Mit Energie von der Bank

Sinsheim. 1899 Hoffenheim ist nach dem ersten Saisonerfolg gegen Hannover 96 erst mal kräftig erleichtert

24.09.2012 UPDATE: 24.09.2012 07:14 Uhr 2 Minuten, 33 Sekunden
Endlich können Hoffenheims Profis wieder jubeln. Foto: apf
Von Joachim Klaehn

Sinsheim. Fußball ist ein Spiel elf gegen elf. Doch am Sonntag Abend sahen die zuletzt nicht gerade verwöhnten Fans der TSG 1899 Hoffenheim ein Paradebeispiel dafür, wie wichtig und letztendlich spielentscheidend die Bank eines Teams sein kann. Als hintereinander Sejad Salihovic (64.), Eren Derdiyok (72.) und Kevin Volland (81.) für Firmino, Joselu und Usami eingewechselt wurden, kam frische Energie, Dynamik und Inspiration in die Partie, die "Hoffe" aufgrund der Leistungssteigerung in der zweiten Hälfte völlig zurecht gegen ein schwächelndes Hannover 96 mit 3:1 (1:1) gewann. Klubmäzen Dietmar Hopp atmete beim Durchschreiten der Mixed Zone kräftig durch. Und 1899-Präsident Peter Hofmann sagte mit einem sichtlich zufriedenen Gesichtsausdruck: "Das war eine Befreiung. In der Kabine herrscht eine herrliche Stimmung."

Der erste Saisonerfolg der Hoffenheimer sorgte für freudig erregte, erhellte Mienen. Es war Balsam auf die Wunden der letzten Wochen. Vier Niederlagen und 4:15 Tore in vier Pflichtspielen lassen kein Kollektiv der Welt unbeeindruckt. "Alle haben wieder mehr Selbstvertrauen getankt", konstatierte Außenverteidiger Fabian Johnson, einer der Besten in Babbels Equipe.

Die Anfangsphase war vorwiegend ein gegenseitiges Abtasten. Man wollte bei 1899 die Spiel- und Ballkontrolle, doch insgesamt fehlte das Zwingende und Zielführende bei den Hausherren, die positiv und überraschend gnädig von den treuen Fans mit Plakaten wie "Jetzt erst recht" und "Casteels mach's besser" empfangen wurden. Vor 23.575 zahlenden Zuschauern - eines der am schwächsten besuchten Heimspiele - mussten die Badener einen Schock wegstecken. Nach einem Ballverlust in der Vorwärtsbewegung flankte 96-Verteidiger Konstantin Rausch und 1899-Abwehrchef Matthieu Delpierre köpfte in Stürmermanier unhaltbar für den jungen belgischen Torhüter Koen Casteels zum 0:1 (26.) ins eigene Tor. Ein unheilvolles Zeichen? Nein, bereits im Gegenzug fiel nach einem 50-Meter-Pass von Delpierre der Ausgleich. Johnson nahm den Ball in technisch perfekter Manier mit und schlenzte ihn über Hannovers Nationalkeeper Ron-Robert Zieler ins lange Eck (27.). Es war die richtige Antwort. Doch zunächst plätscherte die Partie ohne große Höhepunkte vor sich hin.

"In der zweiten Halbzeit fand ich uns noch schlechter", merkte Hannovers Trainer Mirko Slomka süffisant an. Dafür legte Hoffenheim mächtig zu. Salihovic brachte Zug ins Spiel. Er ist ein feiner Linksfuß. Überraschende Momente und Spielstärke, woran es zunächst mangelte, brachte "Sali" auf den Platz. Die Anhänger peitschten die Mannschaft unermüdlich nach vorne. Ein Pass von Rückkehrer Andreas Beck landete beim Schweizer Derdiyok, der aus zehn Metern direkt abzog, aber Zieler entschärfte das Geschoss mit einem Weltklassereflex (76.). Letztendlich aber war die spektakuläre Szene das Fanal für ein viel zu seltenes "Finale furioso".

Kevin Volland wieselte sich ab Höhe der Mittellinie durch mehrere Hannoveraner durch, setzte sich energisch gegen 96-Kapitän Cherundolo außen durch und bediente den heranstürmenden Salihovic vorzüglich, dessen Kopfball vom langen Pfosten aus Zieler erst hinter der Linie rausfischen konnte. Mit dem 2:1 (82.) belohnten sich die Hoffenheimer für ihr beharrliches Anrennen. Die Krönung: "Assistkönig" Volland spielte erneut die halbe Hintermannschaft der Niedersachsen aus, so dass Kämpfertyp Daniel Williams in der Nachspielzeit nur noch einzuschieben brauchte (3:1/92. Minute).

Früher war doch nicht alles schlecht - und die ganzen Debatten um verfehlte Transfers werden manchmal im Profiwesen relativiert. Unter Ernst Tanners Manager-Ägide wurden Johnson und Volland verpflichtet - so verkehrt kann die Personalpolitik des kernigen Bajuwaren und erneuten Ralf-Rangnick-Gefährten bei Red Bull Salzburg nicht gewesen sein.

Markus Babbel hob in seinem Fazit zwei Aspekte hervor: Den unbändigen Willen seiner Jungs und die "unglaubliche Unterstützung" des Publikums. An der Einstellung gab's nichts auszusetzen. Die Hoffenheimer haben das gemacht, was man in einer kritischen Situation einfach tun muss.

Der Kraichgauklub hat mit den ersten drei Punkten einen Trend gestoppt, aber noch keine Wende geschafft. Am Mittwoch (20 Uhr) beim VfB Stuttgart und am kommenden Samstag (15.30 Uhr) zu Hause gegen den FC Augsburg warten Teil zwei und drei der ersten englischen Woche. Da muss "Hoffe" das Gezeigte bestätigen, auch um Babbels Position weiter zu festigen. "Der Trainer war nie in Frage gestellt", sagte Präsident Hofmann. Solche Sätze gehen nach einem Sieg leicht über die Lippen. Manager Andreas Müller erwies sich als "Glücksbringer" für Babbel. Anlagen auf der Bank können Zinsen bringen ...

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