"Dieses Spiel müssen wir gewinnen"

1899 Hoffenheim kann das unnötige Aus im Pokal nicht fassen

Die wirklich zündende Idee, das Hanseaten-Bollwerk auszuhebeln, hatte "Hoffe" nicht parat.

26.10.2017 UPDATE: 27.10.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 3 Sekunden

Zureden zwecklos: Kerem Demirbay wurde von Schiri Stieler ein Elfmeter verwehrt. Foto: APF

Von Achim Wittich

Bremen. Julian Nagelsmann verzog am späten Mittwochabend auf der Pressekonferenz in den Katakomben des Bremer Weserstadions das Gesicht. Hoffenheims Trainer konnte nach dem völlig überflüssigen 0:1 (0:1)-Pokal-Aus beim Tabellenvorletzten der Fußball-Bundesliga seinem Kollegen Alexander Nouri überhaupt nicht mehr folgen. Der hatte zwar die Überlegenheit der Kraichgauer anerkannt, sah den Sieg seiner Mannschaft aufgrund der großen kämpferischen Einstellung und Leidenschaft aber glatt als "nicht unverdient" an. Eine Ansicht, die Nouri durchaus exklusiv hatte.

Die Grün-Weißen hatten eine Standardsituation durch ihren einzigen Stürmer Ishak Belfodil zum entscheidenden Tor und damit zum Einzug ins Achtelfinale genutzt. Ansonsten beschränkten sie sich, von ihrem Coach mit einer kompromisslosen Defensivstrategie auf die Pokalreise geschickt, fast ausschließlich auf das Errichten eines vielbeinigen Sperrriegels vor dem eigenen Tor.

Allein vier gelernte Außenverteidiger schickte Nouri auf den Rasen. Kerem Demirbay war davon noch lange nach Spielschluss restlos bedient. "Ich glaube, die haben mit einer Sechser-Abwehrkette gespielt", sagte Hoffenheims Nationalspieler frustriert. Und fügte trotz fairer Gratulation an den Gegner hinzu: "Ein Verein, der so wenig Fußball spielt - da müssen wir dieses Spiel einfach gewinnen."

Damit traf Demirbay, dem auch noch ein Strafstoß verweigert wurde, den Nagel auf den Kopf. Zwei Lattentreffer und ein elfmeterreifes Foul an Stürmer Mark Uth ("Er trifft mich ganz klar, sonst mache ich ihn rein"), das Schiedsrichter Tobias Stieler aus Hamburg ebenfalls für nicht sanktionswürdig erachtete, können zwar für Pech und Benachteiligung stehen, doch die spielerisch arg limitierten Werderaner hätte der Kraichgau-Klub dennoch aus dem Wettbewerb eliminieren müssen.

Vor allem in der zweiten Hälfte dominierte 1899 den Gegner, der auch nicht ansatzweise mehr gefährliche Entlastungsangriffe starten konnte, eindeutig. Allein: Die wirklich zündende Idee, das Hanseaten-Bollwerk auszuhebeln, hatte "Hoffe" auch nicht parat.

Alexander Rosen gratulierte dem Sieger ebenfalls pflichtgemäß, konnte seine Enttäuschung aber nicht verbergen - und kritisierte den Spielstil des Kontrahenten. "Da werden die Bälle nur nach vorne gerohrt. Das wird nicht unser Ansatz sein, wir bleiben bei unserem", sagte der TSG-Sportdirektor sichtbar aufgewühlt und konnte das erneut frühe Ausscheiden nicht fassen: "Wir müssen dieses Spiel einfach gewinnen."

Groß sei die Enttäuschung, schließlich habe man im Wettbewerb weit kommen wollen. Mark Uth, genauso konsterniert wie der gesamte Hoffenheimer Tross, hatte den besten Spruch parat. "Wenn der Gegner den Bus vorm eigenen Tor parkt, wird es halt schwierig." "Hoffe" fand jedenfalls keine Umgehungsstraße, um zum Erfolg zu kommen. Das fand Nagelsmann frappierend: "Dass wir gegen diesen Gegner kein Tor machen, ist schlecht."

Müßig ist es darüber zu spekulieren, ob das mit Sandro Wagner gelungen wäre. Der Torjäger wird aufgrund seiner Adduktorenprobleme verständlicherweise in Watte gepackt und stand diesmal erst gar nicht im Aufgebot. Eine nachvollziehbare Maßnahme von Nagelsmann, der aufgrund des vollen Terminkalenders versucht, mit einer gezielten Belastungsverteilung seiner Profis den größtmöglichen Erfolg zu erzielen.

Auch der nicht zu 100 Prozent fitte Nadiem Amiri blieb am Osterdeich trotz des Rückstandes 90 Minuten lang auf der Bank. Schließlich geht es für den Dorfklub bereits morgen (15.30 Uhr/live auf Sky) weiter. Dann kommt die Gladbacher Borussia nach Sinsheim. "Eine Mannschaft, die hoffentlich mehr mitspielen will", freute sich Kerem Demirbay auf ein völlig anders Fußballspiel. Ins offene Messer aber werden auch die "Fohlen" den Hoffenheimern ganz gewiss nicht galoppieren.

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