Nach dem Sieg in Berlin: Schafft es Hoffenheim nach Europa?

Die Hoffenheimer feiern zum Jahresausklang mit dem 5:0 bei der netten Hertha ihren höchsten Bundesliga-Sieg

22.12.2014 UPDATE: 22.12.2014 05:00 Uhr 2 Minuten, 16 Sekunden
Am Ende fast wie ein Trainingsspiel: Sebastian Rudy markiert das 0:5 für die TSG gegen Hertha-Keeper Thomas Kraft. Ein fantastischer Jahresabschluss für die Kraichgauer. Foto: APF
Von Frank Enzenauer

Berlin. Ganz in der Nähe des Olympiastadions hat der Berliner Weihnachtscirkus seine Zelte aufgeschlagen, zwei Mal täglich werden dort Kunststücke gezeigt, treten Kamele und Clowns auf. Spaß und Spektakel erlebten am vierten Advent aber auch Zuschauer in der Fußballarena tief im Westen der Hauptstadt - ein Vergnügen freilich nur für die 400 Fans der TSG 1899 Hoffenheim, die sich auf den weiten Weg gemacht hatten und nun Berlin richtig knorke finden. Die restlichen 39.000 waren frustriert, verzweifelten an ihrer Hertha und wären gestern Nachmittag lieber nebenan zu den Kamelen und Clowns gestiefelt als sich diese Bescherung anzutun. Mit einem 5:0 (3:0) triumphierten die Hoffenheimer, die somit ihren höchsten Sieg in ihrer siebenjährigen Bundesligageschichte feierten. "Ein fantastischer Jahresabschluss, eine tolle Sache", jubelte TSG-Trainer Markus Gisdol vor dem Flug in den Winterurlaub.

Mit 26 Punkten, acht mehr als in der vergangenen Saison, beendete Hoffenheim diese Vorrunde - und hat dabei sogar einen Champions-League-Platz im Blick. Nur zwei Zähler beträgt der Abstand zum Rangdritten Bayer Leverkusen, doch über Zukunftsvisionen und Europokalsehnsüchte wollten die Sportchefs der TSG 1899 auch nach dem fröhlichen Festspiel in Berlin nicht reden. Aber immerhin Strahlemänner waren zu sehen. "Wir haben aus einer guten Vorrunde eine sehr gute gemacht", sagte Profifußball-Direktor Alexander Rosen. Derweil verzog Gisdol keine Miene, als er auf das druckfrische Tabellenbild schaute und die Zahlen studierte. An 2015 denke er noch nicht, sagte er später. Der Trainer hat sich Ruhe verordnet. "Zwei Wochen durchschnaufen und vom Fußball abschalten" will Gisdol. "Die Pause hat sich jeder bei uns redlich verdient." Zumal nach dieser bewundernswerten Kraftanstrengung unter trübem Berliner Himmel. "Meine Mannschaft war unglaublich spritzig und giftig", lobte Gisdol. "Wir wollten unbedingt gewinnen - und das hat man ja dann gemerkt", erzählte Innenverteidiger Ermin Bicakcic. Beeindruckt von den Gewinnern war auch Berlins Trainer Jos Luhukay. Er bekannte: "Das Ergebnis ist auch in dieser Höhe für Hoffenheim voll verdient." Nette Gastgeber erfreuten die Kraichgauer. Hertha war drei Tage vor Heiligabend in Geberlaune, verteilte Geschenke auf der Spielwiese. Am großzügigsten war John Anthony Brooks - er verhalf den Hoffenheimern zu ihren ersten beiden Treffern. Erst unterlief dem US-Nationalspieler ein Eigentor, nachdem Kevin Volland in die Berliner Strafraummitte geflankt hatte (23.), und wenig später trat Brooks derart ungeschickt gegen Sven Schipplock, dass Schiedsrichter Peter Sippel zweifelsfrei, ohne eine Sekunde zu zögern, sein Strafstoß-Urteil fällte. Sejad Salihovic vollstreckte aus dem Stand, und nach diesem frühen 0:2 (26.) durfte der Bosnier noch vor der Pause den spielentscheidenden dritten Treffer erzielen, nachdem Nico Schulz Hoffenheims Kapitän Andreas Beck umgeschubst hatte (39.).

"So schwer war das nun auch wieder nicht", schmunzelte Salihovic Glückwünsche zu seinen beiden Elfer-Toren weg. Endlich hatte der 30-Jährige wieder Grund zu lächeln. In Berlin, an seiner alten Wirkungsstätte, stand "Sali" erst zum zweiten Mal in dieser Saison in der Hoffenheimer Startelf, und in Fankreisen war bereits vermutet worden, die TSG wolle ihren dienstältesten Akteur zu einem anderen Klub abschieben. Nur ein Gerücht ...

"Ich wollte wegen der englischen Woche frische Kräfte bringen", begründete Trainer Gisdol die Beförderung von Salihovic. Zudem schickte der Trainer am Sonntag wieder Eugen Polanski nach überstandener Zehenentzündung in den Kampf und berief Sven Schipplock in den Sturm. Dessen Dankeschön: der Treffer zum 0:4 (74.). "Oh wie ist das schön, wie schön, wie schön", sangen da die Hoffenheimer Fans, die am Ende sogar noch das fünfte, das rekordbringende Tor des eingewechselten Sebastian Rudy bestaunten (84.). Wie im Training rollte der Ball.

Als hätten es die Berliner schon vorher gewusst, noch vor der Eröffnung des Weihnachtscirkus am Olympiastadion: "Hoffenheim will endlich aufs internationale Parkett", hatten die Macher des Hertha-Stadionheftes getitelt.

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