TSG-Trainer Gisdol: "Wir müssen unser Grundniveau erhöhen"

Hoffenheims Trainer Markus Gisdol und Manager Alexander Rosen ziehen eine positive Jahresbilanz - und wollen mehr

23.12.2014 UPDATE: 23.12.2014 05:00 Uhr 5 Minuten, 3 Sekunden
In allerbester Laune vor Weihnachten: Markus Gisdol und Alexander Rosen. Fotos: APF
Von Joachim Klaehn

Zuzenhausen. Sie wirken beide tiefenentspannt: Trainer Markus Gisdol, 45, und Manager Alexander Rosen, 35, sind bei der TSG 1899 Hoffenheim seit dem 2. April 2013 in Amt und Würden. Nach dem 5:0-Rekordsieg am Sonntag bei Hertha BSC Berlin ist die Stimmung im Kraichgau vor der Weihnachtspause bestens, zumal der junge Bundesligist Tuchfühlung zu den internationalen Plätzen hält. Im RNZ-Interview ziehen die Sportchefs eine positive Bilanz und blicken voraus. "2014 haben wir 52 Punkte geholt - das ist ein schon dickes Brett", sagt Gisdol. Und auf die Frage, ob Roberto Firmino und Kevin Volland über Sommer 2015 hinaus beim Dorfklub bleiben, reagiert Rosen selbstbewusst: "Warum nicht?"

Herr Gisdol, Herr Rosen, wie fällt denn Ihr Fazit 2014 mit dem glanzvollen Dreier bei Hertha BSC aus?

Gisdol: Wir hatten eine gute Rückrunde letzte Saison - und nun eine gute Vorrunde. Die große Stärke der Mannschaft war, dass sie kein einziges enttäuschendes Spiel abgeliefert hat. Sie hat immer alles gegeben, um die bestmögliche Leistung zu zeigen. Im Kalenderjahr 2014 haben wir 52 Punkte geholt - das ist schon ein dickes Brett.

Rosen: Aus meiner Sicht ist es eine sehr gute Vorrunde gewesen, mit der höchsten Punktzahl seit der "Herbstmeistersaison" 2008/09. Und auch wenn es kleine Ausschläge gab, wir sind deutlich stabiler geworden. Dass unsere Spielweise mit einem extrem hohen Pressing hin und wieder Gefahren birgt, ist uns klar, aber wir sind auf einem guten Weg, das Gleichgewicht Schritt für Schritt zu finden.

Rückblickend, ohne das 3:4 zu Hause gegen Köln wäre Hoffenheim Dritter. Diese Niederlage, das sagten auch übereinstimmend die Spieler, hat genagt am Kollektiv.

Gisdol: Es war der einzige Ergebnisfehler, und er hat tatsächlich sehr weh getan. Dazu hatten wir in dieser Phase mit Gladbach, Bayern und Dortmund viele Hochkaräter als Gegner. Ich will aber eigentlich gar nicht mehr daran denken.

Rein tabellarisch: Borussia Dortmund ist Vorletzter. Ist das für einen Kollegen von Jürgen Klopp überhaupt fassbar?

Gisdol: Natürlich nicht. Der BVB hat nach wie vor eine internationale Supertruppe. Gegen uns haben sie gespielt als ginge es um ihr Leben. Wenn du dort ein 1:1 erreichst, was möglich war, dann stellt Ihr Journalisten vielleicht solche Fragen nicht (lacht).

Niklas Süle hat sich mit einem Kreuzbandriss eine schwere Verletzung zugezogen. Wird die TSG in der Winterpause noch einmal handeln?

Rosen: Nageln Sie mich bitte nicht fest, denn in diesem Geschäft kann sich die Situation manchmal von einem Tag auf den anderen verändern. Aber nach heutigem Stand werden wir nichts mehr machen.

Warum nicht?

Rosen: Weil wir mit Bicakcic und Strobl zwei Innenverteidiger haben, die zuletzt sehr zuverlässig gespielt haben. Und da gibt auch noch Spieler wie David Abraham im Kader, der lange bei uns ein unumstrittener Stammspieler war und nun durch den Ausfall von Niklas wieder alle Möglichkeiten hat, sich ins Team zu spielen. Dass er die Qualität dazu besitzt, steht außer Frage.

Und Jannik Vestergaard?

Gisdol: Ich denke, dass David aktuell ein Stück weit vorne ist und deshalb als Erster nachrückt.

Mit Torhüter Koen Casteels ist ein anderer Langzeitverletzter zurückgekehrt. Wer ist die Nummer zwei hinter Oliver Baumann?

Rosen: Aktuell klar Jens Grahl, aber wir befinden uns im Leistungssport und alle Spieler im Kader haben ständig die Chance, ihre Position zu verbessern. Wir werden Jens im Winter auf keinen Fall abgeben. Bei Koen ging es zunächst einmal ausschließlich darum, ihn nach seiner schweren Verletzung zurück auf den Platz zu bringen. Wir sind da momentan in einer Sondierungsphase und falls es konkrete Anfragen geben sollte, stellt sich selbstverständlich für den Spieler und den Verein die Frage, was Sinn macht. Bisher gab es die allerdings noch nicht.

Nationalspieler Sebastian Rudy wurde zuletzt nur noch eingewechselt. Wie hat er das aufgenommen?

