TSG 1899 Hoffenheim

Die Vorrunde in der Analyse

Von der Anfield Road träumt jeder und Erfolge wecken allseits Begehrlichkeiten - Elf Facetten, um die TSG Hoffenheim nach der Vorrunde zu analysieren

18.12.2017 UPDATE: 19.12.2017 06:00 Uhr 3 Minuten, 46 Sekunden
Lust auf mehr: Hoffenheims Mark Uth erzielt hier das zwischenzeitliche 1:3 im Champions-League-Qualifikationsspiel am 23. August beim FC Liverpool. Foto: APF/Imago

Von Joachim Klaehn und Nikolas Beck

Heidelberg. Elf Facetten, um sich mit dem hiesigen Bundesligisten TSG 1899 Hoffenheim näher zu beschäftigen: Die RNZ-Sportredaktion zieht eine bunte Vorrundenbilanz.

Hintergrund

Julian Nagelsmann:

> "Schon unser U 19-Busfahrer hat immer gesagt, dass es eng wird, wenn man seine Chancen nicht macht." - Nach dem 2:2 gegen den FC Augsburg.

> "Ich bin vielleicht nicht die hellste Leuchte am Christbaum, aber auch nicht die dunkelste.

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Julian Nagelsmann:

> "Schon unser U 19-Busfahrer hat immer gesagt, dass es eng wird, wenn man seine Chancen nicht macht." - Nach dem 2:2 gegen den FC Augsburg.

> "Ich bin vielleicht nicht die hellste Leuchte am Christbaum, aber auch nicht die dunkelste. Ich habe nicht die Illusion, dass die Farben meiner Jacken einen Einfluss auf meine künftigen Trainerjobs haben." - Über seinen angeblichen Flirt mit Bayern München.

> "Ich glaube, zu früh ist nicht so gut, weil die müssen immer ausnüchtern, bevor es überhaupt mal los geht. Nicht so früh, dass sie lange schlafen können, auch nicht zu spät, dass sie zu spät in die Disco kommen." - Über Amateurfußballer im Vorfeld der Partie gegen Hertha BSC zur ungewohnten Zeit an einem Sonntag um 13.30 Uhr.

> "Gedanken würde ich mir machen, wenn er sagen würde: Hoffentlich ist der Penner bald vom Hof." - Über die Ansage von Dietmar Hopp, die TSG bestehe darauf, dass Nagelsmann seinen Vertrag erfüllen wird.

> "Die Neuzugänge sind nicht hier, weil sie schöne Frisuren oder hübsche Frauen haben." - Über die Sommertransfers.

> "Ich bin erst um 4 Uhr eingeschlafen. Aber ich habe ,Nivea Kickfresh‘ drauf. Das habe ich in der Werbung beim Jogi gesehen und dann sofort gekauft." - Über sein Aussehen nach einer langen Europapokal-Nacht. nb

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> Wahrnehmung: In der Bewertung des bisherigen Saisonverlaufs differenzierte TSG-Cheftrainer Julian Nagelsmann zwischen einem subjektiven und einem objektiven Vorrundenfazit. Subjektiv betrachtet sei es "eine schlechtere Runde als letztes Jahr" geworden, vor allem wenn man die Anzahl der Niederlagen, die überwiegend mageren Europa-League-Auftritte sowie das frühe DFB-Pokal-Aus in der 2. Runde bei Werder Bremen (0:1) miteinbezieht. Objektiv darf festgestellt werden, dass "Hoffe" sich erneut in Schlagdistanz zum internationalen Geschäft befindet und zumindest in der Bundesliga sein Leistungsvermögen untermauert hat.

> Talente: Einer der Säulen der Vereinsphilosophie ist der Einbau von Perspektivspielern in den Profikader. Wettbewerbsübergreifend kam Dennis Geiger (19) aus Mosbach auf 19 Einsätze. Der agile Sechser sowie Innenverteidiger Stefan Posch (20) haben den größten Sprung gemacht. Philipp Ochs (20) stagniert - hier liegt ein Leihgeschäft im Bereich des Möglichen. Robin Hack (19) feierte in Freiburg seine Erstliga-Premiere. Dort gelang "Hacki" gleich ein Treffer (14.). Ersatzkeeper Gregor Kobel (20) durfte in beiden Pokalspielen sowie gegen Ludogorets Rasgrad (1:1) für Oliver Baumann ran.

> Neuzugänge: Im Sommer 2016 hatte die TSG ein glückliches Händchen, in dieser Saison fällt das bisherige Fazit durchwachsen aus. Die Enttäuschung: Süle-Nachfolger Havard Nordtveit. "Howie muss vielleicht mal in die Waschstraße und alles, was war, runterwaschen", sagte Nagelsmann. Gemeint waren das schwierige England-Intermezzo bei West Ham United, die Verletzungsprobleme sowie der Stotterstart im 1899- Trikot. Bayern-Leihe Serge Gnabry konnte sein Können nur punktuell zeigen, der "Muskelmann" war immer wieder verletzt. Positiv: Energiebündel Nico Schulz hat sich überzeugend integriert, Florian Grillitsch inzwischen gesteigert.

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> Resonanz: Im Ligabetrieb wurde der Schnitt auf 29.272 Zuschauer angehoben. Sechs der neun Heimspiele waren ausverkauft (Bremen, Bayern, Schalke, Frankfurt, Mönchengladbach und Stuttgart), gegen Hertha (27.243 ), Augsburg (27.014 ) und Leipzig (28.299 ) blieben Plätze in der Rhein-Neckar-Arena frei. "Hoffe" liegt auf Rang 13 in der Zuschauerstatistik - vor Mainz, Augsburg, Wolfsburg, Leverkusen und Freiburg.

