Nach Mainz: Reformgedanken bei 1899 Hoffenheim

Das irre Spiel in Mainz offenbart, dass Gisdol und Rosen an Teilanpassungen des propagierten Jugendstils wohl nicht vorbeikommen

08.10.2013 UPDATE: 08.10.2013 06:00 Uhr 1 Minute, 48 Sekunden
Nicht nur der Hoffenheimer David Abraham ärgerte sich nach dem Abpfiff in Mainz. Die Abwehrleistung der 1899er lässt zu wünschen übrig. Foto: dpa
Von Joachim Klaehn

Mainz/Zuzenhausen. Die Hoffenheimer wurden am Samstagabend in der Mainzer Coface Arena von einer Art Schockstarre erfasst. Vor allen Dingen das Zustandekommen eines aufregenden, aus TSG-Perspektive völlig unnötigen 2:2 (0:2) gibt vor der Länderspielpause und dem nächsten Heimspiel am 18. Oktober (20.30 Uhr) gegen Bayer Leverkusen Anlass zum Nachdenken. Trainer Markus Gisdol (44) und Manager Alexander Rosen (34) sind durch das neuerliche Missverhältnis zwischen Erlebnis- und Ergebnisfußball aufgeschreckt worden. Bereits in den Katakomben des Mainzer "Tollhauses" sprang Rosen für Gisdol in die Bresche, als es darum ging, die Medien mit öffentlichen Stellungnahmen zu bedienen. Ein Novum war's ...

Rosen konnte und wollte verständlicherweise nicht gleich den Stab über das im Durchschnitt jüngste Erstliga-Team brechen, zumal es erstmalig in dieser Spielzeit in das Fehlermuster der letztjährigen Zittersaison verfiel. Späte Tore gehörten anno 2012/2013 nämlich fast schon zum eher tristen Alltag - und insgesamt 67 Gegentreffer nach 34 Spieltagen waren schlichtweg des Guten zu viel und letztlich mitentscheidend dafür, dass "Hoffe" in der Relegation nachsitzen musste. Diesen Trend konnten die Gisdol-Schützlinge bis zum 8. Spieltag beim Hitchcock-Thriller in Mainz stoppen, denn in den letzten 15 Minuten hatte Hoffenheim kein einziges Gegentor zugelassen - und nun schlug es gleich zwei Mal zwischen der 82. und 92. Minute hinter Keeper Koen Casteels ein.

Entschieden verneinte Rosen das Vorhandensein eines Mentalitätsproblems, doch dass die Mannschaft vorne die letzte Konsequenz vermissen ließ und hinten extrem nachlässig wurde, blieb Gisdol und Rosen nicht verborgen. "Da werden wir schonungslos ansetzen", stellte Gisdol in Aussicht, "so dürfen wir das nicht durch die Saison ziehen lassen."

Der Jugendstil, den sie innerhalb des Kraichgauklubs ausgerufen hatten, steht offenbar vor kleinen Korrekturen und Anpassungen. "Fakt ist, dass der Trainer und ich uns gemeinsam Gedanken machen", signalisierte Rosen gegenüber der RNZ Reformansätze, "es kann gut sein, dass wir im Winter etwas machen werden." Dies heißt nichts anderes als ein personelles Nachrüsten. Ein "stabiler und guter Spieler" (Rosen) scheint relevant fürs künftige Anforderungsprofil zu werden.

Was den Hoffenheimern unverändert fehlt, ist ein Ankurbler. Einer, der die offensivfreudigen Akteure mit kreativen Pässen bedient. Auf der Sechser-Position verfügt man mit Eugen Polanski, Sebastian Rudy und Tobias Strobl über hauptsächlich defensivorientierte Kräfte. Und Sejad Salihovic, der Mann für Standards, wurde von Gisdol in Mainz nicht mal eingewechselt - Strobl und Jüngling Niklas Süle erhielten den Vorzug. Passt "Sali" etwa nicht mehr zu Gisdols Philosophie?

In diesem irren Fußballspiel mit dem erst tragischen, dann strahlenden Mainzer Helden Heinz Müller wurde eines in der turbulenten Schlussphase deutlich: Der "Riegel" ist für die TSG kein probates Mittel (Torverhältnis 20:20). Im Gegenteil, sie können nicht schwerpunktmäßig Ergebnisverwaltung betreiben, sondern sie müssen eben spielen und spielen, was Volland und Co. in der zweiten Hälfte in krasser Form vernachlässigten.

Ein kleiner Herzfehler soll also nicht zu einer allgemeinen Systemerkrankung führen - bei der TSG 1899 steht ab sofort die "Agenda 20:20" auf dem Prüfstand.

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