Junge Trainer in der Bundesliga

Generation Nagelsmann

In der Bundesliga sitzt in der kommenden Saison eine sehr junge Garde auf dem Trainerstuhl

18.06.2017 UPDATE: 19.06.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 13 Sekunden

"Wer mutig ist, wird nicht bestraft": Die jungen Bundesliga-Trainer Julian Nagelsmann, Sandro Schwarz, Hannes Wolf und Domenico Tedesco (von links). Fotos: dpa (3)/APF

Von Matthias Kehl

Heidelberg. "Altersweisheit gibt es nicht. Wenn man altert, wird man nicht weise, sondern nur vorsichtig", schrieb einst der US-amerikanische Schriftsteller Ernest Hemingway. Julian Nagelsmann, 29, Cheftrainer der TSG Hoffenheim, offenbarte, dass dieser Satz des Literaturnobelpreisträgers auch im heutigen Bundesligageschäft noch seine Gültigkeit besitzt. Mit 28 Jahren übernahm der Fußballlehrer die Kraichgauer auf Platz 17 vom Trainer-Urgestein Huub Stevens, führte die Mannschaft zunächst zum Klassenverbleib und formte aus ihr ein Jahr später einen Champions-League-Aspiranten. Aus der "Die-Null- muss -stehen- Maxime" seines 34 Jahre älteren Vorgängers Stevens, wurde unter Nagelsmann das Motto: "Wer mutig ist, wird nicht bestraft".

Der gebürtige Landsberger steht momentan als prominentestes Beispiel für eine womöglich neue Generation an der Seitenlinie. Wo vor zehn Jahren noch altverdiente Ex-Profis wie Felix Magath (306 Bundesligaspiele) Friedhelm Funkel (320 Bundesligaspiele) oder Rudi Bommer (417 Bundesligaspiele) das Zepter schwangen, sitzen in der kommenden Bundesligasaison Jungspunde wie Alexander Nouri (37, Werder Bremen), Manuel Baum (37, FC Augsburg), Sandro Schwarz (38, Mainz 05), Hannes Wolf (36, VfB Stuttgart) und Domenico Tedesco (31, Schalke 04), allesamt als Aktive ohne Bundesligaspiel, auf dem Trainerstuhl.

"Ich finde es faszinierend, dass wir neue Trainer haben, die sich etwas zutrauen, in dieses Haifischbecken springen und auf eine andere Art diesen Job machen.", sagte der ehemalige Bundestrainer Jürgen Klinsmann bei Sky Sport News. Jung und erfahren - dass sich diese Eigenschaften nicht zwangsläufig ausschließen müssen, zeigt einmal mehr das Beispiel Nagelsmann. Alexander Rosen, Direktor Profifußball bei Hoffenheim, erklärte über seinen Chefcoach nach dessen Vorstellung im Februar 2016: "Julian ist in seinem zehnten Jahr in einer verantwortungsvollen Trainerposition. Er ist ein junger Mann, aber in diesem Sinn kein junger Trainer."

Wie Nagelsmann, der bei der TSG zuvor für die U17 und U19 verantwortlich war, gingen Nouri bei Werder Bremen, Baum beim FC Augsburg und Schwarz bei Mainz 05 einen ähnlichen Weg. Sie alle empfahlen sich durch erfolgreiche Arbeit im Nachwuchs-Bereich bei ihren heutigen Arbeitgeber für höhere Aufgaben und bekleiden heute den Cheftrainer-Posten im Verein. Für Liverpool-Coach Jürgen Klopp ist dieser Trend kein Zufall. "Alles hat sich mit den Nachwuchsleistungszentren entwickelt. Du bildest heute Trainer im eigenen Stall aus, die fast unter Profibedingungen arbeiten. Dementsprechend kannst du sie besser einschätzen, als du das früher konntest", erklärte der 50-Jähre gegenüber dem Fachmagazin Kicker.

Vom Juniorencoach im Eiltempo zum Bundesligatrainer - ein Modell, das Schule macht. Schalkes neuer Übungsleiter Domenico Tedesco sammelte seine ersten Erfahrungen als Trainer in der Jugend des VfB Stuttgart. Danach verschlug es ihn in den Junioren-Bereich der TSG Hoffenheim, ehe ihn Zweitligist Erzgebirge Aue als "Feuerwehrmann" für die Mission Klassenerhalt anheuerte. Die Veilchen blühten unter dem Deutsch-Italiener wieder auf und holten 20 Zähler aus elf Partien, die den Ligaverbleib sicherten. Tedesco indes blieb nicht. Nach nur elf Partien im Unterhaus klopfte Schalke 04 an und sicherte sich die Dienste des 31-jährigen Fußballlehrers.

Die Bühne Zweite Liga wusste auch Hannes Wolf für sich zu nutzen. Mit der Empfehlung von drei Meistertiteln mit der U17 und U19 des BVB, übernahm der gebürtige Westfale im vergangenen September den VfB Stuttgart, den er als Zweitligameister zurück ins Deutschlands Belletage führte.

Neben allem Lob für die neuen "jungen Wilden" an der Seitenlinie gibt es aber auch warnende Stimmen. DFB-Chefausbilder Frank Wormuth gab gegenüber dem Onlineportal t-online.de zu bedenken: "Bisher haben die sogenannten jungen Trainer wie Nagelsmann, Nouri, Wolf und Tedesco nur die guten Seiten ihrer Arbeit erleben dürfen." Freilich ist das Haifischbecken Bundesliga für Trainer kein Kindergeburtstag. Nagelsmann und Tedesco indes bewiesen bereits im Abstiegskampf Mut zur Offensive. Es bleibt abzuwarten, ob die junge Garde nicht am Ende doch noch die Vorsicht einholt.

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