> Klubführung: Hoffenheims Standing hat sich seit dem Aufstieg in Deutschlands Beletage ständig verbessert. Klubbesitzer Dietmar Hopp (77) hält unverändert das Steuer fest in der Hand. Die Geschäftsführung wurde zum wiederholten Mal auf drei Personen aufgeteilt. Frank Briel (Finanzen, Organisation und IT), Dr. Peter Görlich (Innovation, Sponsoring, Marketing, Internationalisierung/Digitalisierung) sowie Hans-Dieter Flick, der seit dem 1. Juli 2017 als Geschäftsführer Sport fungiert, lenken die Geschicke. Der 52-jährige Netzwerker soll die sportliche Internationalisierung vorantreiben, basierend auf der DNA der TSG, die sich an den Leitbildern Innovation, Bodenständigkeit, Mut und Stabilität orientiert. Hopp hält große Stücke auf den zurückhaltenden Flick (Vertrag bis 2022).

> Höhepunkte: Wer den Fußball liebt, der weiß: Viel mehr geht kaum! Vom Stadion an der Anfield Road träumt jeder Kicker. Und dank der überragenden Vorsaison ging dieser Traum für die "Nagelsmänner" in Erfüllung. Wenngleich das Rückspiel gegen den FC Liverpool in der Qualifikation zur Champions League rein sportlich gesehen eher wie ein Albtraum begann. Aber es gab auch Spiele, bei denen Erlebnis und Ergebnis passten. Erinnert sei an dieser Stelle an die bärenstarken Heimauftritte gegen Bayern München und Schalke 04 (jeweils 2:0) und das 4:0-Spektakel gegen Vizemeister RB Leipzig.

> Tiefpunkte: Welches Ereignis des Jahres 2017 er denn am liebsten vergessen würde, wurde Nagelsmann in der vergangenen Woche gefragt. So spontan sei das schwierig, blieb er zwar schmunzelnd eine Antwort schuldig. Zumindest in die engere Auswahl dürfte aber auch das Hinrundenfinale in Dortmund kommen. Weil die TSG überlegen war, dem BVB aber freundlich die drei Punkte unter den Weihnachtsbaum legte. Um das enttäuschende Abschneiden in der Europa League kommt man bei einer Auflistung der Tiefpunkte der bisherigen Saison ebenfalls nicht umher. Und dann war da noch diese "Krise", die der Trainer nach dem katastrophalen Auftritt beim Kellerkind Hamburg (0:3) selbst ausgerufen hatte.

> Störfeuer I: Es war schon erstaunlich, wie häufig sich Nagelsmann im Vorfeld einer Bundesligapartie auf Nebenkriegsschauplätzen aufhalten musste. Begonnen hatte alles mit einer roten Jacke, die vielmehr "weinrot mit orangenen Applikationen" war, wie der Landsberger klarstellte. Weil er diese aber ausgerechnet bei einem Familienausflug nach München trug, meinten viele, der immer wieder als neuer Bayerntrainer Gehandelte wolle sich anbiedern. Nagelsmann fühlte sich zu unrecht als "Vagabund" bezeichnet - was freilich nichts daran änderte, dass seine Zukunft wenig später auch im Zusammenhang mit dem BVB erneut thematisiert wurde. Kurioser Höhepunkt: Nagelsmann musste sich vor TV-Kameras zu einem vermeintlichen Ratschlag von Noch-Bayern-Trainer Jupp Heynckes äußern. Später kam heraus, dass es gar nicht Heynckes, sondern Ottmar Hitzfeld war, der Nagelsmann einen längeren Verbleib in Hoffenheim nahe gelegt hatte.

> Störfeuer II: Es ist der Fluch der guten Tat. Erfolgt weckt nun mal Begehrlichkeiten. Wenig verwunderlich also, dass nach der überragenden Vorsaison die Konkurrenz bei den TSG-Spielern ganz genau hinschaut. Sturmführer Sandro Wagner hat "Hoffe" allem Anschein nach bereits an die Bayern verloren. Mark Uth, bislang treffsicherster Angreifer (neun Tore), kann sich seinen Arbeitgeber nach der Saison aussuchen - und wird heftig umworben. Und auch die Mittelfeldmänner Kerem Demirbay und Nadiem Amiri haben sich in die Notizbücher internationaler Beobachter gespielt.

> Störfeuer III: Es nimmt kein Ende: Auch in dieser Spielzeit, der mittlerweile zehnten der TSG in der Bundesliga, meinen gegnerische "Fans" in ärgerlicher Regelmäßigkeit, Dietmar Hopp verunglimpfen zu müssen. Schmähungen aus dem Gästeblock, stets lautstark und unter der Gürtellinie, dazu pietätlose Plakate wie beim Heimspiel gegen Gladbach und dem Gastspiel in Köln. Hopp hat rechtliche Schritte gegen die "Krakeeler" eingeleitet.

> Ausblick: Während bis dato kaum Zeit zum Durchschnaufen blieb, entspannt sich der Terminkalender nach dem Jahreswechsel spürbar. Lediglich die 17 verbleibenden Bundesligaspiele hat 1899 noch zu absolvieren. Sportdirektor Alexander Rosen ist sich sicher: "Das hilft." In der ersten Saisonhälfte hatte Hoffenheim durch die zusätzlichen beiden Qualifikationsspiele zur Champions League, sechs Gruppenspiele in der Europa League und zwei Pokalduelle insgesamt 27 Partien bestritten. Bewahrheitet sich Rosens Prognose, könnte wieder ein Platz unter den ersten Vier herausspringen. Entscheidend wird sein, weniger Verletzungspech als in der Hinserie zu haben und die Chancenverwertung zu verbessern. Vor allem an letzterem haperte es wettbewerbsübergreifend.

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