Verschobene Aufholjagd

Sinsheim. Hoffenheim spielt geordneter als in der Vorrunde, doch das 0:0 gegen Mönchengladbach ist keine Hilfe im Abstiegskampf

21.01.2013 UPDATE: 21.01.2013 07:24 Uhr 2 Minuten, 11 Sekunden
Schmerzhaft: Sejad Salihovic, hier gegen Thorben Marx, erlitt einen Meniskusriss. Foto: APF
Von Frank Enzenauer

Sinsheim. Eine Empfehlung zur Stadionflucht? Schon in der 50. Spielminute wurde auf der Anzeigetafel Staufreiheit auf allen drei Autobahnen vermeldet. Frierende und Gelangweilte unter den (offiziell) 26.750 hätten also frühzeitig stressfrei nach Hause rollen und dort mit ihren Lieben bei Kaffee und Kuchen nett plaudern können über Gott, Hopp und die Welt - und verpasst hätten sie nicht viel. Das Nullnull zwischen der TSG 1899 Hoffenheim und Borussia Mönchengladbach war eine Partie für Taktikfreaks und ordnungsliebende Menschen, weniger eine Party für Fußballromantiker, die Tempo, Tricks und Tore sehen sowie Emotionen spüren wollen. Ein nutzloser Kick, buchstäblich: Die angekündigte Aufholjagd mussten die Hoffenheimer verschieben, die Gefahr ist gar noch größer geworden. Nunmehr acht statt zuvor sieben Punkte beträgt der Abstand zum rettenden 15. Rang, und der Vorletzte, FC Augsburg, ist durch den Sieg in Düsseldorf noch näher herangerückt.

Doch im Keller sehen sie im Kraichgau trotzdem Licht. Der neue Cheftrainer Marco Kurz betätigte den Schalter und verkündete Aufbauendes: "Ich bin zufrieden." Und verteilte gute Noten in den Fächern "Einstellung, Abwehrverhalten, Mentalität, Siegeswillen."

Ob dies aber für die Versetzung reicht?

"Es bringt nix, jetzt die Tabelle anzuschauen", sagte Hoffenheims Manager Andreas Müller, der sich auf einen "Marathon", auf Kraftanstrengungen bis zum allerletzten Spieltag einstellt. Und womöglich darüber hinaus, sollte man auf dem Relegationsplatz festkleben und in die Saisonverlängerung gegen den Zweitliga-Dritten müssen. Freilich, den Glauben an eine Wende hat Müller nicht verloren. Im Gegenteil. Er habe jetzt ein "weitaus besseres Gefühl" als in der schrecklichen Vorrunde, in der 1899 unter Trainer Markus Babbel viel zu chaotisch über den Rasen rumpelte und zur Schießbude der Liga wurde. "Ich habe eine sehr disziplinierte und organisierte Mannschaft gesehen", sagte Müller nach dem torlosen Remis gegen Gladbach. Er war kein Schönredner. Denn erkennbar war die Handschrift des neubeschäftigten Fußballlehrers. Marco Kurz hat seit seinem Arbeitsbeginn am 2. Januar die Übungseinheiten verschärft und einen engeren Zusammenhalt geschaffen. Menschlich wie sportlich. Die Abstände zwischen den Mannschaftsteilen wurden verringert, dadurch das Defensivverhalten augenscheinlich verbessert. Gladbach wurde am Samstag eine einzige Chance gestattet, als nach einem Eckball Roel Brouwers freistehend im Strafraum vorbeiköpfte (70.). Ansonsten blieb Hoffenheims kritisch beäugter Torhüter Tim Wiese beschäftigungslos und durfte sich mit gymnastischen Übungen aufwärmen und die Zeit vertreiben. Nur zwei - harmlose - Bälle musste Wiese halten, und die Hoffe-Fans in der Bierkurve applaudierten dabei freundlich ...

"Gemeinsam auch durch harte Zeiten", hatten die Anhänger großflächig weiß auf blau plakatiert. Aus Solidaritätsgründen unterließen sie jegliches Pfeifen, selbst bei haarsträubenden Fehlpässen. Das Hoffenheimer Aufbauspiel war zu fahrig und hektisch, litt obendrein darunter, dass Sejad Salihovic bereits nach einer halben Stunde wegen Kniebeschwerden seinen Kreativjob beenden musste. Und im Angriff bewegte sich Eren Derdiyok wie gehabt - nicht.

Zum Unvermögen gesellte sich Pech. Einen strammen Schuss von Tobias Weis entschärfte Nationaltorhüter Marc-André ter Stegen gekonnt (76.), Joselu verfehlte aus der Nahdistanz nur um Zentimeter das Tor (85.). Aber auch die Angst vor einem Rückstand spielte mit und lähmte. "Eine Niederlage wäre fast tödlich gewesen", gab Kapitän Andreas Beck nach Abpfiff zu. Ein Seufzer: "Der eine Punkt hilft uns nicht wirklich."

In der Not plant Hoffenheim noch vor dem Spiel bei Eintracht Frankfurt mit Verstärkungen. In dieser Woche sollen mindestens zwei Neuzugänge den besorgten Fans präsentiert werden. "Wen wir wollen, haben wir im Kopf", sagte Manager Müller. "Jetzt loten wir aus, was wirtschaftlich machbar ist."

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