Champions League Qualifikation

Hoffenheim will in Liverpool Geschichte schreiben

Gewinnt die TSG als erste deutsche Mannschaft an der Anfield Road und zieht doch noch in die Champions League ein?

22.08.2017 UPDATE: 23.08.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 18 Sekunden

Beim Abschlusstraining gestern Abend an der Anfield Road schworen sich die Hoffenheimer aufs Rückspiel heute gegen den FC Liverpool ein. TSG-Trainer Julian Nagelsmann (r.o.) demonstrierte Mut und Selbstvertrauen, Jürgen Klopp (r.u.) Gelassenheit. Allerdings warnte der Liverpool-Coach: "Das Ding ist noch nicht entschieden." Fotos: apf

Von Tobias Schächter

Liverpool. Noch nie hat eine deutsche Mannschaft an der Anfield Road in Liverpool ein Fußballspiel gewonnen! Das ist eine Wahrheit, die einschüchternd wirken kann - oder motivierend. Bei ihrer allerersten Teilnahme am Europapokal kann die TSG 1899 Hoffenheim heute Abend (20.45 Uhr, ZDF und Sky) also nicht nur ein neues Kapitel in ihrer noch jungen Laufbahn im Profisport schreiben, sondern auch ein Stück deutscher Fußballgeschichte: Denn um tatsächlich in die lukrative Champions League-Gruppenphase einzuziehen, muss die TSG in diesem berühmten Stadion siegen.

Hintergrund

Es geht um viel Geld

Für Hoffenheim geht’s heute Abend nicht nur um den sportlichen Erfolg, sondern auch um viel Geld. Sollte die TSG scheiterten, darf sie "nur" in der Euro League antreten - was allerdings auch schon ein Riesenerfolg wäre. Dann wären ihr allerdings

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Es geht um viel Geld

Für Hoffenheim geht’s heute Abend nicht nur um den sportlichen Erfolg, sondern auch um viel Geld. Sollte die TSG scheiterten, darf sie "nur" in der Euro League antreten - was allerdings auch schon ein Riesenerfolg wäre. Dann wären ihr allerdings rund 15 Millionen Euro Startgeld durch die Lappen gegangen, denn Start- und Fernsehgelder sind in der Königsklasse deutlich höher als im zweiten europäischen Wettbewerb.

Nächstes Jahr reicht Platz vier

Wäre 2017 schon 2018, würde Hoffenheim sicher in der Champions League spielen. Denn ab dieser Saison ist auch der Viertplatzierte der Bundesliga automatisch für die Gruppenphase der Königsklasse qualifiziert.

Klopp: "Noch nicht entschieden"

Liverpools Gegenstück zum Dortmunder Ousmane Dembélé heißt Philippe Coutinho. Der Brasilianer wird auch im Rückspiel heute wegen seiner Rückenprobleme fehlen. Auch er möchte unbedingt zum FC Barcelona wechseln und ist stinksauer auf seinen Verein, weil die Reds offenbar eine 120 Millionen-Offerte aus Spanien für ihn ablehnten. Die Unruhe ist groß in Liverpool. Klopp betont seit Tagen: "Das Ding gegen Hoffenheim ist noch nicht entschieden. Wir brauchen Anfield im Rückspiel."

Von Mannheim nach Liverpool

Kurz vor 12 Uhr setzte sich der Tross von 1899 Hoffenheim gestern Mittag bei strahlendem Sonnenschein am Trainingszentrum in Zuzenhausen in Bewegung und stieg später auf dem Mannheimer Flugplatz in die bereitstehende Chartermaschine.

Es sagten...

"Es ist erst eine Halbzeit gespielt. Der Unterschied zum Hinspiel ist, dass jetzt jeder weiß, wie gut Hoffenheim ist." - Liverpools Trainer Jürgen Klopp.

"Das Hinspiel hat gezeigt, dass wir mithalten und sogar besser sein können." - Hoffenheims Verteidiger Benjamin Hübner.

"Es ist ein super Zeitpunkt, um Geschichte zu schreiben." - TSG-Mittelfeldspieler Kerem Demirbay.

So könnten sie spielen

FC Liverpool: Mignolet - Alexander-Arnold, Matip, Lovren, Moreno - Henderson - Can, Wijnaldum - Salah, Firmino, Mane.

