Hoffenheim gegen Bayern

Ein Wiedersehen mit Süle und Rudy

Sebastian Rudy und Niklas Süle, die beiden Ex-TSGler, haben im Kraichgau große Lücken hinterlassen und bekommen in München ihre Chancen

08.09.2017 UPDATE: 09.09.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 27 Sekunden

Angekommen bei den "Roten": Sebastian Rudy (r.) und Niklas Süle (hi.l.) im Bayern-Trikot gegen den Neapolitaner Jorginho. Foto: Imago

Von Tobias Schächter

Zuzenhausen. Und neben Toni Kroos spielt Sebastian Rudy. Vor einem Jahr noch hätte dieser Satz in Bezug auf die Besetzung des zentralen Mittelfeldes der deutschen Fußball-Nationalmannschaft ziemlich fantastisch geklungen, ungefähr so fantastisch wie dieser: Sebastian Rudy spielt beim FC Bayern München. Aber innerhalb von zwölf Monaten kann sich im Leben eines Menschen viel ändern. Im Leben von Sebastian Rudy heißt das: Manche Sätze werden mittlerweile ganz selbstverständlich ausgesprochen, zum Beispiel dieser: Und neben Toni Kroos spielt Sebastian Rudy! Oder: Sebastian Rudy spielt beim FC Bayern München!

Das tut er seit diesem Sommer, und am heutigen Samstagabend (18.30 Uhr/Sky) tritt der 27-Jährige ebenso wie Nationalmannschaftskollege Niklas Süle, 22, mit viel Selbstvertrauen mit dem deutschen Rekordmeister bei der TSG 1899 Hoffenheim an, ihrem alten Verein.

Zeitenwende mit Nagelsmann

Für Süle überwiesen die Bayern 20 Millionen Euro Ablösesumme nach Baden, Rudy bekamen sie ablösefrei. Mittlerweile dürfte Rudys Marktwert den von Verteidiger Süle übersteigen. Aber vor einem Jahr war der schmächtige Fußballer in Hoffenheim nicht unumstritten und wie in der Nationalmannschaft mitunter auch Aushilfskraft als Rechtsverteidiger. Rudys Talent war unbestritten, aber sein Hang zur Lethargie stand wie ein Symbol für die Hoffenheimer Kicker insgesamt - die ja im Zweifel nur so hoch sprangen, wie sie mussten: Der totale Biss fehlte, Rudy stand am Scheideweg seiner Karriere.

Hintergrund

Bisherige Bilanz Hoffenheims gegen die Bayern

18 Mal trafen Hoffenheim und der FC Bayern seit 2008 in der Bundesliga aufeinander. Die Bilanz aus TSG-Sicht: Ein Sieg, fünf Unentschieden, zwölf Niederlagen (Torverhältnis 13:39). Der einzige Dreier gelang

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Bisherige Bilanz Hoffenheims gegen die Bayern

18 Mal trafen Hoffenheim und der FC Bayern seit 2008 in der Bundesliga aufeinander. Die Bilanz aus TSG-Sicht: Ein Sieg, fünf Unentschieden, zwölf Niederlagen (Torverhältnis 13:39). Der einzige Dreier gelang dem Kraichgauklub am 4. April. Durch den Treffer von Andrej Kramaric (21.) reichte es zum viel umjubelten 1:0.

Es sagten ...

"Er ist kein Spieler, der brutal auffällt, aber einer, der eine gute Struktur aufs Feld bringt. Das habe ich ihm auch bei den Bayern zugetraut." - Julian Nagelsmann zu den Qualitäten seines Ex-Akteurs Sebastian Rudy.

"Er wird sich wieder einen Plan zurechtlegen, durch den er sich eine Chance erhofft." - Rudy über Nagelsmann.

So könnten sie heute beginnen

Hoffenheim: Baumann - Bicakcic, Vogt (Nordtveit), Hübner - Kaderabek, Zuber - Demirbay - Amiri, Rupp - Uth, Wagner.

München: Neuer - Kimmich, Süle, Hummels, Rafinha - Rudy, Tolisso - Robben, Thiago, Ribéry - Lewandowski.

Schiedsrichter: Daniel Siebert (Berlin). jog

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Doch der erfolgreich bestandene Abstiegskampf mit dem jungen Trainer Julian Nagelsmann bedeutete eine Zeitenwende für Klub und Spieler. Die Mannschaft spielte dann die erfolgreichste Saison der Vereinsgeschichte (Platz 4), die Champions-League-Qualifikation gegen den FC Liverpool war jüngst zwar eine Nummer zu groß, nächste Woche aber startet die TSG gegen Sporting Braga in ihre erste Europa-League-Saison. Süle und Rudy aber spielen mit den Bayern in der Champions-League. Dass diese Herausforderung eine Nummer zu große wäre für die beiden, würde aktuell niemand mehr behaupten. Beide standen bisher immer in der Startelf in München, der erste Saisontreffer der Bayern gegen Leverkusen entsprang sogar einer Co-Produktion der beiden Confed-Cup-Sieger.

Der Leistungssprung von Rudy hat sehr viel mit dem Hoffenheimer Trainer Julian Nagelsmann zu tun. Zwar wird der 30-Jährige in der Öffentlichkeit oft zuvorderst als Taktik- und Innovationsnerd dargestellt. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Nagelsmann, ein großer, wuchtiger Mann, ist nicht nur sehr kommunikativ, sondern auch sehr fordernd. Mehr "Männlichkeit" forderte er von seinen Profis. Längst spielen diese "Nagelsmänner" tatsächlich nicht mehr nur schön, sondern auch nicklig. Und aus Rudy ist in den letzten zehn Monaten ein ballsicherer Stratege mit Balleroberungsqualitäten geworden. Zögerlichkeit und Schnörkel sind aus seinem Spiel verschwunden, mit einfachen Pässen lässt er andere glänzen.

Im zentralen Mittelfeld, wo das Erbe beim Meister durch das Karriereende des spanischen Weltmeisters Xabi Alonso groß ist, spielt jetzt Rudy. Nagelsmann überrascht das nicht, er sagt, ihm sei klar gewesen, dass sein ehemaliger Schützling ziemlich viele Spiele machen werde. Es ist ja auch so: Rudy ist seit jeher eben ein hervorragender Fußballer, der im Zusammenspiel mit immer besseren Fußballern noch besser kickt. Süle profitierte bislang auch von der Verletzung von Jérôme Boateng, "überrascht" aber mit seinen abgeklärten Auftritten auch Nagelsmann.

In Hoffenheim hinterließen die beiden Lücken. In der Verteidigung streiten Zugang Havard Nortveidt und Ermin Bicakcic um Süles Erbe. Und im zentralen Mittelfeld fehlt noch ein Fixpunkt im TSG-Spiel, wie es letzte Saison Rudy war. Nagelsmann aber ist kein Trainer, der jammert, sondern ideenreich nach Lösungen sucht. Auch Rudy habe sich erst zum Fixpunkt entwickelt, sagt der Trainer, der bislang Routinier Eugen Polanski, Offensivkraft Kerem Demirbay oder Talent Dennis Geiger auf der Sechserposition aufbot. Auch Abwehrchef Kevin Vogt, dessen Einsatz gegen die Bayern wegen einer Knieverletzung heute noch ungewiss ist, kann diese Position ausfüllen.

Und Sebastian Rudy? Der sagt: "Ich will eine feste Größe bei den Bayern werden." Auch dieser Satz des derzeit auffälligsten Dauerunterschätzten des deutschen Fußballs klingt aktuell nicht fantastisch.

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