein (lacht).

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