TSG 1899 Hoffenheim: Baumann - Nordtveit, Vogt, Hübner - Kaderabek, Geiger, Demirbay, Kramaric, Zuber - Wagner, Gnabry.

Schiedsrichter: Daniele Orsato (Italien). dpa/red

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Das Hinspiel konnte der FC Liverpool mit dem deutschen Trainer Jürgen Klopp mit 2:1 für sich entscheiden, selbst ein 1:0-Erfolg der Badener im Rückspiel würde deshalb aufgrund der Auswärtstorregel nicht für ein Weiterkommen reichen. Zwei Treffer müssen die Hoffenheimer also mindestens erzielen. Unbeeindruckt vom Ambiente erklärte TSG-Trainer Julian Nagelsmann gestern Abend im Pressekonferenzraum an der Anfield Road: "Natürlich haben wir die Auswärtstorregel im Blick, aber wir versuchen erst mal zwei Tore zu schießen."

Nagelsmann war ganz Nagelsmann, als er am Dienstag in Liverpool seine Herangehensweise an das größte Spiel der Vereinsgeschichte erklärte: Mutig und voller Selbstvertrauen. Er sagte: "Anfield hat schon große Spiele gesehen. Und wir versuchen, hier selbst ein großes Spiel zu machen." Und: "Ehrfurcht haben wir nicht, Vorfreude ist das richtige Wort. Wir müssen uns hier nicht verstecken." Und dann: "Wir gehen voller Selbstvertrauen in das Spiel und glauben fest daran, dass wir das schaffen."

Es ist interessant zu beobachten, wie die Hoffenheimer sich seit dem Abpfiff des Hinspiels versuchen, in eine psychologisch bessere Ausgangslage zu reden. Schon direkt nach dem Abpfiff übertrieb Mittelstürmer Sandro Wagner, gefühlt fahre er mit einem Vorsprung nach Nordengland. Und nach dem 1:0-Sieg am Wochenende zum Ligaauftakt gegen Bremen betonte jeder Spieler, ob gefragt oder ungefragt, man sei gut genug, um auch in Liverpool zwei Treffer zu bejubeln.

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Das stimmt, nur: Mehr als ein Tor gelang den Nagelsmännern in den drei Pflichtspielen dieser Runde noch nicht: Weder im Pokal bei Drittligist Erfurt (1:0) noch gegen Liverpool und Bremen. Die Chancenverwertung ist bislang ein Schwachpunkt. Der Optimismus speist sich vor allem aus dem Vertrauen in die eigene Stärke, die sich seit der Amtsübernahme von Trainer Julian Nagelsmann vor 18 Monaten im Team festgesetzt hat. Aus einem zögerlichen Abstiegskandidaten ist seither ein mutiger Champions League-Kandidat geworden. Und es stimmt: Das Hinspiel hätte die TSG gewinnen können, aber Andrej Kramaric vergab beim Stande von 0:0 einen Elfmeter kläglich, und das Spielglück schwenkte auf die Liverpooler Seite.

Es ist verständlich, dass die europäischen Novizen aus dem Kraichgau mit ihren Äußerungen versuchen, dem Europapokal gestählten Favoriten einzureden, er habe viel mehr zu verlieren. Aber klinkt man sich aus der Hoffenheimer Binnensicht aus, könnte die Ausgangslage kaum besser sein für die "Reds". Die Elf von Jürgen Klopp ist eine der besten Kontermannschaften des Kontinents, besonders die Außenstürmer Sadio Mané und Mohamed Salah waren im Hinspiel oft zu schnell für die Hoffenheimer Verteidigung. Die große Herausforderung für die TSG liegt also nicht nur darin, mindestens zwei Tore zu erzielen, sondern vor allem auch darin, Gegentore zu verhindern.

In diesem Finale kommt es also neben aller Leidenschaft auch auf Besonnenheit und Disziplin in der Defensivarbeit an. Verteidiger Benjamin Hübner erklärte vor dem Abschlusstraining im Stadion an der Anfield Road: "Es ist besonders, hier zu spielen, aber wir lassen uns nicht davon beeindrucken. Wir haben ein klares Ziel."

Wo die Grenzen dieser optimistischen TSG Hoffenheim mit ihrem mutigen Trainer liegen, wird an diesem Mittwoch an der Anfield Road geklärt - dem Sehnsuchtsort der Fußballromantiker, der deutschen Teams in bislang 16 Anläufen noch nie einen Sieg gegönnt hat.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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