Schockspiel statt Spektakel: Hoffenheim verliert Casteels

Hoffenheims Torhüter Koen Casteels verletzt sich schwer beim 1:1-Unentschieden bei Hertha BSC und fällt für den Rest der Saison aus

07.04.2014 UPDATE: 07.04.2014 06:00 Uhr 1 Minute, 58 Sekunden
Szenen aus Berlin: Koen Casteels (l.o.) verletzt sich gegen Ramos schwer. Debütant Alexander Stolz (l.u.) hält die TSG im Spiel, während Sejad Salihovic (r.) knapp verzieht. Fotos: APF
Von Frank Enzenauer

Berlin. Nein, Berlin war keine Reise wert. "Es fällt mir schwer, über Fußball zu reden", sagte Hoffenheims Trainer Markus Gisdol, der eigentlich immer dann rhetorische Hochform erreicht, wenn er über Fußball sprechen und philosophieren darf. Gestern Abend aber war Gisdol wortkarg und übler Laune, obwohl das Unentschieden bei Hertha BSC zufriedenstellend war, die TSG 1899 zum vierten Mal in Serie ungeschlagen blieb und ihren stressfreien neunten Tabellenplatz behauptete.

Doch das Ergebnis geriet zur Nebensache. Weil sich Torhüter Koen Casteels schwer verletzte, mit Verdacht auf Unterschenkelbruch in ein Berliner Krankenhaus musste. Dort blieb er über Nacht, in Beisein des TSG-Mannschaftsarztes Dr. Henning Ott wurde er gleich operiert. Das Saison-Aus schmerzt ...

Der Kummerkasten war freilich schon auf dem Weg nach Berlin im Gepäck der Hoffenheimer. Trainer Gisdol vollzog abermals Wechsel auf der Torwartposition - diesmal jedoch sogar deren zwei. Er musste das tun. Jens Grahl, der drei Spiele zuvor zupackend seinen Job erledigt und dafür gute Kritiken erhalten hatte, war nicht fit genug. Beim beachtlichen 3:3 bei Frühstmeister FC Bayern zog sich Grahl eine Oberschenkelzerrung zu, Trainingspause war die Folge. Und Nichtstun am Sonntag. Also kehrte Casteels zurück ins Tor. Der Belgier hatte vor zwei Wochen wegen eines boshaften Insektenstiches seinen Platz zwischen den Pfosten verloren. Casteels musste Antibiotika schlucken.

Und dann gestern der große Schock. Ganz schlimm. In der 70. Spielminute blieb er nach einem Zusammenprall mit Hertha-Torjäger Adrian Ramos auf dem Rasen liegen, "es hat einen Riesenschlag gemacht", berichtete Hoffenheim-Kapitän Andreas Beck, Sanitäter eilten herbei, wuchteten Casteels auf die Trage, transportierten ihn zur ersten medizinischen Untersuchung. Am späten Abend bestätigte sich: Schienbeinfraktur rechts. Dies wiederum bedeutet für den 21-jährigen belgischen Nationalkeeper das Ende seiner WM-Träume.

Bis zu seinem "Crash" zeigte Casteels eine fehlerfreie Leistung, war völlig unschuldig am frühen Gegentreffer (11. Minute), als Innenverteidiger Jannik Vestergaard, offenbar von der Sonne geblendet, ein Zuspiel von Per Skjelbred nicht klärte, vielmehr Sami Allagui einen Torschuss gestattete. Hertha jubelte. "Hoffe" reagierte. Kombinationssicherer waren die Kraichgauer. Und nach einer halben Stunde führte der spielerische Vorteil zum Erfolg: Mit einem Aufsetzer aus der Distanz schoss Eugen Polanski den 1:1-Ausgleich. Es war das dritte Saisontor des zentralen defensiven Mittelfeldspielers, allesamt in der Rückrunde erzielt. Polanski witzelte: "Ich habe den Schuhanbieter gewechselt - jetzt hab' ich Schuhe mit eingebauter Torgarantie ..."

Als "Tor- und Spektakelgemeinschaft" wurde die TSG im Hertha-Stadionmagazin angekündigt. Denn auch in Berlin werden Zahlen richtig interpretiert - mit einem 63:62-Torverhältnis waren die Hoffenheimer in die Hauptstadt angereist. Doch nicht immer gehen Spiele der TSG 1899 ans Herz, ab und an sind sie eher lau denn aufregend. Wie in Berlin am Sonntag.

"Wir haben zu wenig Fußball gespielt", gab Polanski Versäumnisse zu. "Immer wenn wir Fußball gespielt haben, kamen wir zu Chancen."

Als "durchschnittliche Leistung", wertete Gisdol die Partie seiner Mannschaft vor rund 44.000 Zuschauern im Olympiastadion. "Das war heute kein Spektakel", sagte Kapitän Beck - und lobte den Gegner. "Hertha stand kompakt und hat uns nicht viele Balleroberungen gestattet."

Am Ende waren die geschockten Hoffenheimer mit dem Punktgewinn einverstanden. Casteels-Einspringer Alexander Stolz, 30, vermied in seinem ersten Bundesliga-Spiel für die TSG 1899 mit Glanzparaden gegen Ramos (87.) und Ronny (88.) einen noch traurigeren Rückflug aus Berlin.

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