Protokoll des Scheiterns

Sinseim. Auch Salihovics Startelf-Debüt hilft Hoffenheim nicht. Ex-Trainer Köstner bringt Wölfe auf Kurs

19.11.2012 UPDATE: 19.11.2012 08:54 Uhr 2 Minuten, 8 Sekunden
Unsanft gestoppt: Hoffenheim-Stürmer Kevin Volland. Foto: APF
Von Roland Karle

Sinsheim. Zum ersten Mal in dieser Saison durfte Sejad Salihovic von Anfang mitspielen. Bislang hatte es der Mittelfeldakteur lediglich auf fünf Kurzeinsätze und 72 Spielminuten, aber beachtliche zwei Platzverweise gebracht. Am Sonntagabend hatte der 28-Jährige einige Mühe, sich an seinem Arbeitsplatz wieder zurechtfinden. Erschütternd das Ergebnis seines Distanzschusses in der 10. Minute - es gab Einwurf für den Gegner. Ein halbe Stunde später donnerte er einen Freistoß in den hohen Norden der Hintertortribüne. Kurz vor der Pause scheiterte der bosnische Mittelfeldspieler freistehend per Kopf an Wolfsburgs Torhüter Diego Benaglio.

Ein Protokoll des Scheiterns. Es mangelte nicht an Gelegenheiten, doch wie Salihovic verpassten auch seine Mitspieler mal kläglich, mal unglücklich. Weil in dieser Saison zudem die Defensive selten fehlerlos agiert, ergab sich das 1:3 gegen Wolfsburg nahezu zwangsläufig. 26 Gegentreffer haben die Kraichgauer nun schon hinnehmen müssen, das ist aktuell Ligarekord. Die vor der Saison verpflichteten Routiniers Tim Wiese, Matthieu Delpierre und Chris (noch ohne Einsatz) erweisen sich nicht als jene Verstärkungen, die den Leistungsschnitt zuverlässig heben. Im Gegenteil: Sie haben immer wieder selbst mit Verletzungen und schwankender Form zu kämpfen.

Hinzukommen zwei Eigenschaften, die Hoffenheim so hoch dosiert in der Bundesliga noch nie gezeigt hat: Babbels Buben sind schlafmützig und fehleranfällig. Zuverlässig wie die Ansage auf einem Anrufbeantworter verkündet der Trainer: "Es ist wichtig, dass wir aus diesen Fehlern lernen." Gestern mit dem Zusatz: "Und zwar schnell."

Der angekündigte Sturm in die Europaliga ist erstmal abgeblasen. "Ja klar", antwortet Babbel auf die Frage, ob er sich die Tabelle nun erst mal von unten betrachtet. Man muss nicht lange rechnen, um die heraufziehende Gefahr zu erkennen: Europa ist nach einem guten Drittel der Saison weiter weg, als es die fünf Punkte Rückstand auf den derzeitigen Sechsten Hannover aussagen. Dagegen wird die Luft nach unten dünner: Hoffenheim liegt nur einen Zähler vor dem Relegationsrang. Am nächsten Sonntag kommt der derzeit stark auftrumpfende Tabellenfünfte Bayer Leverkusen in die Rhein-Neckar-Arena. Da lastet wenigstens nicht die Bürde des Favoriten auf den Hoffenheimern.

Während die im unteren Tabellendrittel festzukleben scheinen, hat Gegner Wolfsburg durch den Auswärtssieg einen großen Schritt aus der Sorgenzone gemacht. Trainer Lorenz-Günther Köstner hat sich trotz seiner fast 61 Jahre die kindliche Begeisterung für die Jagd nach Toren und Punkten bewahrt. "Ich war gespannt, wie meine Mannschaft hier auftreten wird. Auf das Spiel habe ich mich sehr gefreut, konnte den Anpfiff kaum abwarten." Der Nachfolger von Felix Magath weist eine prima Bilanz auf: drei Siege in vier Spielen. Gegen Hoffenheim gewinnt Köstner offensichtlich besonders gerne. Vor zweieinhalb Jahren, als er nach Armin Vehs Entlassung vorübergehend das Bundesliga-Team der Wölfe betreute, gab es zu Hause ein 4:0.

"Herr Hopp wird sicher ein paar Mal an mich gedacht haben", meinte der Trainer nach dem Abpfiff und spielte damit auf seine unfreiwillig kurze Zeit in Hoffenheim an. Von Dezember 2005 bis Mai 2006 saß Köstner als Nachfolger von Hansi Flick bei der TSG zu Regionalliga-Zeiten auf der Bank. Der Erfolg blieb überschaubar: Mit ebenso vielen Siegen wie Niederlagen schaffte er am Ende nur Platz vier - und verpasste den Aufstieg. Danach begann das Hoffenheimer Fußball-Märchen unter Regie von Ralf Rangnick.

Am Sonntag hat Köstner seinen Beitrag dazu geleistet, dass der Kraichgau-Klub den Abstiegsrängen so nahe wie noch nie gekommen ist. In eigener Sache lautete sein Fazit: "Siege sind durch gar nichts zu ersetzen." Das war noch mal Salz in Hoffenheimer Wunden.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.