Gisdol: Sebastian musste bei uns aushelfen und er hat das auf der Außenverteidigerposition ordentlich gemacht. Parallel dazu haben sich Eugen Polanski und Pirmin Schwegler auf der Doppelsechs sehr gut gefunden. Für Sebastian ist das ein bisschen unglücklich gelaufen, aber er ist ganz klar im Kopf und er weiß um die Gesamtkonstellation. Eugen, Pirmin und Sebastian sind drei Typen, die ähnlich gelagert sind und wir sind froh, dass wir sie haben.

Warum haben wir so lange nichts mehr von Jiloan Hamad gesehen?

Gisdol: Jiloan hat die gleiche Chance wie jeder andere auch. Wir haben sehr hart und lange an diesem Kader gearbeitet. Es gibt halt immer ein paar vermeintliche Gewinner und Verlierer.

In der Sturmspitze tobt ebenfalls ein harter Konkurrenzkampf. Herr Gisdol, wie würden Sie Szalai, Modeste und Schipplock charakterisieren?

Gisdol: Sie haben alle eine Qualität, die zu einzelnen Spielen und Gegnern passen. Adam hat seine Stärken mit dem Rücken zum Tor und kann dank seiner Technik den Ball in der Gefahrenzone behaupten. Anthony ist mehr ein Torjäger, der den Gassenball sucht. Schippo ist unser Anläufer mit prima Wucht im Spiel.

Sie haben beide gesagt, Entwicklung braucht Zeit. Welches Feedback bekommen Sie auf Ihren eingeschlagenen Weg seit dem 2. April 2013 - und wie ist überhaupt der nächste Hoffenheimer Quantensprung denkbar?

Gisdol: Ich versuche immer, mit Leuten zu sprechen. Wir erhalten großen Zuspruch für die ganze Sache und den Realitätssinn, den wir übrigens mit unseren Fans teilen. Aber Träume sind immer erlaubt. Bayern bewegt sich in einer Extraliga, dahinter gibt es die Teams, die die ersten sechs Plätze normalerweise unter sich ausmachen. Es muss das Bestreben sein, da irgendwann einmal reinzurutschen. Ich denke, wir brauchen viel Glück und dürfen uns nicht auf diesem nachhaltigen Weg beirren lassen. Der drohende Abstieg ist gerade mal etwas mehr als ein Jahr weg, dann wurden wir Neunter, nun stabilisieren wir uns. Klar sind wir alle scharf darauf, ein bisschen vorne ranzuschnuppern.

Siehe Bayer Leverkusen. Die sind - gefühlt - nicht mehr ganz so weit weg.

Gisdol: Leverkusen hat eine Bombenmannschaft. Und glauben Sie mir, da oben ist die Luft sowas von dünn. Deshalb müssen wir es schaffen, unser Grundniveau zu erhöhen.

Sie besitzen beide Verträge bis 2016. Kommt es 2015 zu einer Vertragsverlängerung?

Rosen: Es geht nicht um Einzelpersonen, sondern um ständige Verbesserungen im Gefüge. Diese Prozesse werden auch niemals zu Ende sein, da sich die Situationen ständig verändern. Wir sind 2014 schon recht weit gekommen.

Gisdol: Es muss zu gegebener Zeit eine wohl überlegte Entscheidung sein. Es wäre schön, wenn Alex und ich lange Jahre so zusammenarbeiten könnten.

Mit Dirk Mack wird ab dem 1. Januar ein ausgewiesener Fußballlehrer das Nachwuchsleistungszentrum übernehmen. Ist das der neue Bernhard Peters oder auch der neue Alex Rosen?

Rosen (lacht): Nein, wir können keinen Peters mit einem neuen Peters ersetzen. Bernhards Expertise und Ideenreichtum aus vielen Sportbereichen war ein Schatz, aber unsere Gedanken sind nach vorne gerichtet. Dirk Mack war Verbandsauswahltrainer, Trainerausbilder und besitzt ein großes Netzwerk im Jugendbereich. Dirk passt hervorragend in unser Anforderungsprofil und wird als neuer sportlicher Leiter mit seiner Erfahrung, Leidenschaft, Kompetenz und neuen Ideen die Arbeit in unserer Akademie weiter entwickeln.

Die Rückrunde wird vom 7. bis 17. Januar am Kap der guten Hoffnung beginnen. Warum absolviert "Hoffe" ein Trainingslager in Südafrika?

Gisdol (lacht): Weil wir dort Gazellen von Hand fangen wollen! Nein, im Ernst: Weil es dort beste Trainingsbedingungen gibt, Ruhe und ein angenehmes Klima. Wir werden dort zwei tolle Spiele bestreiten, die mal etwas anderes sind, eines davon im Soccer City Stadion, dort also, wo die Spanier und Holländer im WM-Finale 2010 aufeinander trafen. Zudem war unser Mannschaftshotel in Randburg seinerzeit das WM-Quartier der Brasilianer. Es ist also der passende Rahmen für eine knallharte Vorbereitung auf die Rückrunde.

Und im Sommer 2015 kann Hoffenheim Roberto Firmino und Kevin Volland halten statt verkaufen, zumal die Europa League lockt.

Rosen (lacht): Warum nicht? Aber wir wissen auch, dass jeder Vertrag endlich ist. Es wäre das Normalste von der Welt, wenn beide eines Tages die Möglichkeit erhielten, zu einem ganz großen Klub zu wechseln und diese Chance für sich nutzen. In der Bundesliga gibt es außer dem dem FC Bayern keinen reinen Käuferklub. Wir verschließen uns nicht der Realität, doch Roberto und Kevin haben beide laufende Verträge bei uns bis 2017.

Gisdol: Im Fußball gibt es immer Unwägbarkeiten. Manchmal weißt du nicht, was morgen ist.

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